Louise Violet1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. April 2025, Teil 5

Margarete Ohly-Wüst

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – 1889 wird die Pariser Lehrerin Louise Violet (Alexandra Lamy) aufs Land geschickt, um in einem rückständigen Bauerndorf eine Schule einzurichten. Denn seit der Einführung der Jules-Ferry-Gesetze von 1881–1882 soll der Schulunterricht in ganz Frankreich kostenlos, obligatorisch und laizistisch sein.


Wirklich willkommen ist sie dort allerdings nicht, denn die in ärmlichen Verhältnissen lebende Landbevölkerung will auf die Mithilfe ihrer Kinder bei der Feldarbeit nicht verzichten und hält Lesen, Rechen und Schreiben für einen unnötigen Luxus.

Aus diesem Grund stößt Louise Violet mit ihren Bildungsidealen bei der Bevölkerung nur auf Unverständnis. Auch Joseph (Grégory Gadebois), der Bürgermeisters des Ortes, hält nicht allzu viel von Wissensvermittlung. Er ist aber verpflichtet, der Frau Unterschlupf zu geben und auch eine Schule einzurichten. Deshalb empfängt er sie grantig mit der Botschaft, dass sie für die kümmerlichen 700 Francs Gehalt auch noch seine Sekretärin und die Totengräberin des Dorfes zu sein habe.

Daneben ist das vorgesehene Schulgebäude nur ein schäbiger Stall neben Josephs Wohnhaus, in dem Louise auch schlafen soll. Trotzdem richtet Louise dort eine kleine Schule ein, allerdings lässt sich zunächst keines der Dorfkinder im Klassenzimmer blicken.

Eigentlich sind aber der Bürgermeister und seine Mutter die Einzigen, die verstehen, welche Chance die Bildung den Bewohnern seiner Gemeinde bietet. Er nimmt die Lehrerin deshalb mit auf einer Runde durch das weitläufige Dorf und stellt sie allen Bewohnern einzeln vor. Als sie bei einem der Besuche auch noch tatkräftig bei einer Geburt als Hebamme mithilft, ist bei den meisten Bewohnern der Bann gebrochen und die ersten Kinder besuchen dann doch die neue Schule.

Louise Violet2Jetzt füllen sich nicht nur die Schulbänke, sondern auch der Bürgermeister möchte nachmittags selbst lesen, schreiben und rechnen lernen. Dabei bringt Louise Violet den Kinder nicht nur die Grundkenntnisse in Lesen und Rechnen bei, sondern zeigt ihnen in Geografie was Frankreich ist, treibt Sport mit den Kindern und achtet auch darauf, dass sie sich regelmäßig während der Schulzeit die Hände waschen. Nach den ersten Erfolgen, beginnen die Dörfler sogar mit dem Bau einer eigenen Schule.

Doch dann kommt durch die Indiskretion des Postbeamten, der regelmäßig Louises Briefe an ihre Pariser Freunde liest, die tragische Vergangenheit der Lehrerin ans Licht. Dadurch wird plötzlich auch ihr Kampf für Bildungsgerechtigkeit in Frage gestellt. Gleichzeitig weist Louise die Avancen des Bürgermeisters zurück. Als dann auch noch die nicht ganz fertige Schule durch Brandstiftung zerstört wird, steht die Begeisterung der Dörfler für ihre Schule und ihre Lehrerin genauso schnell auf dem Spiel, wie sie entstanden ist…


Für das Drehbuch und die Regie von ″Louise und die Schule der Freiheit″ ist Éric Besnard verantwortlich, dessen französischen Tragikomödien ″Birnenkuchen und Lavendel″ (2015), ″À la Carte″ (2021) und ″Die einfachen Dinge″ (2023) sehr gut auch in Deutschland in den Kinos gelaufen sind. Bei ″À la Carte″ und bei ″Die einfachen Dinge″ spielte übrigens auch Grégory Gadebois, der Darsteller des Bürgermeisters Joseph, die Hauptrolle. Gedreht wurde im Zentrum von Frankreich, in den Départments Haute-Loire und Puy de Dôme. Durch Kameramann Laurent Dailland ist dabei ein eleganter Historienfilm mit großartigen Bildern vom Land in allen Jahreszeiten und vom Alltagsleben der Menschen in Frankreich vor 130 Jahren entstanden.

Ein wichtiger Hintergrund des Films ist sicher, dass in Frankreich der Schulunterricht kostenlos, obligatorisch und laizistisch ist, eine strenge Trennung zwischen allen Religionen und dem Staat, die auch heute in Frankreich noch gilt.

Éric Besnard zeigt in seiner Tragikomödie auch deutlich, dass das beschauliche Landleben nur eine Farce ist und wie schwer schon jüngere Kinder damals in der Landwirtschaft arbeiten mussten. Da auch die Eltern Analphabeten waren, hatte Bildung für sie nur einen geringen Wert. Erst als die Kinder begannen, in die Schule zu gehen, fingen sie auch an, darüber zu träumen, was ihnen eine umfassende Bildung für Möglichkeiten außerhalb der Feldarbeit eröffnen könnte. Damit ist der Film eine Ode an die intellektuelle Emanzipation junger Schulkinder und gleichzeitig an die weibliche Emanzipation.

Louise Violet3Allerdings hält der Film – nach einer kurzen Einführung - lange zurück, welches Geheimnis Louise Violet mit sich herum trägt und weshalb die Lehrerinnenstelle auf dem Land für die Pariserin sozusagen ihre letzte Chance ist. Ganz sicher würde sie aber bei ihrer politischen Vergangenheit in Deutschland nicht mehr im Schuldienst arbeiten dürfen.

