panormaInternationale Filmfestspiele Berlin, Berlinale vom 13.– 23.Februar 2025. Teil 19

Roswitha Cousin

Berlin (Weltexpresso) - Welcome Home Baby von Andreas Prochaska eröffnet das Panorama 2025. Insgesamt werden 34 Titel aus 28 Ländern gezeigt. Genrekino mischt das Programm auf, facettenreiches deutsches Filmschaffen lässt aufhorchen und das queere Kino präsentiert sich erneut jenseits gängiger Klischees. Mit dabei sind neue Filme von Sir Isaac Julien, Ina Weisse, Mehmet Akif Büyükatalay, Amalia Ulman, Jeanette Nordahl, Sébastien Betbeder und Fernando Eimbcke. Außerdem im Programm: vier Episoden der Serie Other People’s Money (Die Affäre Cum-EX).

Welcome Home Baby von Andreas Prochaska eröffnet das Panorama 2025. Insgesamt werden 34 Titel aus 28 Ländern gezeigt. Genrekino mischt das Programm auf, facettenreiches deutsches Filmschaffen lässt aufhorchen und das queere Kino präsentiert sich erneut jenseits gängiger Klischees. Mit dabei sind neue Filme von Sir Isaac Julien, Ina Weisse, Mehmet Akif Büyükatalay, Amalia Ulman, Jeanette Nordahl, Sébastien Betbeder und Fernando Eimbcke. Außerdem ist auch in diesem Jahr eine Serie im Programm: vier Episoden von Other People’s Money (Die Affäre Cum-EX).

„Die Filmemacher*innen im diesjährigen Panorama-Programm entwickeln vielseitige filmische Strategien, um das Unausgesprochene zu benennen, das Unvorstellbare oder das Vergessene zu erfassen. Sie erzählen von gesellschaftlichen Bruchstellen, von angeschlagenen Körpern und fragilen Gesundheitssystemen. Sie blicken auf brüchige Demokratien und gesellschaftlichen Terror und fokussieren zugleich auf Menschlichkeit und Solidarität“, kommentiert Sektionsleiter Michael Stütz. „Sie reflektieren über Sex, Lust und Perversion, sie observieren, interagieren und intervenieren, imaginieren, inszenieren und überliefern. Dabei überschreiten sie Grenzen und schaffen Freiräume, um diese Geschichten auf die Leinwand zu bringen und zu teilen.“

Mit Welcome Home Baby inszeniert der österreichische Regisseur Andreas Prochaska den psychologischen Heimathorror als cineastische Antithese zur Stadt-Land-Dichotomie des deutschsprachigen Verdrängungskinos der 1950er-Jahre. Genreelemente finden sich auch in weiteren Beiträgen: vom norwegischen satirischen Body-Horror (Den stygge stesøsteren (The Ugly Stepsister)) zum türkischen Politthriller (Confidente (Confidante)) bis hin zur schwulen taiwanesischen Gangster-Ballade (Silent Sparks). Doppelbödig und provokativ präsentiert sich Mehmet Akif Büyükatalays Verschwörungs-Thriller Hysteria. Die deutsche Produktion greift das Film-im-Film-Motiv auf und reichert es mit politischen Sujets und einigen Twists an, die einem den Atem stocken lassen.

Das deutsche Kino ist mit insgesamt sechs Produktionen stark vertreten. Neben Büyükatalay zeigen gleich fünf Regisseurinnen ihre Arbeiten. Nele Mueller-Stöfen (Delicious) und Sarah Miro Fischer (Schwesterherz) präsentieren ihre Spielfilmdebüts, Ina Weisse arbeitete in ihrem wohl bisher persönlichsten Film erneut mit der großartigen Nina Hoss zusammen (Zikaden). In den dokumentarischen Beiträgen begleiten Martina Priessner und ihr Team die Überlebenden der rassistischen Brandanschläge 1993 in Mölln (Die Möllner Briefe) und auch Luzia Schmid bringt durch die Augen Hildegard Knefs deutsche Zeitgeschichte auf die Leinwand (Ich will alles. Hildegard Knef).

Im internationalen dokumentarischen Kino blickt das Panorama über Archivmaterial auf die verblassten aber immer noch präsenten Geister einer untergegangenen Diktatur (Bajo las banderas, el sol (Under the Flags, the Sun)). Bedrock betrachtet zehn Holocaust-Gedenkstätten und reflektiert über die Kraft des Erinnerns und die Bedrohung durch das Vergessen.
In Polen bleibend, beobachtet Listy z Wilczej (Letters from Wolf Street) durch die Kamera des Regisseurs Arjun Talwar persönliche und politische Entwicklungen in der titelgebenden Wilcza-Straße in Warschau.
Durch die dokumentarische Zusammenarbeit mit dem jungen, palästinensischen Freerunner Ahmed und seiner Freunde setzt sich Regisseurin Areeb Zuaiter mit ihrer Herkunft und ihren Familienerinnerungen, sowie den Lebensbedingungen und dem Alltag in Gaza vor Kriegsbeginn auseinander (Yalla Parkour).

Das queere Kino zeigt 2025 Krallen und Abenteuerlust. Vom klassischen Künstlerinporträt Monk in Pieces und dem launischen, sex-positiven Identitätsdiebstal-Drama Queerpanorama hin zu Ato noturno (Night Stage), einem von Lust, Gier und Ruhm geschwängerten Genremix im Schauspielmilieu. Zwei Berlinale-Veteranen und TEDDY-Gewinner bringen in diesem Jahr neue Filme nach Berlin: Sir Isaac Julien zeigt in einem Double Feature seinen legendären Looking for Langston (1989) zusammen mit dem lang ersehnten Nachfolger Once Again… (Statues Never Die) und Ira Sachs inszeniert eine wunderschöne Reflexion über Kunst, Leben und Freundschaft (Peter Hujar’s Day).

Der queere Filmpreis der Berlinale steht kurz vor einem runden Geburtstag: Zum 39. Mal wird am 21. Februar der begehrte TEDDY AWARD von einer dreiköpfigen Jury vergeben. Das queere Kino wird traditionell in der Berliner Volksbühne mit einem rauschenden Fest zelebriert. Kein geringerer als der diesjährige Berlinale-Jurypräsident Todd Haynes wird für sein künstlerisches Lebenswerk mit dem SPECIAL TEDDY 2025 ausgezeichnet.

Noch etwas jünger, aber nicht minder begehrt ist der Panorama Publikums-Preis, der am Publikumssonntag im Zoo Palast vergeben wird. Zum 27. Mal wählt das Berlinale-Publikum den beliebtesten Dokumentar- und Spielfilm. Traditionell wird der Publikums-Preis in Kooperation mit radioeins und rbb Fernsehen vergeben.

Foto:
Arjun Talwar in Listy z Wilczej (Letters from Wolf Street)
© Arjun Talwar / Unisolo Studio Panorama