03 Koeln75 c AlamodeFilmDie 75. Internationalen Filmfestspiele, BERLINALE 2025, und Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. März 2025, Teil 1

Redaktion 

Berlin (Weltexpresso) - Warum Vera Brandes? Warum das Köln-Konzert? Warum ein Film mit und über Musik? 





 

Ido Fluk: Ich stand immer schon auf Musik. Früher habe ich in New York in Bands gespielt, Punk, Indie, Lo-Fi, solche Sachen. Musik war immer da. Und ich denke, dass für mich auch Film ohne Musik nicht denkbar wäre, das hat mit einer gewissen Haltung zu tun. Vor einer Weile kam eine ganze Reihe von Musikfilmen in die Kinos, aber sie waren sich alle ungemein ähnlich, erzählten mehr oder weniger dieselbe Geschichte. Als ich über Vera Brandes und die Geschichte des Köln-Konzerts las, sah ich die Gelegenheit für einen Film, der eine Geschichte über Musik auf andere Weise erzählt. Es war ein Artikel in einem Magazin, und ich war sofort gefesselt. Ich sah gleich einen Film darin und nahm Kontakt zu Oren Moverman hier in New York auf, ein guter Freund, Partner und Mentor, ob er nicht als Produzent mit an Bord kommen wollte. Er wiederum legte den Draht zu Sol und Fred von One Two Films in Berlin. 

Was waren Ihre ersten Schritte? 

Ido Fluk: Erst einmal haben wir Vera Brandes gesucht. Wir fanden sie an einem Strand in Griechenland. Ihre ersten Worte waren: Warum habt ihr so lange gebraucht? Seit Jahren hatte sie darauf gewartet, dass jemand ihre Geschichte erzählt. Die ersten Gespräche mit Vera bestätigten mich in meiner Annahme, dass diese Geschichte einen wunderbaren Film ergeben könnte. Ich wollte Vera gerecht werden, wollte das Schlaglicht auf sie richten, sie und ihre maßgebliche Rolle an diesem historischen Konzert. Ich halte das für wichtig. Wenn man sich historische Betrachtungen des Konzerts am 24. Januar 1975 in der Kölner Oper durchliest, nimmt sie nicht den Raum ein, der ihr gebührt für ihre Leistung. Wir haben es als unsere Mission betrachtet, die historischen Aufzeichnungen zurechtzurücken. Ohne Vera Brandes hätte das Konzert nicht stattgefunden. 

Das wäre dann auch schon der andere Ansatz für einen Musikfilm, von dem Sie eingangs sprachen. 

Ido Fluk: In den meisten Musikfilmen stehen die Künstler im Mittelpunkt. Dabei halte ich Geschichten über die Menschen hinter den Künstlern oftmals für spannender. Ist das beim Film nicht genauso? Wir reden viel über die Regisseure, wir reden nicht genug über die Produzenten. KÖLN 75 ist ein Film über eine Produzentin. Ein Film über die Person hinter den Kulissen, die die Strippen zieht. Die Probleme lösen muss. Denn wenn sie es nicht tut, findet die Musik nicht statt, kann der Künstler nicht im Rampenlicht glänzen. Das fand ich interessant. Ich fühlte mich wie ein Mann mit einer Aufgabe. Ich wollte die Geschichte dieser Frau erzählen. Und mit ihrer Geschichte wollte ich etwas darüber erzählen, wie Kunst entsteht, was sie bedeutet. Im Kern dieser Geschichte befindet sich eine Wahrheit, die auf jedes Kunstwerk der Menschheitsgeschichte zutrifft: Wie Behinderungen und Probleme und 

Hindernisse das Werk formen. Und wie man als Künstler genau damit konfrontiert sein muss, um herausragende Kunst zu machen. Ich habe mich das immer wieder gefragt – und ich denke, das soll man sich als Publikum des Films fragen: Würde das Köln-Konzert so klingen, wäre es so, wie es geworden ist, wenn auf der Bühne nicht das falsche Piano gestanden wäre? 


Natürlich nicht! 

