Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 6. November 2025, Teil 6Redaktion
Berlin (Weltexpresso) – HOW TO MAKE A KILLING führt Sie auf unerwartetes Terrain, den Film noir. Aber der Film greift dennoch einige Themen Ihrer früheren Werke auf.
Das ist fast unvermeidlich: Ich kann und will meine DNA nicht verändern. Und deshalb haben all meine Filme einen gemeinsamen Nenner. Oft ist es eine persönliche Beziehung. In LIEBE BRINGT ALLES INS ROLLEN war es ein Paar, in DIE RUMBA-THERAPIE ein Vater und eine Tochter. Und auch in HOW TO MAKE A KILLING geht es um ein Paar. Das ist nie kalkuliert, nie absichtlich. Es ist für mich einfach unverzichtbar. Wenn ich einen Film ohne dieses Element drehen würde, hätte ich das Gefühl, dass etwas fehlt, dass ich schummeln würde. Und das will ich nicht.
Was hat das Film-noir-Universum dazu beigetragen?
Etwas, das in meinen früheren Filmen eher im Hintergrund blieb: die Verwurzelung der Figuren in der Realität. HOW TO MAKE A KILLING zeigt das ganz deutlich über den Kontext und die Details: Ich wollte, dass wir wissen, dass Michel und Cathy bei Super U einkaufen. Von Anfang an habe ich dem Team deutlich gemacht, dass wir keinen „amerikanischen“ Film drehen. Auch wenn ich diese Art von Kino liebe, ist dies ein französischer Film mit sehr französischen Figuren, die französische Anoraks tragen, ihre Kinder zur Schule bringen ... Selbst die Gendarmen sehen aus wie echte Gendarmen.
So wichtig, dass der Originaltitel („Ein Bär im Jura“, Anm. d. Red.) Ihren Film in einer bestimmten Region verortet, abseits der großen Städte?
Das war mein erster Wunsch. Noch bevor ich mir die Geschichte ausgedacht hatte, wollte ich einen Film machen, der in der Provinz spielt, auf dem Land, unter den Menschen dort.
War es das, was Sie in Richtung Kriminalfilm gelenkt hat, die ja sehr oft in der Provinz spielen?
Genau. Und das wird mein Publikum vielleicht überraschen, denn diese Welt wirkt sehr weit entfernt von der, in der meine Figuren üblicherweise leben. Aber diese Vorgehensweise ist ähnlich wie damals, als ich anfing, Comedy-Sketche zu schreiben, deren Figuren sich tatsächlich sehr von mir unterschieden. HOW TO MAKE A KILLING entspricht eher meinem eigenen Geschmack als Zuschauer. Auch wenn ich Komödien liebe, fühle ich mich eher zu Krimis hingezogen.
Einer der Sätze in HOW TO MAKE A KILLING erinnert mich daran: „Der beste Weg, sich selbst zu finden, ist zu wissen, wo man sich verlieren wird.“ Fasst das Ihre Absicht zusammen?
Genau diesen Satz wollte ich hervorheben. Er fasst nicht nur den Film zusammen, sondern auch meine Arbeitsweise. Mir ist das erst spät aufgefallen, aber jetzt, wo ich es erkannt habe, möchte ich, dass es für all meine Filme gilt. Es hat auch ein wenig damit zu tun, dass ich Spaß haben möchte: Ich habe eine lange Bühnen- und Schauspielkarriere hinter mir. Ich mache diesen Job seit einundvierzig Jahren. Ich wollte oft geliebt werden, wollte andere glücklich machen.
Diese Idee, ehrlich zu sich selbst zu sein, zieht sich auch durch Ihre früheren Filme, deren Figuren ähnlich empfinden. HOW TO MAKE A KILLING verstärkt dies mit nicht nur einem, sondern gleich drei Paaren: Michel und Cathy, der Chef der Gendarmerie und seine Kollegin sowie er und seine Tochter.
Ursprünglich gab es noch ein weiteres Paar, die Tochter des Gendarmen und einen anderen Beamten, das habe ich aber letztendlich gestrichen. Was mich aber auch hier am meisten interessiert, sind zwischenmenschliche Beziehungen. Selbst wenn ich einen reinen Actionfilm drehen würde, müsste ich eine Beziehung einbauen. Das ist immer mein Ausgangspunkt, mehr als der Kontext oder das Genre. Bei HOW TO MAKE A KILLING waren Michel und Cathy mein Hauptausgangspunkt.
Und Sie haben die Rolle des Michel übernommen, obwohl sie – anders als in Ihren früheren Filmen – nicht die alleinige Hauptrolle war.
Die anderen Figuren in HOW TO MAKE A KILLING spielen eine ebenso wichtige Rolle. Das liegt daran, dass ich mir dieses Mal mehr Zeit fürs Inszenieren nehmen wollte. Es gibt in HOW TO MAKE A KILLING nicht viel mehr Figuren als in LIEBE BRINGT ALLES INS ROLLEN oder DIE RUMBA-THERAPIE, aber ich wusste, dass ich mehr Zeit darauf verwenden müsste, ihre Handlungsstränge miteinander zu verweben, um nicht den Überblick zu verlieren. Außerdem haben sie hier alle einen gemeinsamen Nenner: Geld. Jeder von ihnen kommt auf die eine oder andere Weise daran.
