Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. November 2024, Teil 4
Redaktion
Berlin (Weltexpresso) - Während über hundert hochrangige Geistliche im Vatikan zusammenkommen, haben einige bereits damit begonnen, bei den Kollegen um ihre Stimmen zu werben. Für die Verkörperung der einflussreichsten Männer der katholischen Kirche, stellte Berger ein internationales Ensemble hochkarätiger Schauspieler zusammen.
Den zwiegespaltenen Kardinal Lawrence spielt der zweifach Oscar®-nominierte Ralph Fiennes. „Er war der erste, der uns einfiel“, gibt der Regisseur zu. „Als Schauspieler vermittelt er diese Aufrichtigkeit und wirkt so voller Tiefe. Das Innenleben einer Figur darzustellen, vermag Ralph besser als jeder andere Schauspieler, den ich kenne. Lawrence ist ein vorsichtiger nachdenklicher Mann, der nicht immer ausspricht, was ihn bewegt, weshalb Ralph weniger Anteil an den Dialogen hat. Während andere reden, hört er zu, und das Wesentliche spielt sich hinter seinen Augen ab. Ralph lässt das Publikum an seiner emotionalen und geistigen Verwirrung teilhaben. Das macht seine Darstellung so fesselnd.“
Jackman über Fiennes: „Wir wussten natürlich, dass Ralph extrem begabt ist. Aber mir war im Vorfeld nicht klar, wie großzügig er als Schauspieler und Kollaborateur agieren würde. Ralph hat uns so viel gegeben, sowohl im Zusammenspiel mit den anderen Darstellern als auch mit seiner Performance.“
Für Fiennes gab es vieles an dem Projekt, das ihn reizte. „Zunächst einmal mochte ich das Drehbuch von Peter Straughan sehr“, stellt er klar. „Tessa Ross ist eine großartige Produzentin mit einem ausgezeichneten Filmgeschmack. Ich hatte gerade „Im Westen nichts Neues“ gesehen und fand den Film fantastisch. Entsprechend begeistert war ich von der Aussicht, mit Edward zusammenarbeiten zu können.“
Das Drehbuch empfand er als großartige Lektüre. „Das Skript ist erfüllt von manipulativen, dunklen Figuren, die dubiose Dinge tun. Zwischen Ehrgeiz und Korruption geht es nicht nur um politische Machenschaften. Für Lawrence ist die entscheidende Frage, welcher spirituelle Führer der richtige sein würde.“
Der Schauspieler fühlte sich unwiderstehlich von den Widersprüchen der Figur angezogen. „Nachdem er sein ganzes Leben auf diesen Moment hingewirkt hat, leitet Lawrence nur widerwillig ein Konklave, das von politischen Spannungen dominiert wird“, erklärt er. „Statt im Kloster befindet er sich im Zentrum der Kontroverse. Für ihn, als von spiritueller Integrität motivierten Menschen, gestaltete sich die Organisation einer Wahl, die ethisch und moralisch korrekt sowie transparent ablaufen sollte, als ausgesprochen dramatisch."
Fiennes machte es zu seiner Priorität, die Details so genau wie möglich wiederzugeben. In der Romanvorlage ist seine Figur ein Italiener namens Lomeli. Da der Film größtenteils auf Englisch gedreht wurde, beschloss Berger, die Figur zum Engländer zu machen. „Meine ursprüngliche Sorge war, ob es überhaupt englische Kardinäle gab“, gibt der Schauspieler zu. „Wir fanden heraus, dass es tatsächlich drei gibt, also erscheint es hinreichend plausibel. Da der Film in Italien spielt, habe ich darauf bestanden, vor dem Konklave Italienisch zu sprechen. Als Lawrence sich mit dem venezianischen Kardinal anlegt, seinem Hauptgegner, kann er sich auch auf Italienisch behaupten.“
Die Details des Konklaves wurden dank der umfangreichen Recherchen von Harris und Straughan so authentisch wie möglich umgesetzt, fügt er hinzu. „Natürlich gab es weiterhin Geheimnisse, zu denen wir keinen Zugang hatten. Wir erlaubten uns gewisse Freiheiten, blieben aber immer dem Geist der Vorlage verpflichtet. Ich war zugegebenermaßen wie besessen von bestimmten Kleinigkeiten, zum Beispiel davon, welche Kleidung beim Abendessen getragen wurde.“
Am wichtigsten sei, dass Straughan nichts vereinfacht habe, auch nicht Lawrence‘ eigene Widersprüche. „Diese Art von Film schaue ich mir sehr gerne an“, berichtet er. „Alle Charaktere folgen ihren eigenen Motiven und Prioritäten, was es sehr reichhaltig macht. Peters Entwicklung der Romanfiguren ist sehr gut durchdacht, und die Rollen alle so fantastisch, dass sie eine unglaubliche Besetzung angezogen haben.“
Die in Frage kommen
Stanley Tucci verkörpert Lawrence‘ Freund und Verbündeten, den amerikanischen Kardinal Bellini. Er führt de facto die progressive Fraktion im Kardinalskollegium an und ist einer der aussichtsreichsten Kandidaten für das Amt des Papstes.
