Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Unsere Überschrift gilt der Eröffnung und dem ganzen Drumherum, das diesmal geschmeidiger ablief, hatte man den Eindruck, Nach dem italienischen Generalkonsul in Frankfurt, Massimo Darchini und Franco Montinii (ganz links) i aus Rom, der mit Kollegen für das inhaltliche Programm verantwortlich zeichnet, was die Übersetzerin aus Köln ins Deutsche brachte und Andreas Beilharz, der für das Kino des Deutschen Filminstituts und Filmmuseums dieses arbeitsreiche Filmfestival stemmt, kam es bei diesem Jubiläumsfestival mit einführenden Worten des Regisseurs Fabrizio Corallo gleich zur Sache.
Der Regisseur ist für seine Dokumentarfilme bekannt und als er gebeten wurde, zum 100sten Geburtstag einen Film über Mastroianni zu drehen, mußte er sich das gut überlegen. Denn es gibt über kaum einen männlichen Leinwandstar so viele Filme wie über Marcello Mastroianni. Dem Publikum gab Corallo vor der Sichtung auf den Weg, daß er in 40 Jahren sehr viel Filme über Personen des Films erstellt hatte, aber selten eine so einmütige Meinung gehört habe wie die über Mastroianni, der als Mensch und als Schauspieler nicht aufgedreht habe, sondern eher über Unterstatement seine Figuren ans Licht brachte, kein glatter Latin Lover, weder im Film, noch im Leben, insgesamt ein Mensch, den alle liebten.
Beim Filmbeginn glaubt man erst, es sei eine falsch Filmrolle eingelegt worden (Ja, wir wissen auch, daß diese Zeit vorbei ist und alles digital abläuft, aber der Begriff ist so passend!) . Zwar sehen wir Mastroianni, aber er tanzt! Er tanzt ausgiebig und noch dazu mit den Kessler Zwillingen! Den jungen Dingern neben mir sagten die zwei Frauen gar nichts. Schade, denn damals waren sie deutscher Export erster Güte! Und es freut einen, daß die beiden 1936 in Sachsen geborenen Zwillinge auf diese Weise aktuell bleiben. Sie sind sowieso exzellente Tänzerinnen, aber ein tanzender Mastroianni, daran muß man sich erst einmal gewöhnen, dabei macht er das richtig gut! Nur erwartet man solche körperlich-musikalische Kunstfertigkeit überhaupt nicht von ihm und nimmt erstaunt zur Kenntnis, wieviel ihm Tanzen und solche Rollen gelegen hätten, der aber über ein anderes Rollensujet berühmt wurde. Mir fiel bei späteren Tanzszenen auf, wie gut er sicher auch als Darsteller eines Stummfilms wie DER ARTIST gewesen wäre, der 2012 fünf Oscars gewann, obwohl wir Jean Dujardin in der Hauptrolle andererseits nicht missen wollten, der dafür auch den Oscar erhielt.
Und schon stutzt man in der Vorführung, Da spricht doch Mastroianni selbst? Er spricht über sein Leben. Aber er starb doch schon 1996. Und der Film ist brandneu. Da hatte Fabrizio Corallo eine wirklich gute Idee. Angesichts einer großen Anzahl von Dokumentationen über den beliebtesten italienischen Filmdarsteller des 20. Jahrhunderts, hat er aus allem Material, das er vor allem beim italienischen Rundfunk/Fernsehen fand, sich um die persönlichen Aussagen von Mastroianni gekümmert und im ganzen Film spricht dieser zu uns (Untertitel deutsch), so daß man einfach den Eindruck einer geschlossenen Lebens- und Rollendarstellung durch ihn selber gewinnt, obwohl dies aus vielen Interviews und Filmen zusammengeschnitten ist. Aber wie! Und darum geht es. Denn Corallo hat noch einen zweiten Trick. Angewandt. Der Film springt, das heißt, er verläuft nicht chronologisch, was auch filmisch tödlich gewesen wäre, sondern hangelt sich an Filmen, an Liebhaberinnen, an Regisseuren entlang, wobei seinem Privatleben durchaus Raum gegeben wird, was Mastroianni nicht mochte. Aus gutem Grund, denn nach diesem Film ist es noch aufregender gewesen, als man damals mitbekam. Dazu gleich mehr.
