Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. November 2024, Teil 10
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – 200 unserer Zeitrechnung: 16 Jahre nach den Ereignissen in ″Gladiator″ (2000) herrschen in Rom die Doppelkaiser Geta (Joseph Quinn) und Caracalla (Fred Hechinger). Da Rom am Rande des Zerfalls steht, glauben die beiden Kaiser durch Kriege ihren Status sichern zu können und verlangen von General Marcus Acacius (Pedro Pascal), dass er in Afrika neue Gebiete erobern soll.
General Acacius ist deshalb mit seinen Galeeren auf dem Weg nach Numidien an der Nordafrikanischen Küste, um dort die letzte freie Stadt zu erobern. Dort lebt inzwischen als junger Mann Lucius Verus (Paul Mescal) – unter dem Namen Hnno - zusammen mit seiner jungen Frau Arishat (Yuval Gonen). Er wurde als Kind als Enkel von Kaiser Marcus Aurelius von seiner Mutter Lucilla (Connie Nielsen) nach dem Tod von Maximus zu seiner Sicherheit aus Rom weggeschickt, hat in Numidien eine neue Heimat gefunden und lebt dort ein einfaches Leben mit seiner große Liebe auf seinem eigenen Land.
Als dann die Stadt von Marcus Acacius erobert wird, wird Arishat als Bogenstützin getötet und Lucius unerkannt als Kriegsgefangener nach dem Sieg von Acacius und seinen Männern verhaftet und als Sklave nach Rom mitgenommen. Unterwegs trifft die Karawane auf Macrinus (Denzel Washington), der Besitzer von einigen Gladiatoren ist. Als Macrinus während eines Kampfes der Numidier in der Arena gegen riesige Rhesusaffen das Potential von Lucius erkennt, will er ihn in seine Gruppe übernehmen, um ihn zusammen mit seinen anderen Gladiatoren im Kolosseum in Rom kämpfen zu lassen.
Zur gleichen Zeit wird Marcus Acacius in Rom von den beiden Kaisern für seinen Sieg beglückwünscht, allerdings ist er der Schlachten müde und versucht bei Gattin Lucilla (Connie Nielsen) Ruhe zu finden. Vor allem Geta möchte aber, dass er weitere Gebiete im Osten angreift und außerdem durch eine große Veranstaltung im Kolosseum geehrt wird.
Lucius selbst hat nur noch einen Wunsch: Er will sich an Acacius für den Tod seine Frau rächen (deshalb hat der die Pfeilspitze des Speers, der Arishat getötet hat, aufgehoben). Auch in Rom gibt er nicht seinen wahren Namen und seinen Herkunft preis.
Während Lucius eigentlich sich nur an Marcus Acacius rächen will, wird er doch mit seiner Vergangenheit konfrontiert, denn Lucilla erkennt den jungen Mann an einer typischen Handlung in der Arena und erklärt ihm bei einem Besuch, dass er nicht der Sohn von ihrem verstorbenen Mann Lucius Verus, sondern vom Tribun Maximus Decimus Meridius, dem bekannten Gladiator, ist. Dadurch gerät er immer tiefer in den Sumpf zwischen Korruption, Gladiatorenkämpfen und Intrigen, in denen neben den beiden Kaisern auch Macrinus, der römische Senat unter Senator Gracchus (Derek Jacobi), Marcus Acacius und Lucilla mitspielen.
Letztendlich muss Lucius sein Geheimnis preisgeben, um den ″Traum von Rom″ seines Großvaters zu verwirklichen, und um seinen angestammten Platz in der römischen Gesellschaft kämpfen zu können, was bedeutet, dass er das Reich nicht rücksichtslosen und launenhaften Tyrannen überlassen kann. Dadurch wird zur zentralen Figur eines Putsches gegen die Kaiser Geta und Caracalla sowie gegen Macrinus, der inzwischen zum Vize-Konsul aufgestiegen ist und den Senat regiert…
Nachdem ″Gladiator″ 2000 in die Kinos gekommen war und nicht nur ein die Sandalenfilme wieder hoffähig gemacht hatte, sondern auch 2001 mit fünf Oscar-Auszeichnungen der große Abräumer an den Academy Awards war (u.a. als Bester Film und Russell Crowe als Bester Hauptdarsteller), konnte man schon damals mit einer Fortsetzung rechnen. Die lies aber erst einmal auf sich warten, denn schließlich waren der Hauptcharakter und sein Gegenspieler ja beim Filmende tot.
Doch durch diesen Film wurde die sogenannten Historien- oder auch Monumentalfilme wieder interessant. So kamen in den nächsten Jahre Filme wie z.B. ″King Arthur″ (2004) von Regisseur Antoine Fuqua, ″Alexander″ von Regisseur Oliver Stone, ″Königreich der Himmel″ (2005) von Ridley Scott selbst, ″Troja″ (2004) von Wolfgang Petersen oder "King Arthur: Legend ofofe Sword (2017) von Guy Ritchie mit einigem Erfolg in die Kinos.
