Bildschirmfoto 2025 10 17 um 01.21.25Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 16. Oktober 2025, Teil 7

Laura Piani

Paris (Weltexpresso) - Meine Liebe zum Kino begann mit Komödien wie RENDEZVOUS NACH LADENSCHLUSS (Ernst Lubitsch, 1940) oder DAS APPARTEMENT (Billy Wilder, 1960). Als
Teenager schwänzte ich sogar die Schule, so sehr war ich davon besessen, die vielen Kinos im Pariser Quartier Latin zu entdecken. Während meines Filmstudiums wurde ich dann Buchhändlerin bei Shakespeare & Co. Jede Buchhandlung ist ein Theater, aber Shakespeare & Co war immer mehr als das. Ein angelsächsisches Heiligtum im Herzen des Pariser Quartier Latin und ein einzigartiger Ort, an dem seit den 1950er Jahren Hunderte von Dichtern und Schriftstellern empfangen wurden.

Es wurde mein eigener Zufluchtsort und die Hauptinspiration für meinen Film. Ich habe mich als Drehbuchautorin für Film und Fernsehen etabliert und schreibe seit mehr als zehn Jahren Komödien, Krimis und Dramen für andere. Aber ich habe immer davon geträumt, eine eigene romantische Komödie zu schreiben, und zwar eine über Literatur und Poesie.

Außerdem habe ich mich schon immer zu Außenseitern hingezogen gefühlt, zu Menschen und Charakteren, die ein wenig kaputt sind – zu weich, zu aufrichtig, zu romantisch. Diejenigen, die nicht dazugehören, die sich lieber selbst etwas vormachen wollen. Ich wollte eine Sittenkomödie mit einer romantischen Komödie verbinden. Ich wollte das Porträt einer schrulligen Frau zeichnen, die so sehr davon überzeugt ist, dass sie nicht in die Gesellschaft passt, dass sie sich wünscht, schon vor Jahrhunderten in ihren Lieblingsromanen geboren worden zu sein. Sie ist also an einem Punkt angelangt, an dem sie sich ihren eigenen Wünschen stellen muss. Ich wollte die Codes des Genres voll und ganz übernehmen, aber mich auch an die
unbeholfene und wehmütige Protagonistin anpassen.

Der Kern des Films ist die Emanzipation unserer Protagonistin: Ihr Aufenthalt als Schriftstellerin in England wird für Agathe zu einer augenöffnenden Erfahrung. Eine Reise, auf der sie ihr wahres romantisches, sexuelles und kreatives Wesen entdeckt – oft dank ihrer exzentrischen Mitbewohner, die sich genauso wenig an die moderne Gesellschaft angepasst haben wie sie selbst. Der Film wurde nicht nur durch die vielen Jahre inspiriert, die ich bei Shakespeare & Co verbracht habe, sondern auch Meine Liebe zum Kino begann mit Komödien wie durch 
ihre letzten Jahre verbrachte. Dort schrieb ich auch das Drehbuch.

Ein bestimmtes Zitat von Billy Wilder über Ernst Lubitsch hat mich beim Schreiben und beim Regie Führen geleitet: „Er kann mehr aus einer geschlossenen Tür herausholen als
die meisten Regisseure aus einem offenen Hosenstall.“ Ich liebe dieses Zitat, weil es natürlich witzig ist, aber vor allem, weil es die clevere Feinfühligkeit hervorhebt, die man meiner
Meinung nach aufbringen muss, um eine befriedigende Liebesgeschichte in einem Film zu erreichen – mit all der Zufälligkeit und Magie, die das notwendigerweise beinhaltet. Dieses Zitat fasst für mich auch zusammen, was es braucht, um sowohl eine Romanze als auch eine Komödie zu machen. Es sind zwei anspruchsvolle Genres, die man in Angriff nehmen und gekonnt kombinieren muss.