Ido Fluk: Natürlich nicht. Die Dinge klingen so, wie sie klingen, wegen der Umstände, unter denen sie entstehen. Als Künstler sehen wir uns unentwegt konfrontiert mit Problemen. Wir müssen lernen, sie zu umarmen. Unsere Fähigkeiten zur Lösung von Problemen tragen dazu bei, dass wir etwas erschaffen, das besser ist. Das neu ist. Keith Jarrett spielte an diesem Abend so, wie an keinem anderen Abend seines Lebens, weil er gegen das Piano spielte. Er musste mit der Mitte der Tasten vorliebnehmen, weil die anderen nicht funktionierten. So entstand ein Sound, mit dem eine größere Menge Menschen etwas anfangen konnte. Das ist wichtig. Ich habe darin durchaus auch meine eigenen Erfahrungen als Filmemacher wiedererkannt. Als Filmemacher ist man jeden einzelnen Tag genau mit solchen Problemen konfrontiert. Und man muss sie sofort lösen oder um sie herum arbeiten. Nicht genug Zeit, nicht genug Geld, nicht die richtige Ausrüstung, Leute kommen nicht pünktlich, irgendwas geht schief oder läuft anders als geplant. Wenn man einen Film macht, löst man eigentlich unentwegt nur Probleme. Man steht an einer Straßenecke im Regen in Eiseskälte und hat nicht das zur Hand, was man sich zu brauchen vorgestellt hatte. Und man muss eine Lösung finden. Das ist Filmemachen. So entsteht die Magie. All das steckt in der Geschichte von Vera Brandes und dem Köln-Konzert. Eine Geschichte darüber, wie Kunst entsteht. 

Und ohne die Musik verwenden zu können, um die es geht. War Ihnen das von Anfang an bewusst? 

Ido Fluk: Ich hatte schon ein paar Geschichten über Keith Jarrett gehört. Und auch im Film erlebt man ja, dass er nicht der einfachste Mensch der Welt ist. Aber natürlich haben wir sehr früh Kontakt zu seinem Lager aufgenommen. Sie signalisierten sofort, dass sie nichts mit dem Film zu tun haben wollten. Keith mag das Konzert nicht. Er findet, dass er viel bessere Konzerte gegeben hat. Ich stimme ihm im Übrigen zu. Aber ich denke, und da denke ich anders als er, dass es einen Grund gibt, warum ausgerechnet dieses Konzert einen besonderen Platz in der Populärkultur sicher hat. Und ein bisschen kommt es mir auch so vor, als würden sie dieser Frau die Anerkennung verweigern wollen. Auch da denke ich anders: Die Geschichte von Vera Brandes muss erzählt werden. Man muss ihr zugestehen, dass sie eine wichtige Figur dieser Zeit war, dass sie bedeutend ist für die Musik, die damals gespielt wurde. Vera Brandes hat das Konzert organisiert, sie hat Keith Jarrett überredet aufzutreten. Sie hat keinen Pfennig dafür bekommen. Niemand hat sich bei ihr bedankt. 

Und Sie mussten einen Weg finden, einen Film über das Köln-Konzert ohne die Musik des Köln-Konzert zu machen. 

Ido Fluk: Ich fand das aufregend. Und anregend. Was ich gerade gesagt habe über Behinderungen und Probleme und Hindernisse: Sie machen Kunst besser, weil man kreative Lösungen finden muss. Natürlich war ich erst einmal kurz panisch. Wie sollte das funktionieren? Aber dann dachte ich mir: Die Wirkung dieser Musik würde sich in einem Film niemals entfalten können. Man könnte bestenfalls einen kleinen Ausschnitt wiedergeben. Und der würde nichts aussagen. Es ist das ganze Werk oder nichts. Das Köln-Konzert ist kein Popsong. Es ist ein langes, ambitioniertes, auch forderndes Stück Jazzmusik, das man am besten in Ruhe in Gänze anhört. Ich vermute, selbst Keith Jarrett würde mir zustimmen. Es ist eher so, dass man sich den Film ansieht und deshalb Lust bekommt, sich das Konzert zuhause anzuhören. Man geht heim und legt die Platte auf. Unabhängig vom Film. Denn in KÖLN 75 geht es nicht um das Konzert. Es geht um Vera Brandes. 

Wie wichtig war es, der Zeit gerecht zu werden, der Musik der Zeit gerecht zu werden, um die Geschichte funktionieren zu lassen? 

