Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 23. Januar 2025, Teil 4
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – 1815 kehrt der junge Seefahrer Edmond Dantès (Pierre Niney) auf der Poseidon in den Heimathafen Marseille zurück. Während eines Sturms hat er unterwegs eine junge Frau (Adèle Simphal) gegen den ausdrücklichen Befehl von Kapitän Danglars (Patrick Mille) gerettet. Zur gleichem Zeit kehrt auch Napoleon von der Insel Elba zurück und bedroht die Republik, so dass die Nähe zum Kaiser das Ende der Karriere oder sogar den Tod bedeuten können. Doch Dantès wird von seinem Schiffseigner Morrel (Bruno Raffaelli) nicht gemaßregelt, sondern wird sogar zum Kapitän befördert, während Danglars entlassen wird.
Der 22jährige stammt aus kleinen Verhältnissen, sein Vater arbeitet als Butler bei der reichen Familie Morcef. Obwohl er selbst also aus ärmlichen Verhältnissen stammt, und nur dank der Güte der reichen Familie Morcef die Chance zum gesellschaftlichen Aufstieg bekam, kann er endlich deren Nichte Mercédès Herrera, die Liebe seines Lebens, heiraten. Als Trauzeuge wählt er seinen besten Freund Fernand de Morcerf (Bastien Bouillon).
Doch gerade als Edmond mit Mercédès vor dem Altar steht, wird er wegen eines angeblichen Hochverrates verhaftet. Denn Erfolg schürt auch Neid und Edmond wird von seinen Rivalen Danglars beschuldigt, Verbindungen zum abgesetzten Kaiser Napoleon zu haben und Mitglied einer bonapartistischen Verschwörung zu sein, da man einen Brief Napoleons in seiner Bibel auf dem Schiff findet. Ohne stichhaltige Beweise und ohne Gerichtsverfahren wird er von Staatsanwalt Gérard de Villefort (Laurent Lafitte) nach einem falschen von Fernand de Morcerf unterschriebenen Geständnis zur lebenslangen Haft auf der Gefängnisinsel Île d’If, die etwa eine Seemeile vor der Küste von Marseille liegt, verurteilt und dort eingekerkert.
Nach vier Jahren fällt plötzlich ein Stein in seine Zelle. Es stellt sich heraus, dass sein Zellennachbar Abbé Faria (Pierfrancesco Favino) einen Tunnel zu Edmonds Zelle gegraben hat. Faria ist nicht nur gebildet, er ist auch der letzte Nachfahre der Tempelritter, hat sich aber geweigert, das Versteck von deren Schatz preis zu geben.
Zusammen graben die beiden in den nächsten zehn Jahren weiter, während der Zeit erhält Edmond vom Abbé auch eine umfassende Bildung. Doch kurz vor dem endgültigen Durchbruch wird Faria verschüttet und Edmond gelingt mit 36 Jahren in Farias Leichensack die Flucht.
Als Edmond dann erfährt, dass sein Vater (Bernard Blancan) vor Gram verstorben, Mercédès inzwischen mit Fernand de Morcerf verheiratet ist und mit Albert (Vassili Schneider) einen erwachsenen Sohn hat, Danglars die ehemalige Geliebte Victoria (Julie De Bona) des Staatsanwaltes geheiratet und die Schiffsflotte seines ehemaligen Chefs Morrel übernommen hat und auch Staatsanwalt Gérard de Villefort Karriere gemacht hat, will er den Schatz der Tempelritter für seinen Rachefeldzug nutzen.
Dazu benötigt er auch neben seinem vielen Geld sein Mündel Haydée (Anamaria Vartolomei) und holt den jungen André (Julien de Saint Jean) aus einem Waisenhaus, der dort von seiner Tante Angèle versteckt worden ist, und macht ihn zum italienischen Grafen Andréa Cavalcanti. Er selbst nennt sich jetzt ″Graf von Monte Christo″.
Weitere fünf Jahre später und 20 Jahre nach seiner Einkerkerung beginnt Edmond Dantès – im Jahr 1835 - mit seinem Rachefeldzug…
Der Graf von Monte Christo ist ein Roman von Alexandre Dumas dem Älteren (1802 - 1870), der zuerst zwischen 1844 und 1846 als Fortsetzungsroman in der Zeitschrift Le Journal des débats erschienen ist. Dabei ist Liebe, Rache, Intrigen und Komplotte die spannende Essenz des Romans.