Hauptdarstellerin Alexandra Lamy zeigt sowohl Louises Verletzlichkeit und Stärke und gleichzeitig ihre Entschlossenheit auch den Dorfkindern eine Möglichkeit zur Bildung zu schaffen, da sie der Überzeugung ist, dass eine gerechtere Welt - für die sie vor Jahren gekämpft hat - nur durch Bildung erreicht werden kann. Deshalb beschließt sie, ihre Schule in der ihr zugewiesenen alten Scheune zu errichten, in der sie gleichzeitig schläft. Sie ist voller Ehrgeiz und Entschlossenheit, auf eine bessere Zukunft hinzuarbeiten. Alexandra Lamy geht in ihrer Darstellung über diese Rolle hinaus, indem sie ihr eine Authentizität einflößt, die jeden Blick und jedes Zögern zum Ausdruck bringt.

Daneben versucht Louise, den Kindern außer dem üblichen Unterrichtsstoff auch Gesundheitsbildung und sportliche Betätigung beizubringen. So versucht sie - durch Trockenübungen auf Hockern - den Kindern schwimmen zu lernen. Außerdem lässt sie sie in den Unterrichtspausen vor der Scheune mit einem Ball Fußball spielen und zeigt ihnen, dass man sich danach auch die Hände waschen muss.

Damit beleuchtet der Film auch die sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten am Ende des 19. Jahrhunderts. Gezeigt wird dies insbesondere in der unhygienische Kleidung und der mangelnden Hygiene nicht nur der Kinder, sondern auch der Erwachsenen, auch wenn es immer wieder Szenen gibt, in denen sowohl Louise als auch die Frauen des Dorfes im Fluss ihre Wäsche waschen.

Die zweite Hauptfigur der Tragikomödie ist der von Grégory Gadebois gespielte Joseph, der der Bürgermeister und gleichzeitig auch einer der reicheren Männer des Ortes ist. Allerdings lebt er allein mit seiner Mutter und einer Tochter zusammen, die dann auch als eine der ersten Kinder bei Louise im Unterricht auftaucht. Er bewundert Louise und möchte mehr von ihr, was die emanzipierte Lehrerin ihm nicht geben kann und will. Das führt erst einmal zu Konflikten, auch wenn er heimlich bei ihr Unterricht nimmt, um selbst Lesen und Schreiben zu lernen.

Louise Violet4″Louise und die Schule der Freiheit″ ist ein historischer Film, der sich als Ode an die intellektuelle Emanzipation junger Schulkinder und an die weibliche Emanzipation versteht, da er so wichtige Themen wie Bildung, Fortschritt und soziale Ungleichheit aufgreift. Das vermittelt das Drama durch den gezeigten Realismus seiner Zeit, durch eine Emanzipation der Jugend, weil die Kinder nach und nach zur Schule kommen, und damit auch etwas über die Welt außerhalb ihres engen Ortes zu lernen und zu verstehen. Dadurch brechen sie auch aus den familiären Fesseln aus, die sie daran hindern, die Freiheit zu haben, die sie gerne hätten. Dies wird sehr deutlich an dem jungen Jules (Ernest Mourier) gezeigt, der eigentlich an der Schule kein Interesse hat, sondern – gegen den Willen seines Vaters - nur bei Joseph in der Schreinerei arbeiten will. Als er dann aber doch in die Schule geht, stellt er voller Stolz das Lexikon, das er – wie alle anderen Kinder auch - von seiner Lehrerin bekommen hat, auf sein selbst gebautes Holzregal.

Insgesamt mag ″Louise Violet″ (so der Originaltitel) ein klassisch gefilmtes historisches Drama sein, aber es erforscht spannende Aspekte wie die Stellung der Frau und den Kampf um gerechte Bildung, daneben bietet es auch bemerkenswerte schauspielerische Leistungen vor allem von Alexandra Lamy und Grégory Gadebois. Es lohnt, sich den bewegenden Film im Kino anzusehen.

Foto 1: Eine Schule für alle: Louise Violet (Alexandra Lamy) soll die Bildungsideale der Republik auch auf dem Land durchsetzen © Neue Visionen Filmverleih GmbH
Foto 2: Nie zu alt, um die Schulbank zu drücken: Bürgermeister Joseph (Grégory Gadebois) lernt nicht nur lesen und schreiben, sondern auch die standhafte Louise (Alexandra Lamy) zu bewundern © Neue Visionen Filmverleih GmbH
Foto 3: Lesen, lernen, lachen: Der Traum von einer besseren Welt könnte durch Louise Violet (Alexandra Lamy) Wirklichkeit werden © Neue Visionen Filmverleih GmbH
Foto 4: Zuwachs für die Bildungsstätte: Louise Violet (Alexandra Lamy) versucht den kleinen Jules (Ernest Mourier) für die Schule zu begeistern © Neue Visionen Filmverleih GmbH

Info:
Louise und die Schule der Freiheit (Frankreich 2024)
Originaltitel: Louise Violet
Genre: Drama, Tragikomödie, Schule, Historie
Filmlänge: ca. 108 Min.
Regie: Éric Besnard
Drehbuch: Éric Besnard
Darsteller: Alexandra Lamy, Grégory Gadebois, Jérôme Kircher, Jérémy Lopez, Patrick Pineau, Annie Mercier, Julie Moulier, Géraldine Martineau, Grégoire Tachnakian, Pauline Serieys, Manon Maindivide Ernest Mourier u.a.
Verleih: Neue Visionen Filmverleih GmbH
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 10.04.2025