Ido Fluk: Ich kenne mich gut aus mit Musikgeschichte. Und wenn man sich die Musikgeschichte der Siebzigerjahre ansieht, wird man feststellen, dass in Deutschland irre viel passiert ist. SEHR VIEL. Die Jazz Days in Berlin natürlich, eine der größten Bühnen für Jazz weltweit. Alle kamen und traten dort auf. Gleichzeitig passieren in Deutschland die Anfänge der elektronischen Musik in Düsseldorf mit Kraftwerk an der Speerspitze. Wenn wir von Protopunk und Krautrock sprechen, dann kommt man an Can und Neu! nicht vorbei – beide sind in unserem Film vertreten. Dann sind David Bowie und Iggy Pop und Lou Reed in Berlin und lassen sich inspirieren. Aber man muss den Kreis noch weiter ziehen. Es ist die Zeit des Widerstands, der Rebellion, der Studentenrevolten, der Baader-Meinhof-Bande und der RAF und des Terrorismus, der Tod der Sechzigerjahre. Ich habe zahllose Bücher verschlungen. Aber ganz ehrlich, die beste Quelle war Vera Brandes. Sie war unser Leitstern, ihr Wort war Gesetz. Ich habe sie viele Stunden interviewt. Das ist nicht immer einfach. Sie ist Vera Brandes. Man kann einen Plan schmieden. Aber wenn es ein schöner Tag ist und die Sonne scheint, dann entscheidet sie sich schon mal spontan für den schönen Tag und die Sonne. Ich liebe sie dafür. Das macht sie so besonders und einzigartig. Aber es ist auch frustrierend, wenn ich sie um 5 Uhr morgens aus New York anrief und sie nicht ans Telefon ging. 

Nervt das nicht? 

Ido Fluk: Ich vermute, dass sie mich getestet hat. Sie sollte herausfinden, wie ernst es mir war, wie sehr ich wollte, dass der Film gemacht wird. Aber ich habe alles bekommen, was ich mir hätte wünschen können. Sie hat mir alles erzählt. Sie war sehr offen und generös. Sie hat mir berichtet, wie es damals war in Köln, wie es sich angefühlt hat, in dieser besonderen Zeit jung zu sein, über ihre Eltern und die schwierige Beziehung zu ihrem Vater. Nach vielen Stunden erzählte sich mir auch alles über Keith Jarrett. Aber man könnte sagen, dass alles andere, was sie mir davor erzählt hatte, ebenso wichtig für den Film war. Es war das Fenster in die Zeit. Kein noch so gut recherchiertes Buch der Welt kann einem das bieten. Vera Brandes’ ganz subjektive Realität ist der Film. Das ist wichtig. Weil das genau die Geschichte war, die ich von all den zahllosen Geschichten, die man über die Zeit erzählen könnte, erzählen wollte. Es ist ihr Köln. Es ist die Vera-Brandes-Geschichte. 

Und doch spiegeln sich all diese anderen Geschichten in Ihrem Film, und sei es nur leise angedeutet oder in einem Song, der kurz angespielt wird – wie beispielsweise „Sei ruhig, Fließbandbaby“ von Floh de Cologne. 

Ido Fluk: Das war das Ziel. Ich bin meinem außerordentlichen Musikberater Martin Hossbach zu unendlichem Dank verpflichtet. Seine Einfälle und Vorschläge waren wunderbar, haben den Film auf eine Weise reicher gemacht, wie ich es mir vielleicht gewünscht hätte, aber niemals hätte ausmalen können. Es musste sich alles immer richtig anfühlen im Zusammenhang mit Vera Brandes’ Geschichte. Wir hatten eine großartige Archive Producerin, Christin Köppen, die für uns Aufnahmen und Nachrichten der Zeit sichtete und uns immer wieder auf neue Dinge aufmerksam machte, die richtig waren für die Zeit, für die Geschichte, für Vera. Nach und nach haben wir die Welt zusammengesetzt, die sich echt anfühlen musste, aber vor allem stimmig und wahrhaftig. Genauso ging es für mich darum, aus den acht Stunden Gesprächen mit Vera Brandes genau das herauszudestillieren, was für den Film wichtig war. Natürlich hat sie mir noch viel mehr erzählt. Aber vielleicht findet einiges davon, was nicht in KÖLN 75 zu sehen ist, Eingang in die Autobiographie, an der sie gerade arbeitet. Mir war daran gelegen, einen Film zu machen, in dem es nicht so sehr um Jazz geht, sondern der Jazz sein sollte, der sich so anfühlen sollte wie Jazz. Diese Frage habe ich mir sehr intensiv gestellt: Wie kann es mir gelingen, den Text des Films zur Form des Films zu machen? 