Neben literarischen Adaptionen, Theateraufführungen, Hörspielen und Comics gibt seit 1908 auch etwa 30 Verfilmungen des Romans. Die Filme halten sich teilweise eng an den Roman, aber einige haben sich beim Drehbuch auch große Freiheiten herausgenommen. Am bekanntesten ist vermutlich das zweiteilige französisch, italienisch Drama von 1954 mit Jean Marais in der Hauptrolle und Robert Vernay als Regisseur.
Weitere bekannte Verfilmungen sich der französische, italienische Film von 1961 mit Louis Jourdan als Dantès und Claude Autant-Lara als Regisseur sowie die 4teilige französisch, deutsche, italienische TV-Miniserie (1998) von Josée Dayan mit Gérard Depardieu als Edmond Dantès. Dagegen gelten die achtteilige Fernsehverfilmung von 1966 von Regisseur Edmo Fenoglio mit Andrea Giordana in der Hauptrolle sowie die sechsteilige französisch, italienisch, deutsche TV-Verfilmung von 1979 von Regisseur Denys de La Patellière mit Jacques Weber als Edmond Dantès als die werkgetreuesten Versionen, sind aber längst nicht so bekannt geworden.Jetzt haben Matthieu Delaporte und Alexandre De La Patellière (der Sohn von Regisseur Denys de La Patellière) sich nach einem eigenen Drehbuch dem Abenteuerroman angenommen, nachdem die beiden bereits das Drehbuch zu ″Die drei Musketiere - D’Artagnan″ - einem anderen Roman von Alexandre Dumas - verfasst haben. Die Dreharbeiten fanden von Juli bis November 2023 in Paris, Marseille, Zypern, Malta und Belgien statt.
Die Drehbuchautoren haben den Roman verdichtet und auf die Hauptfiguren fokussiert. Dadurch hat die Story des Films mit der Originalhandlung nur noch recht wenig zu tun, allerdings wurde der grobe Handlungsstrang aus dem Roman beibehalten. Natürlich mussten auch einige Charaktere und Nebenschauplätze verschwinden, denn auch so war der Film immer noch knapp 3 Stunden lang.
Nach Jean Marais, Gérard Depardieu und vielen anderen internationalen Schauspielern wie Richard Chamberlain oder James Caviezel brilliert jetztPierre Niney in der Titelrolle als Edmond Dantès, der in dem spektakulär inszenierten Historienepos als geheimnisvoller Graf von Monte Christo Rache an seinen Verrätern nimmt.
In weiteren Hauptrollen sind Anaïs Demoustier als Dantès Verlobte Mercédès Herrera, Bastien Bouillon als Edmonds Freund und späteren Gegenspieler Fernand de Morcerf, Laurent Lafitte als verbrecherischer Staatsanwalt Gérard de Villefort und Patrick Mille als Kapitän Danglars zu sehen.
In weiteren Rollen sind Pierfrancesco Favino als Edmonds Mitgefangener Abbé Faria, der Dantès verrät, wo er in dieser Version den Schatz der Templer finden kann, die in Rumänien geborene Anamaria Vartolomei als Dantès Pflegetochter Haydée, der kanadische Schauspieler Vassili Schneider als Mercédès’ Sohn Albert de Morcerf und Julien de Saint Jean als Andréa Cavalcanti zu sehen.
Seine umjubelte Weltpremiere feierte ″Der Graf von Monte Christo″ 2024 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes. Seit seinem Kinostart im Juni 2024 konnte der Film in Frankreich rund neun Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer begeistern. Er kam auch in die engere Wahl als französischer Vertreter für den Auslandsoscar, verlor aber gegen das französisch-spanische Musical ″Emilia Perez″.Da die Handlung im Vergleich zum Buch verdichtet werden musste, fallen nicht nur einige Charaktere und Handlungsstränge unter den Tisch, sondern es sind zu Beginn doch viele Zeitsprünge notwendig, um von den komplizierten Intrigen und Edmonds langer Inhaftierung im Château d’If zu erzählen.