Als Kardinalstaatssekretär ist Aldo Bellini für alle politischen und diplomatischen Aufgaben des Heiligen Stuhls und der Vatikanstadt zuständig. Er betreibt eine gewiefte Politik, aber immer geleitet von seinem Glauben. „Die katholische Kirche macht sein Leben aus, seit er erwachsen wurde“, so Tucci. „Bellini und Kardinal Lawrence sind eng befreundet, aber die Komplexität dieses Konklaves stellt ihre Freundschaft auf eine harte Probe.“
Tucci hatte den Roman bereits gelesen, als er das Drehbuch bekam. „Peter Straughan hat den Geist der Vorlage mit solch subtiler Eleganz eingefangen. Ich musste sofort zusagen.“
Seine Figur sei im Drehbuch bereits so wunderbar umgesetzt worden, erläutert der Schauspieler, dass er während des Drehs nur noch die Feinheiten mit dem Regisseur abstimmen musste, um seiner Darstellung den letzten Schliff zu verleihen. „Es war ein Vergnügen, mit Edward zu arbeiten“, berichtet Tucci. „Wir haben gemeinsam ausgearbeitet, wie wütend meine Figur werden oder wie distanziert sie agieren sollte. Edward war sehr empfänglich für die emotionalen Subtilitäten jeder einzelnen Szene. Wir hatten auch Peter oft am Set, was eine enorme Hilfe war.“
Berger nennt Tucci ‘die wunderbarste Person, die man am Set haben kann‘ und ergänzt: „Stanley verleiht allem eine solche Leichtigkeit. Zwei Schauspieler vom Format von Stanley und Ralph zusammenzubringen, war einfach großartig. Jede Szene gestaltete sich als verbales Gefecht, das beide sehr genossen haben, vermute ich. Es war wunderbar, ihnen zuzusehen, wie sie das Spiel des Gegenübers immer weiter angestachelt haben.“
Der Kontrast zwischen den Stilen der beiden Schauspieler könnte nicht größer sein, so der Regisseur. „Ralph ist sehr ernsthaft und arbeitsam. Stanley hingegen wirkt so unangestrengt. Er erzeugt eine ganz besondere Energie.“
Das Publikum sollte den Film aufmerksam verfolgen, betont Tucci. „Es gibt eine Menge Überraschungen. Da ich selbst auch als Regisseur arbeite, dachte ich bei mir: All diese erstaunlichen Leute! Was für umwerfende Kulissen! Diese unglaubliche Geschichte! Wie kann man da nicht von Begeisterung erfüllt sein?“
John Lithgow spielt einen der stärksten Konkurrenten um das Papstamt, den kanadischen Kardinal Tremblay, der seinen Charme als Waffe einsetzt. Tremblay ist vermutlich der führende konservative Kandidat, aber dabei gerissen, ehrgeizig und sehr gut im Rennen. „Nachdem ich das Drehbuch erhalten hatte, tauschten Edward und ich ein paar Mails aus“, erinnert sich der Schauspieler. „Dann führten wir ein wunderbar ausführliches Telefongespräch. Tremblay ist eine komplizierte Figur und es war ein Vergnügen, ihn darzustellen.“
Lithgow war mit Bergers Arbeit bereits vertraut. „Edward ist ein großartiger Regisseur. Ich war geschmeichelt, dass man mich gebeten hat, die Rolle zu spielen, und habe mich sogleich hineingestürzt in das Projekt. Die Geschichte ist fesselnd wie ein Krimi und spielt in einem ungewöhnlichen Umfeld.“
Berger nennt Lithgow eine Naturgewalt und fügt hinzu: „John bringt Tiefe, Humor, Wärme und einen spielerischen Umgang mit Worten in die Rolle ein. Er liebt gutgeschriebene Drehbücher. Ich empfinde es als unglaubliches Geschenk, einem Meister wie ihm bei der Arbeit zusehen zu dürfen.“
Für die Kardinäle ist der Prozess der Papstwahl nicht anders als für Geschworene, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen, merkt Lithgow an. „Die Außenwelt darf nicht zu ihnen durchdringen und soll auch nichts von ihren Beratungen erfahren. Wenn eine Gruppe zusammenkommt, um wichtige Fragestellungen zu debattieren, brechen zwangsläufig Kontroversen aus. Die Kardinäle folgen ihrer heiligen Berufung und haben das Gelübde abgelegt, ein spirituelles Leben zu führen. Aber alle Menschen sind anfällig für Schwächen wie Eifersucht, Habgier, Rachsucht oder Ehrgeiz. Dadurch entsteht automatisch eine Zweischneidigkeit.“
Alle Hauptfiguren, auch Tremblay, haben Geheimnisse, die, wenn sie ans Licht kämen, jede Chance auf einen Wahlsieg torpedieren könnten. „Die Kandidaten sind sehr unterschiedlich, aber alle würden gerne die katholische Kirche nach ihren Vorstellungen formen“, erklärt Lithgow. „Religiöse Kinobesucher mögen die Situation auf eine bestimmte Art betrachten, aber nichtgläubige Menschen können einfach die Geheimnisse der Geschichte genießen.“
