TV-Tipp der erweiterten Fassung für die Nacht von Freitag 21. auf Samstag 22. Februar 2025 beim Bayrischen Fernsehen
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – In England im frühen 11. Jahrhundert muss der junge Halbwaise Rob Cole (Adam Thomas Wrigh) hilflos mit ansehen, wie seine Mutter Agnes Cole (Jodie McNee) an der geheimnisvoll ″Seitenkrankheit″ stirbt. Nach ihrem Tod schließt sich Rob (jetzt Tom Payne) einem fahrenden Bader (Stellan Skarsgård) an, der sein Talent für Heilkunst fördert und ihn in das medizinische Halbwissen des europäischen Mittelalters einweiht. Als der Wanderheiler allmählich sein Augenlicht verliert, übernimmt sein Zauberlehrling Rob bald die ″Behandlungen″ - für die Patienten meist eher schmerzhafte als heilsame Prozeduren.
Von dem jüdischen Medicus Merlin (Martin Hancock), der dem fast erblindeten Bader durch einen kunstvollen Eingriff das Augenlicht rettet, erfährt Rob, dass es außer seinem bescheidenen medizinischem Wissen in Persien eine sehr viel weiter entwickelte Heilkunst geben soll. Jetzt will der wissbegierige junge Mann dort bei dem berühmten Arzt Ibn Sina (Ben Kingsley) Medizin studieren und macht sich auf die lange und beschwerliche Reise in die ferne persische Stadt Isfahan. Allerdings kann er nur als Jude und nicht als Christ dort studieren.
Dank seiner erstaunlichen Fähigkeiten avanciert Rob bald zum Meisterschüler des Universalgelehrten. Als in Isfahan die Pest wütet, findet Rob heraus, dass Rattenflöhe den Erreger übertragen. Dank seiner Entdeckung wird die Epidemie eingedämmt. Ein phänomenaler Erfolg, doch der gefeierte Mediziner ist nicht zufrieden. Rob will das Geheimnis jener unheilbaren Krankheit lüften, an der auch seine Mutter starb.
Trotz des ausdrücklichen Verbots seines Lehrmeisters obduziert Rob heimlich eine Leiche und beginnt zu verstehen, dass die berüchtigte ″Seitenkrankheit″ eine Blinddarmentzündung ist. Mit diesem Wissen gelingt es ihm, dem Schah (Olivier Martinez) das Leben zu retten.
Doch er wird an die Mullahs verraten, fanatische Koraneiferer, in deren Augen Ibn Sina und seine Schüler sich gegen Gott versündigen. Mit dem Überfall der kriegerischen Seldschuken, die den Mullahs zur Seite stehen, endet in Isfahan die Epoche der freien Wissenschaft. Ibn Sina verübt Selbstmord.
Im letzten Moment rettet Rob seine große Liebe Rebecca (Emma Rigby) aus den Fängen ihres deutlich älteren Gatten Bar Kappara (Stanley Townsend), der die Ehebrecherin nach alter Tradition steinigen will.
In ihrer Begleitung und weiteren jüdischen Freunden kehrt der Medicus nach England zurück, wo er seine Kenntnisse in London in den Dienst der freien Forschung stellen will…
″Der Medicus″ beruht auf dem gleichnamigen Roman (1986) von Noah Gordon, der allein in Deutschland mehr als sechs Millionen Mal verkauft worden ist. Regisseur der aufwendigen Filmadaption ist Philipp Stölzl, das Drehbuch recht frei nach Noah Gordons Roman stammt von Jan Berger.
Mit seiner Verfilmung gelingt dem Regisseur eine bildgewaltige Reise ins Mittelalter, die allein in Deutschland von 3,6 Millionen Zuschauern in den Kinos besucht wurde. Dafür erhielt der Film auch 2015 die goldene Leinwand.
Anschaulich führt ″Der Medicus″ die Anfänge der medizinischen Wissenschaft in Europa vor Augen. Als wissbegieriger Meisterschüler glänzt Tom Payne an der Seite des Oscar-Preisträgers Ben Kingsley, der auf seine unnachahmliche Art in die Rolle des weisen Gelehrten und Mediziners Ibn Sina (latinisiert: Avicenna) schlüpft, der sich nicht zu schade ist, einfache Menschen von der Straße zu behandeln.
Weitere Rollen in dem fesselnden Abenteurerepos spielen Stellan Skarsgård als Bader, Olivier Martinez als Schah Ala ad-Daula, Emma Rigby als Robs Love Interest Rebecca, Elyas M'Barek als Robs persischen Studienfreund Karim und Fahri Yardim als Davout Hossein.
Regisseur Philipp Stölzl und Drehbuchautor Jan Berger haben die verschiedenen Handlungselemente und Motive, die im Roman oft unverbunden nebeneinanderstehen, viel stärker verzahnt. Dadurch entfernt sich der Film in weiten Teilen von der Vorlage. Dabei wurden viele Rollen anders umgesetzt als im Buch beschrieben, wie z.B. die Rollen des Baders oder von Robs Freund Karim oder komplett weggelassen, z.B. wurde die ledige schottische Christin Mary Cullen durch die verheiratete Jüdin Rebecca ersetzt. Auch der Verlauf der Geschichte wurde stark geändert, so wird z.B. für Mary keine Ehe arrangiert, sie reist mit ihrem Vater, daneben erfahren auch die religiösen Konflikte in der Filmfassung als Kampf zwischen fundamentalistischen islamischen und toleranteren Auffassungen eine Aktualisierung aus heutiger Sicht.