Apropos Film noir. Die erzählerischen Codes sind andere als bei einer Komödie. HOW TO MAKE A KILLING gewinnt zum Beispiel an Fahrt mit dem Auftauchen der Gangster, die die „Bösen“ verkörpern ...
Mussten wir diese Codes einhalten? Diese Frage stellte sich schon sehr früh. HOW TO MAKE A ist der erste Film, den ich mit einer Co-Autorin geschrieben habe. Sarah Kaminsky hat stark an der Struktur mitgearbeitet, die nicht nur komplex ist, sondern auch mit einer Liebesgeschichte verwoben ist. Beim Schnitt haben wir überlegt, den letzten Teil zu streichen, aber uns wurde klar, dass ohne den Kampf mit dem Bösewicht etwas fehlen würde und der Film dadurch fade wirken könnte.
Diese Annäherung an den Film noir hat Sie auf das Terrain von Moral und Ethik geführt, während sich Ihre früheren Filme eher um das Thema Lüge drehten.
Ganz genau. Der ursprüngliche Titel war sogar: MONEY CAN’T MAKE YOU HAPPY, MY ASS! Ich wollte, dass der Film so unmoralisch wie möglich ist. Ich wollte das klassische Terrain vermeiden, das man bei Figuren in Komödien erwartet. Alle sind hübsch und sympathisch? Nein! In der realen Welt ist nicht jeder zwangsläufig schön und nett.
In ähnlicher Weise sind Ihre Frauen entschlossener und willensstärker als die Männer.
Die Frauen, selbst die Teenagerin, sind in HOW TO MAKE A KILLING stärker als die Männer. Das hat wahrscheinlich mit meiner Leidenschaft für weibliche Rollen und Schauspielerinnen zu tun. Ich liebe es, sie zu beobachten, ihnen beim Spielen zuzusehen. Auch im wirklichen Leben neige ich dazu, die Frauen in meinem Leben bewundernd zu beobachten. Wenn ich also einen Film schreibe – und das wird auch wieder für den nächsten gelten – hat das Weibliche im Vergleich zum Männlichen natürlich Vorrang.
Das Terrain des Film noir bringt auch Gewalt und Actionszenen mit sich, die für Sie eher ungewöhnlich sind. Auch wenn sie Ihrem Geschmack als Zuschauer entsprechen – haben Sie sich selbst Grenzen gesetzt, um Ihre Fans nicht zu verstören?
Ich habe mir Grenzen gesetzt – und einige davon überschritten. Ich weiß, dass manche Szenen verstörend sind. An einigen Stellen habe ich sie durch Musik entschärft, um die Dramatik etwas abzuschwächen. Wäre es mein erster Film gewesen, hätte ich die Gewalt und Action wahrscheinlich übertrieben. Aber ich kenne mein Publikum und mir war bewusst, dass – auch wenn ich es aus Spaß gemacht hätte – es für einige schwer verdaulich gewesen wäre. Man könnte sagen, dass für HOW TO MAKE A KILLING eine Art gegenseitiger Erziehungsprozess erforderlich ist. Umso mehr, da man diesen Film nicht als Wendepunkt für mich betrachten sollte, sondern eher als eine Art Emanzipation. Nichts spricht dafür, dass mein nächster Film ebenfalls gewalltätig sein wird.
Diese Emanzipation betrifft auch Ihre Figur, Michel. Er ist Welten entfernt von den Charakteren, die Sie sonst spielen – besonders von denen, die Sie seit Langem in Ihren SoloProgrammen verkörpern. Michel ist kein Großmaul, sondern eher damit beschäftigt, seine eigenen Schwächen zu entdecken.
Ich wollte eine gebrochene, zurückhaltende Figur. Diese Art spricht mich als Schauspieler an. Es gefällt mir zunehmend, verletzliche Charaktere darzustellen. Ich habe es langsam satt, Angeber zu spielen. Wenn man ADIEU CHÉRIE – TRENNUNG AUF FRANZÖSISCH betrachtet, war diese Entwicklung bereits erkennbar. Und sogar schon früher – Patrick Chirac in den CAMPING-Filmen und einige andere sind schlicht gestrickte Typen, die von der Realität eingeholt werden. Bei Michel habe ich einfach den „Loser“-Aspekt etwas stärker betont. Allerdings hatte ich kurzzeitig auch überlegt, ob ich den Gendarmen spielen soll.