Die Casting-Direktorin Nina Gold hat unermüdlich mit Berger zusammengearbeitet, um eine internationale Riege an Darstellern zu finden, die das Kardinalskollegium ausfüllen. Der italienische Schauspielstar Sergio Castellitto verleiht der Figur des Kardinal Tedesco eine anarchische Energie. „Sergio ist ein wunderbarer Schauspieler“, bestätigt Berger. „Tedesco will die Kirche zurück ins Mittelalter führen. Er ist ein Extrovertierter, der gerne laut kundtut, was er denkt, vor allem, wenn das zu Konflikten führt. Tedesco genießt das Leben und liebt die Macht. Er will sicherstellen, dass ihm diese Macht zuteilwird. Die Figur bildet einen wunderbaren Kontrast zu den anderen.“
Die große Bekanntheit des Schauspielers erwies sich bei den Dreharbeiten auf einem italienischen Militärstützpunkt als ausgesprochen hilfreich, so Jackman. „Zwischen dem Speisesaal und dem Basislager befand sich ein großer Parkplatz“, erinnert er sich. „Diesen Hochsicherheitsbereich mussten wir normalerweise umgehen. Ich war mit Sergio auf dem Weg vom Essen zum Set. Als ich mich umdrehte, um dem Parkplatz auszuweichen, sagte er: ‘Oh nein, mach dir keine Sorgen.' Er ging auf die Wachen zu und sie teilten sich wie das Rote Meer. Er meinte dazu: 'Ich habe einmal einen General gespielt und sie denken immer noch, ich sei wirklich einer.'“
Der Ire Brian F. O'Byrne, ein Tony- und BAFTA-Preisträger, spielt Lawrence‘ rechte Hand O'Malley, und der britische BAFTA-Nominierte Lucian Msamati, spielt Kardinal Adeyemi, der hofft, der erste afrikanische Papst der Geschichte zu werden. „Ich wollte eine wirklich kosmopolitische Besetzung“, unterstreicht Berger. „Vertreter aus der ganzen Welt sollten die verschiedenen Fraktionen der Kirche repräsentieren. Für Adeyemi musste ich einen Gelehrten finden, einen brillanten Denker, der sein Leben dem Glauben gewidmet hat. Lucian konnte uns auf diese Reise von Selbstvertrauen, Ehrgeiz und Stolz zu einem Ort der Demut und Zerbrechlichkeit mitnehmen. Wir werden Zeuge, wie er seine Verletzlichkeit offenbart und vor unseren Augen zerbricht. Das macht ihn so menschlich. Er ist ein wunderbarer Schauspieler“.
Der verstorbene Papst hatte noch eine letzte Überraschung für das Konklave parat: Den kürzlich heimlich ernannten Kardinal Benítez aus Kabul. „Als er unvermittelt auftaucht, gerät das Konklave fast aus den Fugen“, kommentiert Berger. „Er wird von Carlos Diehz dargestellt, in seiner ersten großen Filmrolle. Sein Spiel wirkt frisch und vielschichtig. Ich freue mich sehr, ihn mit diesem Film einem breiteren Publikum vorstellen zu können.“
Diehz, ein ausgebildeter Architekturdesigner, der seine Schauspielkarriere erst vor ein paar Jahren begann, wurde von Casting-Direktorin Gold bei ihrer weltweiten Suche entdeckt. „Nina arbeitete mit lokalen Casting-Agenturen auf der ganzen Welt zusammen“, führt Ross aus. „Carlos‘ Vorsprechen stach total heraus. Er bringt eine Sanftheit mit, die der Figur sehr nahekommt, aber auch die ruhige Härte und Autorität, die vonnöten war.“
Laut Diehz ist seine Figur weitgehend immun gegen die Politik und die Machenschaften innerhalb des Konklaves. „Benítez ist in vielerlei Hinsicht einzigartig unter den Kardinälen. Sein Glaube macht ihn unempfindlich gegenüber den Loyalitäten um ihn herum und erlaubt es ihm, sich auf sein Engagement für Gott und den Prozess selbst zu konzentrieren.“
Zum ersten Mal mit einer Gruppe von so hochkarätigen Schauspielern und Filmemachern zu arbeiten, sei eine erstaunliche Erfahrung gewesen, gibt Diehz zu. „Das Team war wundervoll, auch privat. Aus der Arbeit hat sich ein echtes Gefühl von Verbundenheit entwickelt.“
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Info:
Konklave (USA, Großbritannien 2024)
Originaltitel: Conclave
Genre: Drama, Politthriller
Filmlänge: ca. 120 Min.
Regie: Edward Berger
Drehbuch: Peter Straughan nach dem Roman Conclave (2016) von Robert Harris
Darsteller: Ralph Fiennes, Stanley Tucci, John Lithgow, Isabella Rossellini, Carlos Diehz, Brían F. O'Byrne, Lucian Msamati, Sergio Castellitto, Jacek Koman, Merab Ninidze, Joseph Mydell, Loris Loddi, Thomas Loibl, Bruno Novelli, Balkissa Souley Maiga u.a.