Der Hauptteil des Films spielt dann in der Mitte der 1830er Jahre (auf einem Grabstein kann man das Jahr 1835 lesen), so dass Dantès inzwischen etwa 20 Jahre älter ist. Pierre Niney liefert als Edmond Dantès eine wunderbare Leistung ab und zeigt auf subtile und intelligente Weise den Wahnsinn und die Verzweiflung, die Dantès während seiner Inhaftierung überkommt.
Dass seine Widersacher und auch Mercédès sein Gesicht nicht erkennen, liegt deshalb weniger an den körperlichen Veränderungen, sondern daran, dass der Graf immer wieder Masken verwendet. So wird Edmond mal zum greisen Abbé Busoni, mal zum englischen Adeligen Lord Wilmore, vor allem aber zum smarten, stets perfekt gekleideten Grafen von Monte Christo, dadurch konnte er die Figur im Laufe der Geschichte auf logische Weise weiter entwickeln.
Neben den Haupt- und Nebencharakteren sind auch die Lokalitäten, an denen gefilmt wurde, unbedingt sehenswert. Denn die Schlösser und Paläste zeigen, wie gut es sich als Mitglied der Oberschicht im Frankreich des 19. Jahrhunderts leben lässt. Glücklicherweise haben die beiden Regisseure Matthieu Delaporte und Alexandre De La Patellière vermieden, den Film allzu sehr stilistisch zu modernisieren.
Damit richtet sich die neue Adaption von Dumas Roman vor allem an Liebhaber von historischen Dramen, spannenden Abenteuerfilmen sowie an all jene, die von Rachegeschichten fasziniert sind.
Insgesamt ist die neue Verfilmung eine so fulminant erzählte Story,die auf jegliche Modernisierung verzichtet. Trotzdem kommt während der knapp 3 Stunden Laufzeit nie Langeweile auf. Auch wenn trotz der Kürzung immer noch recht viele Charaktere auftreten, ist der Zuschauer in der Lage, dem Handlungsstrang von Liebe, Intrigen und Rache zu folgen. Natürlich siegt am Ende, nachdem die Bösewichte entlarvt und bestraft wurden – wie auch in Dumas Roman – die Vergebung. Allerdings haben die Drehbuchautoren gerade am Ende doch einiges offen gelassen. Letztendlich ist ″Der Graf von Monte Christo″ ein opulent ausgestattetes Historiendrama, das zwar im besten Sinne vollkommen altmodisch wirkt, dabei aber ungemein gut unterhält. Es lohnt nicht nur für Liebhaber klassischer Stoffe, sich den Abenteuerfilm auf der großen Leinwand anzusehen.
Foto 1: Pierre Niney als Edmond Dantès / Graf von Monte Christo © capelight pictures
Foto 2: Anaïs Demoustier als Mercédès de Morcerf und Vassili Schneider als Albert de Morcerf © capelight pictures
Foto 3: Anamaria Vartolomei als Haydée © capelight pictures
Foto 4: v.l.n.r.: Patrick Mille als Danglars, Laurent Lafitte als Gérard de Villefort und Bastien Bouillon als Fernand de Morcerf © capelight pictures
Foto 5: Julien de Saint Jean als Andréa Cavalcanti © capelight pictures
Info:
Der Graf von Monte Christo (Frankreich, Belgien 2024)
Originaltitel: Le Comte de Monte-Cristo
Genre: Historiendrama, Literaturverfilmung, Abenteuer
Filmlänge: ca. 178 Min.
Regie: Matthieu Delaporte, Alexandre De La Patellière
Drehbuch: Matthieu Delaporte, Alexandre De La Patellière
nach dem ein Abenteuer- und Fortsetzungsroman von Alexandre Dumas dem Älteren. (1844 – 1846)
Darsteller: Pierre Niney, Bastien Bouillon, Anaïs Demoustier, Anamaria Vartolomei, Laurent Lafitte, Pierfrancesco Favino, Patrick Mille, Vassili Schneider, Julien de Saint Jean, Julie de Bona, Adèle Simphal, Stéphane Varupenne, Bruno Raffaeli, Bernard Blancan u.a.
Verleih: capelight pictures
Vertrieb: Central Film
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 23.01.2025