Deutsche TV-Premiere am Freitag, 6. Dezember 2024 bei ProSieben Maxx
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) – In der geschäftigen und dicht besiedelten Stadt Edo - dem heutigen Tokio - lebt im Sommer 1814Tetsuzo unter dem Künstlernamen Katsushika Hokusai, dessen Holzschnitte später Weltruhm erlangen sollten. Die Straßen sind voll von Adligen, Kaufleuten, Bauern, Kurtisanen, Samurai und auch übernatürlichen Erscheinungen. Hokusai arbeitet unermüdlich und nutzt sie alle als Modelle für seine Arbeiten. Inzwischen ist er Mitte 50, hat einen Hang zum Sarkasmus und neigt zu Wutausbrüchen.
Die 23jährige Ō-Ei ist Hokusais dritte Tochter aus seiner zweiten Ehe. Sie lebt zusammen mit ihm in seinem Haus. Sie hat das Talent ihres Vaters zum Malen geerbt. Sie assistiert ihm nicht nur, sondern malt auch mit ebenso großer Kunstfertigkeit selbständig Bilder, die sie allerdings mit seinem und nicht mit ihrem Namen signiert. Sie weiß, dass sie nur so Geld mit ihren Werken verdienen kann. Besonders gerne malt sie Bilder von Kurtisanen und anderen Frauen.
An häuslichen Arbeiten hat sie kein Interesse, deshalb sieht das Haus von Vater und Tochter auch ziemlich verwahrlost aus. Außer den beiden lebt dort noch Zenjiro, der trinkfreudige Schüler von Tetsuzo.
Ō-Ei sorgt sich allerdings um ihre jüngere Schwester Ō-Nao, die blind ist und deshalb in einen buddhistischen Kloster wohnt. Das kleine Mädchen wird von ihrem Vater nie besucht und er will sie auch nicht in seinem Haus haben, denn sie wird von ihrem Vater nicht gerade gerne gesehen.
Ō-Ei dagegen kümmert sich rührend um ihre kleine Schwester. Sie nimmt sie mit zur Ryōgoku-Brücke, beschreibt ihr dabei genau die Landschaft und zeigt ihr die Welt durch Fühlen, Hören und Erzählen. Sie erkennt, dass ihre Schwester die Welt, die Ō-Ei ihr zeigt, auf eine ganz eigene Art wahrnimmt; sie hört, fühlt und riecht besser als andere Menschen.
Ō-Ei malt zwar tolle Bilder von Frauen, versteht aber nichts von Männern, deshalb haben ihre Bilder keinen erotischen Reiz, während Zenjiro zwar faul ist und wenig eigene Ideen hat, aber perfekte erotische Bilder vor allem von den Kurtisanen Edos malen kann.
Ō-Ei ist Single und hat auch kein Interesse an einer romantischen Beziehung. Aber es macht Ō-Ei Freude, ihrer kleinen Schwester die Welt zu zeigen, bis eines Tages das Schicksal zuschlägt…
Katsushika Hokusai (1760-1849) zählt zu den bekanntesten Künstlern Japans. Er war als Maler einer der wichtigsten Vertreter des Ukiyo-e-Genres. In seiner etwa 70jährigen Karriere schuf er ein Werk von etwa 3000 Farbdrucken, Illustrationen für über 200 Bücher, Hunderte von Zeichnungen und über 1000 Gemälde. Dabei waren die Farbholzschnitte der Serie 36 Ansichten des Berges Fuji (mit 46 Drucken) sicher sein bekanntestes Werk. Dazu gehört auch Die große Welle vor Kanagawa (1831). Seine Werke inspirierten auch europäische Maler des 19. Jahrhunderts, besonders einige der Impressionisten. Doch über Hokusais Tochter Ō-Ei, die ihrem Vater assistierte oder sogar unter seinem Namen malte, ist kaum etwas bekannt.
Der Regisseur von "Miss Hokusai" ist Keiichi Hara, der seine Hauptfigur als stellvertretend für all die vielen Künstlerinnen angesehen hat, die hinter ihren männlichen Kollegen zurücktreten mussten. Als Hintergrund hat Drehbuchautor Miho Maruo die Manga-Reihe ″Sarusuberi″ von Hinako Sugiura aus den Jahren 1983 bis 1987 genutzt. In der dreibändigen Manga-Vorlage wird nicht eine vollständige Story erzählt, sondern sie besteht aus einzelnen Episoden, die nicht immer miteinander in Verbindung stehen. Darin wird als historisches Drama die Geschichte von Katsushika Ōi (genannt Ō-Ei) und ihrem Leben in Edo erzählt, während sie im Atelier ihres Vaters Hokusai arbeitete.
Regisseur Keiichi Hara ist ein Verfechter der traditionellen handgemalten Animation. Dies hat er auch - außer bei den Straßenszenen - in diesem Film beibehalten. Er lässt dadurch die kreativste und faszinierendste Epoche der japanischen Kultur in traumhaft schönen Bildern erneut lebendig werden. Denn in dem Animationsfilm verschmelzen die modernen Bilder der Animatoren mit bekannten historischen Werken Hokusais und anderen japanischen Holzschnitt-Künstlern.
Ō-Ei wird in ″Miss Hokusai″ als eine begabte, freigeistige Frau, Tochter und eigenständige Künstlerin dargestellt, die als selbstständige Person mit eigenem Kopf nicht nur furchterregende Drachen, sondern auch wunderschöne Frauen malt. Allerdings ist bis heute strittig, wie groß wirklich der Anteil Ō-Eis an Hokusais Spätwerken ist. Dazu kommt, dass über Ō-Eis Leben nicht allzu viel sicher bekannt ist. So weiß man nicht, was sie genau nach dem Tod ihres Vaters gemacht hat und wann und wo sie gestorben ist. Deshalb haben Regisseur und Drehbuchautor sich vor allem auf Interpretation der Mangas bezogen.
Insgesamt ist ″Miss Hokusai″ ein Animationsfilm mit bezaubernden handgemachten Bildern. Dabei zeigt das Anime-Meisterwerk ein atmosphärisch dichtes Bild der Edo-Zeit in Japan und einer ungewöhnlichen Frau. "Miss Hokusai" ist auch im Fernsehen nicht nur für Freunde von Anime absolut sehenswert.
Foto 1: Ō-Ei © 2024 Polyband Medien GmbH / ProSieben Maxx
Foto 2: Katsushika Hokusai © 2024 Polyband Medien GmbH / ProSieben Maxx
Foto 3: Ryōgoku-Brücke © 2024 Polyband Medien GmbH / ProSieben Maxx
Info:
Miss Hokusai (Japan 2015)
Originaltitel: Sarusuberi
Genre: Animationsfilm, Historie, Malerei, Japan
Filmlänge: ca. 89 Min. + 129 Min. Bonus
Regie: Keiichi Hara
Drehbuch: Miho Maruo
FSK: ab 6 Jahren
″Miss Hokusai″ wird endlich auch als deutsche Free-TV Premiere am Fr. 06.12.2024 um 20:15 Uhr bei ProSieben Maxx gezeigt und am Sa. 07.12.2024 um 00:45 Uhr dort auch wiederholt.