Ist er wirklich erst 1960 mit DAS SÜßE LEBEN von Fellini berühmt geworden. Auf jeden Fall durchzieht den Film, was auch im Leben so war, die enge Freundschaft der beiden, wobei der Regisseur und Drehbuchschreiber in Mastroianni sein alter ego gefunden hatte, noch dazu so gutaussehend. Als dieser dann noch mit Sophia Loren HOCHZEIT AUF ITALIENISCH (1964) drehte und insgesamt 14 mal mit ihr auf der Leinwand erschien, wurde er der bekannteste italienische Filmstar und diese Filme werden auch erwähnt und er in seinen Rollen gezeigt. Immer wieder kommt aber im Film und auch in den Gesprächen danach der Film Achteinhalb (8 1/2) zur Sprache, da er für die meisten, auch für den Regisseur sein Mastroianni-Lieblingsfilm ist.
Heute wäre das nicht vorstellbar, wie Mastroianni öffentlich privat gelebt hatte, insofern waren diese noch nicht übers Internet zeitgleich gezeigten Informationen harmloser, auch wenn die Paparazzi damals viel schlimmer waren und einer wie Mastroianni unter ständiger Beobachtung stand. Das schon, aber sein Leben wurde nur über Berichte und Fotos weitergegeben und nicht direkt digital in die Welt gesandt. So wußten alle, daß er von 1948 bis zu seinem Tod mit der italienischen Schauspielerin Flora Carabella verheiratet war und sich nie von ihr hätte scheiden lassen, selbst nicht, als er mit Catherine Deneuve in Paris eine öffentliche Liebesbeziehung unterhielt. Beide Frauen haben ein Kind, eine Tochter mit ihm. Was mir unbekannt war, war, daß er seit 1976 bis zu seinem Tod mit der Theaterregisseurin Anna Maria Tatò liiert war.
Sympathisch, daß auch seine Leidenschaft für's Essen angesprochen wurde, die ihm auch deshalb wichtig war, weil Essen eine Gemeinschaftsangelegenheit ist und so auch zelebriert wird. Psychoanalytisch gedeutet – und dies unterläßt der Film – wäre seine Leidenschaft für's Telefonieren in den Zeiten vor dem Handy schon interessant. Übereinstimmend sprechen alle, die mit ihm arbeiteten davon, daß er ständig in Telefonzellen rannte, am Set und sonstwo, immer die Gettone Telefonico in der Tasche, damit das Gespräch nicht abreißt.
In dem Film wird so vieles angesprochen, daß wir hier unser Resümee zusammenfassen: er wurde zu einem Symbol Italiens, weil er die eine Seite des bestaussehenden und bestgekleideten italienischen Gentlemen mit Grazie und elegant verkörperte, aber immer auch ein Bub vom Lande blieb, volkstümlich, gutwillig und in die gestellten Fallen tappend, die er mit seiner ersten Seite selbst gelegt hatte. Immer wieder wird ihm im Film ein 'weicher Zug' attestiert, wird er als 'weich' gekennzeichnet, aber eben nicht als Schlappschwanz. Eine faszinierende Figur.
Fortsetzung folgt
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Info:
Erleben Sie Marcello Mastroianni in LA DOLCE VITA, einem der größten Klassiker aller Zeiten (Hinweis: am Sonntag um 11:30 Uhr mit englischen Untertiteln, in den weiteren Vorführungen mit deutschen Untertiteln), versäumen Sie ihn nicht an der Seite von Claudia Cardinale in IL BELL'ANTONIO am Dienstag um 18 Uhr, mit Stefania Sandrelli am Mittwoch um 18 Uhr in DIVORZIO ALL'ITALIANA und im Venedig-Preisträger CRONACA FAMILIARE am Donnerstag um 18 Uhr.
Lassen Sie sich bei den aktuellen Filmen von LA BELLA ESTATE (Der schöne Sommer) nach Cesare Pavese heute um 16 Uhr und am Dienstag um 20:30 Uhr in die Turiner Künstlerszene der späten 1930er entführen, feiern Sie mit GLORIA! am Sonntag um 21 Uhr die Entfesselung weiblicher Kreativität und Entstehung der modernen romantischen Popmusik, erleben Sie mit STRANIZZA D'AMURI (Fireworks) am Montag um 18 Uhr und Mittwoch um 20:30 Uhr einen von der Kritik hochgelobten, mehrfach prämierten, mitreißenden Film über Homophobie im Sizilien der 1980er Jahre.
Hier finden Sie alle Vorführungen des Festivals und können sich direkt Online-Tickets sichern: https://www.dff.film/kino/kinoprogramm/filmreihen-specials-november-2024/verso-sud-30-festival-des-italienischen-films/
Ausführliche Informationen zu allen Filmen finden Sie im Festivalkatalog, der gedruckt im DFF ausliegt und online als PDF hier eingesehen werden kann:
https://www.dff.film/wp-content/uploads/2024/11/RZ_DFF_VersoSud30_programmheft-2024_Web.pdf