
Damien Dorsaz
Peru (Weltexpresso) - „Ich habe Maria Reiche 1996 während einer Reise in Peru kennengelernt. In mein Reisetagebuch schrieb ich damals: „Maria Reiche wird für die Peruaner immer als die Frau in Erinnerung bleiben, die ihre Kultur entdeckt und geliebt hat. Für die Welt wird sie die Pionierin von Nazca bleiben. Für mich ist sie die Frau, die diese Welt nicht verschlingt, sondern sie nährt und an ihr teilhat; sie wird immer die Frau sein, die mir die Kraft meines Lebens bewusst gemacht hat und was ich damit tun kann. Was mich interessierte, war die Kraft und Energie, die vom Leben dieser Frau ausgeht. Diese Kraft wollte ich dem Publikum vermitteln.“
Inmitten flirrender Hitze fegt eine Frau geduldig den Wüstenboden. Es ist Maria Reiche (Devrim Lingnau Islamoğlu), Mathematikerin, Forscherin, Visionärin. In stiller Beharrlichkeit widmet sie ihr Leben der Bewahrung eines einzigartigen Kulturerbes: den geheimnisvollen Linien von Nazca. Mit einfachsten Mitteln und unbeirrbarem Willen verfolgt sie ein Ziel, das zunächst niemand zu verstehen scheint.
Die gebürtige Dresdnerin Maria lebt in Lima, gemeinsam mit ihrer Partnerin Amy (Olivia Ross), einer US-Amerikanerin, die ein gut besuchtes Caféhaus betreibt – Treffpunkt für Künstler, Intellektuelle und Journalisten. Die peruanische Hauptstadt ist in den 1930er Jahren ein Hotspot kultureller Vielfalt und Amy eine weltgewandte Gastgeberin. Doch die introvertierte Maria fühlt sich verloren inmitten des Trubels. Ihr Alltag als Vertretungslehrerin ist nicht immer einfach und ihre Mutter aus Deutschland schickt vorwurfsvolle Briefe und verlangt ihre Rückkehr. Doch angesichts des sich ausbreitenden Faschismus in Europa ist eine Rückkehr für Maria undenkbar. Ihre Lebenssituation scheint diffus, ihr Lebensweg ungewiss.
Als Maria den französischen Archäologen Paul D’Harcourt (Guillaume Gallienne) kennenlernt, möchte dieser sie als Übersetzerin für die deutschen Aufzeichnungen des Südamerika-Forschers Max Uhle gewinnen. D’Harcourt arbeitet in der Nähe von Nazca und vermutet Hinweise auf alte Bewässerungssysteme rund um die Ruinen von Cahuáchi, einer Zeremonialstätte mit Pyramiden aus präkolumbischer Zeit.
Zunächst zögerlich, begleitet Maria ihn schließlich in die abgelegene Region am Rande der Anden. Als sie dort eintreffen, katalogisiert D’Harcourts Team gerade Fundstücke eines Königsgrabs. D’Harcourt selbst agiert mehr wie ein Unternehmer: Die Funde werden an internationale Museen verkauft – eine moderne Form kolonialer Ausbeutung unter dem Deckmantel der Wissenschaft.
Maria findet bald einen Hinweis in den Aufzeichnungen Uhles: flache Furchen in der Wüste, die zu einem unerklärlichen System zu gehören scheinen. Bei einem Ausflug zu den Brunnenanlagen von Cantalloc, vor 2000 Jahren erbaut und bis heute in Betrieb, wird ihr erstmals der weite Himmel über der Wüste bewusst – ein Anblick, der sie tief berührt. Als sie mit D’Harcourt auf einem Hügel bei Cahuáchi steht, erkennen sie plötzlich die Linien im Sand. Der Archäologe vermutet Prozessionswege, zeigt jedoch wenig Interesse. Für ihn ist es eine
Enttäuschung – kein Ergebnis, das wissenschaftlich oder wirtschaftlich verwertbar scheint. Doch Maria ist fasziniert. Die Linien lassen sie nicht mehr los.