Regisseur Ridley Scott hatte sich inzwischen aber auch anderen Themen zugewandt, wie mit ″Prometheus – Dunkle Zeichen″ (2012) und ″Alien: Covenant″ (2017) Science-Fiction Dramen im Rahmen seiner Alien-Reihe, der Komödie ″Ein gutes Jahr″ (2006) mit Russell Crowe oder der Romanverfilmung ″Der Marsianer – Rettet Mark Watney″ (2015). Sein letzter Film vor ″Gladiator II″ war übrigens ″Napoleon″ (2023) mit Joaquin Phoenix in der Hauptrolle und bei dem auch David Scarpa das Drehbuch geschrieben hat.
Auch wenn es einige Versuche gab zu ″Gladiator″ eine Fortsetzung zu schreiben, dauerte es über 20 Jahre bis der inzwischen 84jährige Ridley Scott sich an eine Fortsetzung seines Erfolgsfilmes wagte. Das Drehbuch schrieb David Scarpa nach Ideen von Peter Craig und David Franzoni. Das Problem mit dem verstorbenen Hauptcharakter wurde ganz hervorragend gelöst. Zwar taucht Russell Crowes Maximus Decimus Meridius in ″Gladiator II″ nicht mehr lebend auf, aber der Charakter des Maximus ist omnipräsent und ist auch in einigen Rückblenden aus dem ersten Film zu sehen.
Das führt natürlich dazu, dass der Handlungsrahmen dem Blockbuster aus dem Jahr 2000 doch recht ähnlich ist. Dabei wurde mit dem irischen Schauspieler Paul Mescal als Lucius Verus ein adäquater Nachfolger gefunden, ein Charakter, der im ersten Film noch ein etwa 10jähriger Junge war.
Lucius wird auch durch einen Krieg zum Sklaven, kommt als Gladiator ins Kolosseum nach Rom und will sich für den Tod seiner Frau rächen. Paul Mescal bringt wieder eine tolle Verletzlichkeit für seinen Titelhelden mit.
Neben den ruhigen Szenen, bietet Ridley Scott aber auch einiges an Action-Szenen, die natürlich in einer Fortsetzung noch spektakulärer werden sollten. Das beginnt schon mit einer mehrminütigen und aufwändig inszenierten Schlacht-Sequenz mit Schiffen an der Nordafrikanischen Küste, geht weiter im Kolosseum mit einem Kampf in einer Arena auf dem Land gegen wilde und blutrünstige Paviane und mündet mit ausgesprochen starken Szenen in Kämpfen gegen ein Nashorn oder einer großen Seeschlacht im gefluteten Kolosseum mit zwei Galeeren, die von Haien umkreist werden. Übrigens konnte das Kolosseum zu römischer Zeit wirklich geflutet werden – und klar sind die Haie eine Ergänzung des Regisseurs. Aber wen stört es?
Natürlich dürfen mindestens zwei weitere Kämpfe Mann gegen Mann in der Arena – darunter ein Duell zwischen Lucius und General Acacius - nicht fehlen. Ganz sicher gehört deren Konfrontation in der Arena zu den aufregendsten Szenen des Films. Dadurch bekommen vor allem die Actionfans doch einiges geboten. Da der Film glücklicherweise ein R-Rating hat, geht auch das Blut und der Schweiß in der Story nicht vergessen.
Die Geschichte mag recht einfach gestrickt sein, denn die Hintergrundstory ist – wie schon geschrieben - doch recht ähnlich zum Vorgängerfilm, auch hier geht es um den Aufstieg eines Kämpfers zur Bedrohung der Herrschenden, daneben kehrt Connie Nielsen in ihrer Rolle als Lucilla zurück, die wieder versucht, einen Aufstand anzuzetteln, damit das kaiserliche Römische Reich unterwandert und dann neu organisiert werden kann. Damit ist neben den Actionszenen auch ausreichend Zeit für Gespräche, Wiedersehen, Wutanfälle und recht hinterhältige Intrigen. Auch wurde in diesem Film Lucius plötzlich der Sohn von Maximus, der in der Originalstory einen gleichaltrigen Sohn in Spanien hatte.
Deshalb sollten neben den Action-Szenen auch die Leistungen der Schauspieler nicht vergessen werden. Im Mittelpunkt des Films steht natürlich Paul Mescal als Lucius, der während seines Rachetrips gegen Pedro Pascals Marcus Acacius, nicht nur physisch gefordert wird. Er muss sich auch in ruhigeren Momenten bewähren, z.B. wenn er auf seine Mutter trifft oder aber in den längeren Gesprächen mit dem Gladiatoren-Arzt Ravi (dem schwedischen Schauspieler Alexander Karim). Auch Pedro Pascal kann in den stillen Szenen überzeugen, denn sein innerer Kampf zwischen der Treue zu Rom und dem Verdruss an Krieg und Blut ist deutlich zu erkennen, hätte aber weiter ausgebaut werden können.