Und für die anderen Rollen haben Sie Schauspieler engagiert, mit denen man Sie sonst in Verbindung bringt. Hatte das auch mit Ihrem Wunsch zu tun, Ihr gewohntes Terrain zu erweitern? I
Ich bin sogar so weit gegangen, für diesen Film den Casting Director zu wechseln und jemandem zu wählen, der mehr auf „Auteur“-Filme spezialisiert ist. Letztlich gibt es in HOW TO MAKE A KILLING nur einen einzigen Schauspieler, der aus meinem bisherigen Umfeld stammt: Christophe Canard, der den Pfarrer spielt. Alle anderen – vom Förster bis zur Bardame – kommen aus einem ganz anderen Universum. Das gilt selbst für die kleinen Szenen, wie zum Beispiel die Frau mit den Babys am Empfang der Gendarmerie – ich hatte sie in ANATOMIE EINES FALLS gesehen. Ich hätte auch sehr gerne Hélène Lambert dabeigehabt, die Laiendarstellerin, die eine der Reinigungskräfte in WIE IM ECHTEN LEBEN gespielt hat, aber das hat leider nicht geklappt. Meine Casting-Entscheidungen entsprachen meinem Wunsch, dem Film eine andere, realistischere Anmutung zu geben.
Laure Calamy und Kim Higelin sind allerdings die größten Überraschungen.
Ich wusste, dass Laure sowohl komisch als auch tragisch spielen kann. Aber es war ihre Leistung in JULIE – EINE FRAU GIBT NICHT AUF, die mich überzeugt hat: voller Energie und gleichzeitig zerbrechlich. Genau diese Laure wollte ich – nicht die eher komische Figur aus MEIN LIEBHABER, DER ESEL & ICH. Für Kims Rolle fand ich lange keine passende Schauspielerin. Ich habe viele Darstellerinnen gecastet – sehr gute! – aber allen fehlte dieses gewisse, ursprüngliche Etwas, das die Rolle brauchte. Ich stand kurz davor, auf Street Casting zurückzugreifen, als mir jemand Kim vorschlug. Ihre Originalität und ihre Präsenz haben mich sofort überzeugt. Und dann ist da noch Joséphine de Meaux. Ihre melancholische Ausstrahlung hat mich schon immer berührt – ganz zu schweigen von der Empathie, die das Publikum ihr gegenüber empfindet.
Andererseits passt Benoît Poelvoorde eher in Ihr komisches Universum, aber Sie haben ihn zu einem zurückhaltenderen Spiel geführt, als man es von ihm gewohnt ist.
Ich habe den Schauspielern von Anfang an gesagt: „Passt auf, wir werden die Leute zum Lachen bringen, aber das hier ist keine Komödie. Ihr müsst durchgehend ernst spielen. Es wird nur dann lustig sein, wenn es sein muss.“ So habe ich sie auch inszeniert, und alle haben sich daran gehalten. Ich glaube, Benoît war geradezu froh, sich ganz seiner Figur hingeben zu können. Es wäre zwar übertrieben zu sagen, dass man ihn noch nie so gesehen hat, aber ich denke, in diesem Film konnte er all seine verschiedenen Spielweisen miteinander verbinden. Außerdem hatte er während des Drehs Probleme mit der Stimme. Anfangs hatte ich Sorge, dass wir ihn vielleicht nachsynchronisieren müssen. Aber nein – diese Heiserkeit hat der Rolle sogar noch etwas Besonderes verliehen.
Am überraschendsten an HOW TO MAKE A KILLING ist vielleicht gar nicht der Film-noir-Ton, sondern die Szenen im Swingerclub? Paradoxerweise sind Sie dort weniger „direkt“ als in anderen Szenen. Hat da letztlich Ihre Schamhaftigkeit dem Film gewisse Grenzen gesetzt?
Gut möglich. Ich war noch nie in einem Swingerclub, also musste ich mit dem arbeiten, was ich mir vorstellen konnte. Aber ja – es war mir peinlich, diese Szenen zu drehen. Und noch mehr bei der Liebesszene im Auto. Als ich dann das gedrehte Material gesehen habe, ist mir aufgefallen, dass ich ein bisschen zugenommen hatte (lacht) ... Tatsächlich hat meine Schamhaftigkeit mich daran gehindert, diese Szenen ganz frei und offen zu inszenieren. Die Szenen im Swingerclub waren trotzdem notwendig, weil solche Orte zur Realität gehören, die ich zeigen wollte. Aber ich weiß jetzt: Es fällt mir deutlich leichter, eine Szene zu drehen, in der jemand getötet wird, als eine, in der ein Paar Sex hat …
Foto:
©Verleih
Info:
Originaltitel: UN OURS DANS LE JURA
Regie: Franck Dubosc
Mit: Franck Dubosc, Laure Calamy, Benoît Poelvoorde,
Joséphine de Meaux, Kim Higelin u.v.m.
Produktion: Frankreich 2024
Lauflänge: 114 Minuten
FSK: Ab 16 Jahren
Besetzung
Franck Dubosc Michel
Laure Calamy Cathy
Benoît Poelvoorde Roland
Joséphine de Meaux Florence
Kim Higelin Blanche
Mehdi Meskar Samy
Timéo Mahaut Doudou
Emmanuelle Devos Sabine
Louka Meliava Der Irokese
Jean-Louis Loca M. Vadé
Christophe Canard Pfarrer
Anne Le Ny Polizeikommissarin
Stab
Regie Franck Dubosc
Drehbuch Franck Dubosc und Sarah Kaminsky
Abdruck aus dem Presseheft