Zurück in Lima findet Maria keinen Zugang mehr zum alten Leben. In der Bibliothek stößt sie auf Aufzeichnungen des Konquistadors Francisco Pizarro, die sie in ihrer Faszination bestätigen. Sie bricht erneut auf, kündigt Amy eine kurze Reise an – aus der schließlich Monate werden.
n Nazca beginnt Maria allein mit Kompass und Kamera die Linien zu kartieren. Sie lebt in einem Zelt bei einer Bauernfamilie, wäscht sich im Fluss, arbeitet nachts im Licht der Petroleumlampe. Die ersten Bilder in der Wüste – tierische und geometrische Figuren – gleichen den Motiven auf alten Keramiken.
Nach und nach erkennt sie die Umrisse von Kolibris, Affen, Spinnen – riesige Bilder, in die Erde gescharrt. Für sie sind sie mehr als Zeichen: Sie sind Botschaften einer untergegangenen Welt, Zeugen eines Wissens, das verloren gegangen ist. Doch die Bilder sind erodiert und kaum noch sichtbar. Maria beginnt, sie freizulegen und zu dokumentieren. Doch D’Harcourt zeigt sich weiterhin desinteressiert.
Maria arbeitet hartnäckig weiter, bis Amy überraschend auftaucht. Die Beziehung wird durch Marias zunehmende Obsession belastet. Amy versteht die Faszination nicht, beklagt sich über Hitze, Staub und Einsamkeit. Maria hingegen fühlt sich unter den Menschen in der Stadt einsamer als in der Weite der Wüste. Amy verlässt sie schließlich – die Trennung scheint unausweichlich.
Plötzlich tauchen Rauchsäulen am Horizont auf: Der mächtige Großgrundbesitzer Montoya (Javier Valdés) lässt Baumwollfelder anlegen – genau dort, wo sich die Linien befinden. Maria versucht die Zerstörung aufzuhalten, doch Montoya ignoriert sie. Er betrachtet das Gebiet als seinen Besitz und nennt sie abfällig „die Verrückte von Nazca“. Die Behörden bleiben tatenlos. Auch D’Harcourt wusste von dem Vorhaben, schweigt jedoch resigniert – man könne gegen die Mächtigen nichts tun, schon gar nicht in Peru, meint er.
Doch Maria gibt nicht auf. Sie recherchiert, vermisst, entwickelt Hypothesen über Maßeinheiten, Herstellungsweisen und den möglichen Zweck der Linien. Beharrlich kontaktiert sie Politiker, Forscher und einen Korrespondenten der New York Times. Ein jahrelanges einsames Ringen, in dem Montoyas Männer ihr Lager zerstören und ihre Beziehung zu Amy endgültig zerbricht. Maria kollabiert. Doch die Bäuerin, die ihr inzwischen zur Vertrauten geworden ist, rettet sie mit einem traditionellen Ritual. Danach will Maria aufgeben und verbrennt ihre Notizen. Doch die Bäuerin überzeugt Maria zu bleiben – bis zur Sommersonnenwende.
An diesem Tag entdeckt Maria den entscheidenden Zusammenhang: Die Linien sind exakt auf astronomische Ereignisse ausgerichtet. Sie erkennt, dass die Geoglyphen offenbar ein riesiger Kalender sind – Beweis einer jahrtausendealten Kultur, die den Lauf der Sonne und Sterne verstand. Endlich gelingt es Maria, sich politisch Gehör zu verschaffen, sie wird schließlich als erste Frau eingeladen, ihre Mission im peruanischen Kongress vorzutragen. Wird es Maria gelingen, die Abgeordneten zu überzeugen und die Linien von Nazca für die Menschheit zu bewahren?
Foto:
©Verleih
Info:
Besetzung. SYNCHRONSTIMME
Maria Reiche DEVRIM LINGNAU ISLAMOĞLU Devrim Lingnau Islamoğlu
Paul D’Harcourt GUILLAUME GALLIENNE Axel Malzacher
Amy OLIVIA ROSS Katharina Schwarzmaier
Montoya JAVIER VALDÉS Johannes Berenz
Charles FRANÇOIS VALLAEYS Ulrich Blöcher
Président du Congrés VÍCTOR PRADA Axel Strothmann
Juana MARINA PUMACHAPI Patrizia Nath
STAB
Regie DAMIEN DORSAZ
Drehbuch DAMIEN DORSAZ, FADETTE DROUARD
Abdruck aus dem Presseheft