Aber auch die weiteren spannenden und facettenreichen Charaktere machen den Film ausgesprochen unterhaltsam. Hier ist vor allem Denzel Washington als manipulativer Macrinus zu nennen, der als Sklavenhalter und ehemaliger Sklave und Gladiator eingeführt wird, der Lucius kauft, um ihn im Kolosseum kämpfen zu lassen. All seine Bewegungen und sein ganzes Handeln zeigt aber auch, dass der Mann genau weiß, was er will. Vor allem die Nahaufnahmen von Washington zeigen, das er ein überaus kluger Mann ist, der die Situationen perfekt zu seinem Vorteil auszunützen versteht, und der deshalb den Senatoren und den Kaisern Roms, jeden von ihnen verlangten billigen Nervenkitzel von Sex, Gewalt und Tierquälerei zu bieten weiß. Daneben erkennt er genau, wie er in bestimmten Situationen mit wem zusammen arbeiten muss und der auch im Hintergrund immer seine Augen und Ohren offen hält.
Auch die Schauspieler der beiden Kaiser Joseph Quinn als wandlungsfähiger Geta, der zwar nicht die hellste Kerze ist, der aber doch noch versucht etwas Würde zu wahren und Fred Herchinger als unberechenbarer, eifersüchtiger, perverser und tuntiger Caracalla, der hier als nicht allzu intelligentes Subjekt dargestellt wird. Zusammen kann man sie durchaus mit Joaquin Phoenix’ Commodus vergleichen.
Weibliche Rollen sind einem Film über Gladiatoren und Machtkämpfe im Römischen Reich dann doch Mangelware. Lucius jungen Frau Arishat darf sich zwar als Bogenschützin bewähren, wird aber schon in den ersten Minuten des Film getötet.
Connie Nielsen wiederholt ihre Rolle als Lucilla, aber auch ihre Screenzeit ist beschränkt. Allerdings ist sie es, die Lucius erklärt, warum sie ihn als Junge weggeschickt hat und sie ist auch wieder die Anführerin, die versucht, die beiden Kaiser zu stürzen.
Insgesamt mag ″Gladiator II″ nicht die emotionale Tiefe seiner Vorgängers erreichen, aber wenn man den Film nicht mit seinem Vorgänger vergleicht, ist er wunderbar gelungen, denn die Darsteller spielen ihre Rollen hervorragend, die Actionszenen sind absolut sehenswert und auch die emotionalen Sequenzen fallen nicht ab. Natürlich darf man den Film historisch nicht allzu genau nehmen, aber ″Gladiator II″ ist genauso wenig wie sein Vorgänger eine Dokumentation über Kaiser und Gladiatoren im Römischen Reich zwischen 180 und 217 n. Chr. (wenn der reale Caracalla im Auftrag von dem vom Kaiser in Schlüsselstellungen gebrachte Prätorianerpräfekt Macrinus, der übrigens ein Nordafrikaner war, ersetzt wird, bevor der dann selbst ein Jahr später ermordet wird). Es ist ein Historienfilm, der knapp 150 Minuten unterhalten will und genau das hat er auch geschafft. Dabei ist das Ende dieses Mal so gestaltet, dass es jederzeit noch einen dritten Film geben kann. Das hängt aber von dem Erfolg des hier besprochenen Films und der Gesundheit des Regisseurs ab.
Foto 1: Paul Mescal als Lucius Verus © Paramount Pictures
Foto 2: Paul Mescal als Lucius Verus und Yuval Gonen als seine Frau Arishat © Paramount Pictures
Foto 3: v.l.n.r.: Fred Hechinger als Kaiser Caracalla, Pedro Pascal als General Acacius und Joseph Quinn als Kaiser Geta © Paramount Pictures
Foto 4: Connie Nielsen als Lucilla © Paramount Pictures
Foto 5: Paul Mescal als Lucius Verus und Denzel Washington als Macrinus © Paramount Pictures
Info:
Gladiator II (USA, Großbritannien 2024)
Originaltitel: Gladiator II
Genre: Drama, Historienfilm, Action, Abenteuer, Sequel
Filmlänge: ca. 148 Min.
Regie: Ridley Scott
Drehbuch: David Scarpa, Peter Craig, David Franzoni
Darsteller: Paul Mescal, Pedro Pascal, Joseph Quinn, Fred Hechinger, Lior Raz, Derek Jacobi, Connie Nielsen, Denzel Washington, Rory McCann, Matt Lucas, Peter Mensah, Tim McInnerny, Yuval Gonen, Alexander Karim u.a.
Verleih: Paramount Pictures Germany
FSK: ab 16 Jahren
Kinostart: 14.11.2024