Auch die Musik war ein Schlüsselelement beim Aufbau meines Films, sowohl in Bezug auf die Originalmusik als auch auf zusätzliche Tracks. Ich hatte sehr klare Referenzen für bestimmte Szenen: „Cry To Me“ (Eröffnungsstück) war zum Beispiel eine bewusste Hommage an DIRTY DANCING, obwohl wir beschlossen, das Stück mit den eigenen Arrangements des Komponisten (Peter von Poehl) und dem Gesang von Marie Modiano zu modernisieren. „Je T‘aime À l‘Italienne“ (Frédéric François) wurde ebenfalls ganz bewusst wegen seines kitschigen und witzigen Textes ausgewählt, der die Chance für ein unwahrscheinliches Duett zwischen Agathe und Félix bot. Und ich habe darauf bestanden, Schuberts berühmtes Stück (Fantasie in f-Moll für Klavier zu vier Händen, D940) zu verwenden, nicht nur, weil ich es genial einfach, zart und schön finde, sondern auch, weil es symbolisch interessant war, mit den „fehlenden Händen“ in einigen Interpretationen zu spielen und so das Liebesdreieck unserer Protagonisten zu verstärken.

Für mich ist eine gute romantische Komödie eine heikle Choreografie, in der Körper und Gefühle miteinander verschmelzen, und ich wollte ihre Codes voll und ganz übernehmen, ohne das Genre neu zu erfinden. Ich wollte das Publikum nicht verwirren, sondern sicherstellen, dass die inneren Gefühle der Protagonistin so genau wie möglich wiedergegeben werden. Ich wollte mit meinem Film auch die enge Beziehung würdigen, die die meisten von uns zu den Liebesromanen haben, die wir geliebt haben und in denen wir uns selbst wiedererkennen.

Ich habe mich schon früh für Camille Rutherford entschieden, die die Hauptrolle der Agathe spielen sollte: Ich wusste einfach, dass ihre wunderbare Sensibilität, ihre einzigartige  Ungeschicklichkeit und ihr fließendes Englisch perfekt zu der Melancholie und Empathie passen würden, die Agathe vermitteln sollte. Als ich Pablo Pauly kennenlernte, sah ich sofort, dass er über den Charme und die komödiantischen Fähigkeiten verfügte, die ich mir für Félix erhofft hatte, um ihn in diesen verzweifelt kindlichen und unwiderstehlichen Frauenhelden zu verwandeln. Als bewusster Kontrast zu Félix‘ Figur vervollständigte Charlie Anson (Oliver) das Trio mit seiner typisch britischen Eleganz, seiner Sanftheit und seinem trockenen Humor perfekt.


DIE REGISSEURIN LAURA PIANI

Nach ihrem Studium der Film- und Literaturwissenschaften in Paris und Rom arbeitete Laura Piani als Buchhändlerin bei Shakespeare & Co, Paris, und schloss ihr Studium der Drehbuchautorenschaft am Conservatoire Européen d‘Écriture Audiovisuelle ab. Sie nahm an der ersten Showrunner-Ausbildung der FEMIS-Filmschule teil und arbeitet als Drehbuchautorin für Film und Fernsehen.

In den letzten zehn Jahren hat sie an zahlreichen Drehbüchern für Kino- und Fernsehfilme sowie für Fernsehserien mit Filmemachern wie Edouard Deluc, Diane Bertrand, Cristina Pinheiro, Marion Laine oder Guillaume Gallienne gearbeitet. Als Script Consultant arbeitet sie regelmäßig mit dem European Writers Club, der Groupe Ouest, dem TorinoFilmLab, dem Krakow Film
Festival, der Pop Up Residency in Bratislava oder dem TRT 12 Punto in Istanbul zusammen. Sie unterrichtete auch Drehbuchschreiben bei Beaux-Arts (Paris), ESRA, Cinéfabrique, CEEA und Emergence‘s TV Series Workshop.

2022 schrieb und inszenierte sie ihren ersten fiktionalen Kurzfilm, „Prudence Ledoux a le Vent en Poupe“, mit Alice Butaud und Pierre-François Garel (OCS) in den Hauptrollen. JANE AUSTEN UND DAS CHAOS IN MEINEM LEBEN ist ihr erster Spielfilm.
 
Foto:
©Verleih

Info:
Jane Austen und das Chaos in meinem Leben (Frankreich 2024) 
Genre: Liebesfilm, romanische Komödie, Jane Austen 
Regie: Laura Piani
Drehbuch: Laura Piani
Darsteller: Camille Rutherford, Pablo Pauly, Charlie Anson, Annabelle Lengronne, Liz Crowther, Alan Fairbairn, Lola Peploe, Alice Butaud, Roman Angel, Frederick Wiseman, Pierre-François Garel u.a.

Abdruck aus dem Presseheft