Wie sind Sie vorgegangen? 

Ido Fluk: Ich musste fortwährend an Coltrane denken, der gesagt hat: Wenn man etwas sagen will, beginnt man in der Mitte und geht dann in beide Richtungen gleichzeitig. Für mich ging es also darum, all die Erzählungen von Vera Brandes zu sichten und zu ordnen. Das war während Covid, eine sehr nach innen gerichtete Zeit in meiner Wohnung. Ich ließ Musik laufen und schrieb einfach drauflos, ohne einen Plan, ohne ein Ziel, ohne Vorgaben. Es war ein ganz freier Vorgang, wie Improvisation. Auf dem Deckblatt der ersten Drehbuchfassung, die ich an Sol und Fred schickte, stand dann auch: „KÖLN 75. Improvised into words by Ido Fluk.“ Es fühlte sich für mich nicht einmal geschrieben an. Das Drehbuch sollte sich wie das anfühlen, was ich schließlich zeigen und sagen wollte. Es war sehr rhythmisch, nicht geschrieben wie ein Drehbuch, sondern wie ein Musikstück. 


Ein Musikstück, das sich sehr modern anfühlt. 

Ido Fluk: Viele Menschen denken an Hausaufgaben, wenn sie an Jazz denken. Dabei ist es eine so wache und lebendige Musik. Das ist auch der Grund, warum Jazz aktuell eine faszinierende Renaissance erlebt. Hören Sie sich Künstler wie Nala Sinephro oder Jaimie Branch an. Selbst Pharoah Sanders hat ein Album mit Floating Points gemacht. Ich betrachte Jazz nicht als eine Kunstform aus der Vergangenheit, die ihrem Ende entgegentreibt. Sie lebt, atmet, erfindet sich neu. Vielleicht kann mein Film seinen Beitrag dazu leisten. 

Eine wichtige Rolle spielt dabei in Ihrem Film der Musikjournalist Michael Watts, gespielt von Michael Chernus – eine fiktive Figur, eine Art allwissender Erzähler. 

Ido Fluk: Es ist eine Figur, die sich aus einer Reihe realer Musikjournalisten zusammensetzt. Als ich das Konzert recherchierte, Keith Jarrett und seine Musik, die Zeit, in der die Musik spielt und wie damals über Musik geschrieben und gedacht wurde, stößt man immer wieder auf dieselben Journalisten, deren Texte man liest. Man setzt sich ein mentales Bild zusammen, wie sie gewesen sein mochten, wie sie aussehen. Mir gefiel auch die Idee, eine Figur in dem Film zu haben, die ein bisschen auch für mich steht, meinen Blick, meine Haltung. Ein Erzähler, der aber selbst auch mit dabei ist, ohne eine entscheidende Rolle zu spielen oder sich allzu ernst zu nehmen. Ich habe ihn als Instrument gesehen, einfach auch ein bisschen Spaß in die Sache zu bringen. Es gibt einen französischen Jazzjournalisten namens François Postif, der einer der ersten war, die ein Interview mit Keith Jarrett geführt haben. Er war der Anstoß, mir diese Figur auszudenken, weil sie uns etwas über Jazz erzählen kann, aber auch unser Ticket in das Auto ist, in dem Keith Jarrett und Manfred Eicher nach Köln fahren. 

Kannten Sie die Schauspieler bereits? 

