el mensajeDie 75. Internationalen Filmfestspiele Berlin, BERLINALE 2025, Wettbewerb Teil 14

Claudia Schulmerich

Berlin (Weltexpresso) – Da wundert man sich fast, daß dieser argentinische, spanische, uruguayische Film es auf die Berlinale geschafft hat und ist durchaus froh, neben den farben- und musikintensiven großen Filmen einen so poetischen kleinen stillen Schwarzweißfilm zu sehen, in dem mindestens genauso viel menschliche Dramatik steckt, wie in den Großformaten.

Drei Personen füllen Leinwand und Film, die unterschiedlich dennoch zu einem Ziel zusammenkommen und in einer Art Lebens- und Übernachtungsbus übers Land fahren. Wir fahren über Stock und Stein in dieser kargen argentinischen Provinz. Es sieht alles aus wie in den Sechzig-Siebziger Jahren, aber es gibt schon Handy und Internet. Über dieses kündigt Maryam (Mara Bestelli) die Möglichkeit an, kranken Tieren durch Anika helfen zu können, denn die hört, was die Tiere ihr sagen. Ob es wirklich so ist, d.h. diese das echt empfindet und selbst daran glaubt, oder nur ausgedacht, und damit Betrug wäre, kann man im Film nicht verifizieren. Und das Interessante daran ist, daß es einem auch völlig egal wird. Denn die Art, wie das junge Mädchen Anika die Botschaft von Tieren aufnimmt, ist allerliebst. Und was kommen da alles für Tiere in Betracht. Wie sehen meist Haustiere, Hunde und Katzen, aber hier gibt es Vögel, Pferde sowieso, aber auch Igel, Hamster und einige, die man gar nicht identifizieren kann, die aber alle Anika zuraunen, wobei sie Hilfe brauchen.

Vergessen wir Roger nicht, den älteren Mann, Partner von Myriam, der den Wagen fährt und das Geld zählt und einfach auch lieb zu Anika ist. Der Film läßt eigentlich die Familienverhältnisse offen, der Regisseur hat die Rolle der Myriam aber als Großmutter vorgesehen, denn Anikas Mutter liegt im Krankenhaus, weshalb das Kind bei der Großmutter ist.

Von der Anlage her ist das ein klassisches Roadmovie, denn die drei sind täglich unterwegs auf den Straßen, halten, wo sie wollen und es Arbeit und Bezahlung gibt. Das Essen ist einfach und man nimmt gerne auch mit, was sie auf den Feldern recht und links der Straße vorfinden.

Aber die typischen Roadmovies haben dann doch eher befahrene schnelle Autostraßen, während wir hier wie auf Feldwegen weiterzuckeln und eben Dörfer und Ansiedlungen aufsuchen und nicht Städte. Kein Wunder, daß Assoziationen zu LA STRADA von Federico Fellini auftauchen, die aber im Kern hier nichts zu suchen haben, weil es dort um eine ganz andere Problematik – das ehemalige Fahrwesen mt den heute verschwundenen Jahrmärkten mit Menschenansammlungen sowie vergebliche Liebe - geht, während hier im Zentrum das stille Gespräch zwischen Tier und Anika vorherrscht. Und erstaunlich, wie die kleine Anika, die gerade Zahnwechsel hat, zum Zentrum des Films und der kleinen Gruppe wird.

Ganz interessant, wem der Film zusagt, wem nicht. Während ich gut lauschen und schauen konnte, empfanden andere den Film als langweilig.

Allein diese Landschaft, die oft wie Steppe aussieht, kahl und weit und staubig, erzeugt eine spezifische Atmosphäre. Dann die einzelnen Personen, die „Kunden“, die ihre Tiere lieben und sich darauf einlassen, was die wortreiche Myriam ihnen erzählt. Tiere sind nämlich nicht nur körperlich krank, sondern sie haben eine Seele und Gefühle, über die sie mit Anika kommunizieren. Allein die Natur überhaupt zu beseelen und Tieren Gefühle zuzusprechen und diese so ernst zu nehmen, daß diese Menschen, die alle nicht reich aussehen, dafür Geld ausgeben, hat etwas Rührendes. Auch, wenn nach der Geldübergabe aus Dankbarkeit auch noch ein Eimer Honig mitgegeben wird. Hier ist alles klein und überschaubar. Das ist nach Filmen, wo das laute bunte Leben nur so kracht, eine richtige innere Erholung.
Wie schön, daß es noch solche Filme gibt. Ja, sagen die Filmemacher, an das Geld, das ihnen der Film bringen soll, haben sie nicht gedacht!

Foto:
©Berlinale

Info:
Stab
Regie.  Johanna Moder
Buch.   Johanna Moder,  Arne Kohlweyer
Kamera.    Robert Oberrainer

Mit
• Marie Leuenberger  (Julia)
• Hans Löw.  (Georg)
• Claes Bang. (Dr. Vilfort)
• Julia Franz Richter. (Gerlinde)