Durch diese Änderungen bietet der Film nicht nur opulente Schauwerte, sondern auch einen spannenden und emotionalen Handlungsbogen. Dabei wurde die epische Handlung wie schon geschrieben sinnvoll verdichtet. In atmosphärisch bestechenden Bildern lässt Philipp Stölzl zusammen mit Kameramann Hagen Bogdanski die archaische Lebenswirklichkeit des ″dunklen″ Mittelalters lebendig werden.
″Der Medicus″ erhielt bei seinem Kinostart 2013 von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) das Prädikat besonders wertvoll, da Regisseur Philipp Stölzl die filmische Umsetzung des Weltbestsellers mit Bravour gemeistert hat.
Insgesamt ist dem Regisseur eine gelungene filmischen Umsetzung des Weltbestsellers von Noah Gordon gelungen, die durch ihre Eigenständigkeit überzeugt. Der Film zeigt große Emotionen, begeisternde Landschaftaufnahmen, eine prächtige Ausstattung und einen mitreißenden Score. Neben Tom Payne als Idealbesetzung des Titelhelden sorgen auch die Leistungen der weiteren Darsteller wie Ben Kingsley, Stellan Skarsgård, Elyas M’Barek, Emma Rigby, Olivier Martinez oder Fahri Yardim für eine epische Stimmung, denn alle Darsteller verkörpern ihre Rollen glaubhaft und stimmig. Es lohnt, sich die gewaltige epische Langfassung noch einmal im Fernsehen anzusehen.
Foto 1: Rob Cole (Tom Payne) bemerkt, dass sein väterlicher Freund, der Bader (Stellan Skarsgård), allmählich sein Augenlicht verliert © BR / ARD Degeto / UFA Cinema
Foto 2: Rob (Tom Payne) hat Angst, dass die an der Pest erkrankte Rebecca (Emma Rigby) stirbt © BR / ARD Degeto / UFA Cinema
Foto 3: Rob (Tom Payne, Mitte) schaut andächtig zu, während sein Meister Ibn Sina (Ben Kingsley) den verletzten Schah (Oliver Martinez) verarztet © BR / ARD Degeto / UFA Cinema
Foto 4: Der streng religiöse Davout Hossein (Fahri Yardim, l.) sieht es nicht gerne, dass Rob (Tom Payne, r.) und Mirdin (Michael Marcus, 3.v.r.) ihrem verkaterten Mitstudenten Karim (Elyas M'Barek) unter die Arme greifen © BR / ARD Degeto / UFA Cinema
Foto 5: Rob Cole (Tom Payne) aus ″Der Medicus 2″ © Constantin Film
Info:
Der Medicus (Deutschland 2013)
Originaltitel: The Physican
Genre: Literaturverfilmung, Medizin, Historie, Drama
Filmlänge: ca. 176 Min.
Regie: Philipp Stölzl
Drehbuch: Jan Berger
nach dem gleichnamigen Roman (1986) von Noah Gordon
Darsteller: Tom Payne, Stellan Skarsgård, Olivier Martinez, Emma Rigby, Elyas M'Barek, Fahri Yardim, Makram Khoury, Milan Marcus, Ben Kingsley, Stanley Townsend, Emil Marwa, Martin Hancock, Jodie McNee, Dominique Moore, Aidan Kelly, Peter Bankole u.a.
FSK: ab 12 Jahren
Die Bestsellerverfilmung ″Der Medicus″ wird in der 176 Minuten erweiterten TV-Fassung in der Nacht von Fr. 21. auf Sa. 22.02.2025 um 01:25 Uhr beim Bayrischen Fernsehen gezeigt.
Zusatz: Unter dem Titel ″Der Medicus 2″ ist von Constantin Film eine Fortsetzung geplant, die am ersten Weihnachtsfeiertag, Do. 25.12.2025 in die deutschen Kinos kommen wird. Inhalt sollen die Erlebnisse des Mediziner Rob Cole, der nach seiner Flucht aus Isfahan in seine alte Heimat London zurückkehrt. Dort verbreitet er sein medizinisches Wissen, wird jedoch bald in die Intrigen des Königshauses verwickelt. Neben seinen Patienten muss er auch gegen neue Herausforderungen kämpfen, insbesondere das Leiden der menschlichen Psyche. Dadurch wird der Inhalt des Films um Teile erweitert, die es so nicht im Roman gegeben hat. Regisseur ist wiederum Philipp Stölzl, Drehbuchautoren sind Stewart Harcourt, Philipp Stölzl, Caroline Bruckner sowie Jan Berger und Marc O. Seng. Darsteller sind u.a. Tom Payne, Emily Cox, Aidan Gillen, Áine Rose Daly, Owen Teale, Liam Cunningham, Malick Bauer, Jaouhar Ben Ayed, Harry Redding, Rosie Boore, Anne Ratte-Polle, Francis Fulton-Smith u.a.