Ido Fluk: Die meisten schon. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht und mir alles angesehen, was die Schauspieler gemacht hatten, die in Frage kamen. Ich wusste aber auch, wonach ich suchte. Bei den jungen Schauspielern haben wir sehr lange gesucht, ich glaube, ich habe meinen Caster Emrah Ertem echt in den Wahnsinn getrieben. Und dann gab es ja noch ein paar echte Stars, die auch international bekannt sind, weil sie wirklich großartig sind. Grundsätzlich war nur die Frage, ob sie mir auch genug vertrauen würden, damit sie sich von mir inszenieren ließen. Zum Glück haben sie es zugelassen. Und John (Margaro) und Michael (Chernus) kannte ich bereits. Er verliert sich in den Rollen, die er spielt. Es geht ihm nur um Ehrlichkeit. Er ist wie ein Magnet für gute Darstellungen. Man stellt ihn irgendwo hin und die Zusammensetzung der Luft verändert sich. Er war perfekt für Keith. Er nimmt Vorbereitung sehr ernst. Und das war der Schlüssel, um Keith Jarrett spielen zu können. Er konnte schon Klavier spielen, schaffte sich aber Bewegungsabläufe drauf, dass man ihn nicht vom Original unterscheiden konnte. Aber es ist auch ein Drahtseilakt, weil Keith so überdimensional groß ist, wenn er spielt. Man kann leicht übers Ziel hinausschießen, wenn man ihn spielt. John ließ das niemals zu. Von Michael bin ich ein Fan, seit er in Orens THE DINNER (2017) mitgespielt hat. Seither war er jedes Mal großartig, ob er in SPIDER-MAN (2017) mitgespielt oder in einer Serie wie „Severance“ (2022). Ich sehe ihm gerne zu, seine Präsenz ist unbestreitbar. Und es ist ebenfalls keine einfache Rolle. 

Und natürlich müssen wir über Mala Emde als Vera reden... Ohne sie kein Film... 

Ido Fluk: Wir haben die Rolle gecastet, haben uns zahllose Bänder angesehen. Am Ende konnte es nur Mala Emde sein. Sie hat eine so ungemein direkte Energie, die sie ausstrahlt. Beim Casting hatte ich immer wieder gesagt: Ich suche nicht nach einer Schauspielerin, ich suche nach einer Mitstreiterin. Jemand, der das mit mir und nicht für mich macht. Wir hatten Gespräche und Mala war die perfekte Partnerin. Sie hatte den Film vor Augen, den ich mir vorstellte. Sie war bereit, Vera zu werden. Wenn sie einen Raum betritt, dann weiß man, dass sie da ist. Es war eine wunderbare Zusammenarbeit. Film ist in meinen Augen ohnehin die beste Kunstform, um gemeinsam etwas zu erreichen. Aber sie war meine wichtigste Mitstreiterin, meine Nummer eins. Wir haben gemeinsam an den Szenen gearbeitet, am Drehbuch, und sie war immer mit dabei. Ich habe ihr gesagt: Das ist nicht mein Film, es ist deiner. Du bist Vera, du hast das Steuer in der Hand. 

Ist der Film denn dennoch das geworden, was Sie sich vorgestellt haben? 

Ido Fluk: Ja. Und nein. Der Film fühlt sich an, wie die erste Idee, die ich gehabt hatte. Aber die Einzelheiten sind anders, die Details. Es ist eine Unternehmung, die Jahre meines Lebens in Anspruch genommen hat. Das ist natürlich etwas, das sich verändert und wandelt, das wächst und schrumpft, das sich entwickelt und zurückentwickelt und dann wieder in eine neue Richtung entwickelt. Das muss man zulassen. Man verändert sich in dieser Zeit selbst als Mensch. Der Mensch, der den Film schneidet, ist nicht der Mensch, der das Drehbuch geschrieben hat. Wichtig ist, dass man das Gefühl für den Stoff nicht verliert. Solange dieses Gefühl da ist, ist man auf dem richtigen Weg. Es ist Teil dieser Geschichte. Man denkt darüber nach, wie sich dieses Stück Musik wohl angehört hätte, wenn der richtige Flügel zur Verfügung gestanden wäre. Das ist bei Filmen nicht anders, das gilt für jedes Werk Kunst. Die Evolution verändert die Probleme, die Fehler, die Defekte. Das ist es, was die Arbeit ausmacht. Es ist also der Film, den ich machen musste und wollte. Und doch ist er ganz anders. 

Foto: 
Mala Emde als Vera Brandes © Wolfgang Ennebach / Alamode-Film

Info:
„Köln 75“, Deutschland, Belgien, Polen 2024, 115 Minuten, FSK 6 Jahre, Kinostart 13. März 2025
Regie/Buch Ido Fluk mit Mala Emde, John Magaro, Ulrich Tukur, Jördis Triebel, Alexander Scheer und anderen.

Abdruck aus dem Presseheft