Bildschirmfoto 2025 12 13 um 01.27.43Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 11. Dezember 2025, Teil 8

Constantin Lieb

Berlin (Weltexpresso) - Als Wolfgang vor über drei Jahren fragte, ob ich mir vorstellen könnte, für ihn und mit ihm das Drehbuch zu seinem letzten Film zu schreiben, ahnte ich zwar, wie viel Wahrheit in dieser Frage steckte, konnte es aber in seiner Tragweite noch nicht vollständig erfassen. Er öffnete mir die Tür zu seinem ganz eigenen Universum, und es begann eine Zusammenarbeit, die sich rasch zur Freundschaft entwickelte.

Wolfgang hatte sich vorgenommen, Maxim Leos Roman zu adaptieren. Es ist eine Geschichte, die offenlegt, wie die Sehnsucht nach klaren Geschichtsbildern nach der Wende die Auseinandersetzung mit der DDR prägt und komplexe Realitäten zugunsten einfacher Symbole verdrängt werden. Ein Stoff, der hervorragend zu Wolfgang passte, zu seinem Humor, seiner Liebe zu Details, seinem Interesse an Geschichte und Politik, der Verschränkung von Wirklichkeit und Fiktion. Abgesehen jedoch von einer Liste an Punkten, die er gerne anders erzählen wollte als im Roman, und einer Fülle an Anspielungen und Referenzen hatte Wolfgang noch keine genauere Idee davon, wie die Geschichte für das Kino übertragen werden sollte. Übertragen deswegen, weil es von Beginn an unser Ansatz war, frei mit der Vorlage umzugehen. Wir suchten unter anderem nach einem übergeordneten thematischen Schwerpunkt, eine geeignete filmische Dramaturgie, einen FigurenFokus und nicht zuletzt: ein neues Ende.


Es mag sein, dass ich während der Arbeit auch deswegen viele Eigenheiten und Anekdoten von Wolfgang in das Drehbuch integriert habe, weil ich merkte, dass er nur dann einen wirklich guten letzten Film machen könnte, wenn dieser die gleiche Herzenswärme hätte, wie Wolfgang selbst. So floss zum Beispiel seine Liebe zum Sammeln von Komposita als wichtiges Motiv ein in die Geschichte. Sie wurde plötzlich zu einem Symbol für die Liebesgeschichte zwischen Paula und Micha – und gleichzeitig auch für Ost- und West-Deutschland: eine aus zwei unterschiedlichen Teilen bestehende Einheit. Wolfgangs Genauigkeit hinsichtlich sprachlicher Feinheiten wurde eine perfekte Basis für Szenen, in denen keine komplexe Choreografie benötigt wurde, sondern die Sprache per se im Zentrum stand, zugespitzte Dialoge, Wortwitz. Dadurch wurde diese wunderbare Geschichte über Erinnerungskultur, die Emotionalität von Fakten und die Instrumentalisierung durch Medien und Politik auch eine Geschichte über das Erzählen, über das Schreiben, über das Kino. Die Tragikomödie des Geschichtenerzählers selbst. Ein Held, dem die Erzählung über den Kopf wächst und der in der eigenen fiktionalen Möglichkeitsform plötzlich Wahrhaftigkeit findet.

„To make a great film you need three things: the script, the script, and the script.” Wolfgang zitierte während unserer Arbeit mehrfach diesen berühmten Satz von Alfred Hitchcock. Mir wurde dabei klar, warum er in seiner Karriere nur eine Handvoll Kinofilme realisiert hatte. Wolfgang legte unwahrscheinlich viel Wert auf das Drehbuch und die Details der Narration. Das Wort war für ihn auch die Grundlage des filmischen Erzählens. Der Moment, in dem alle wichtigen Weichen für den fertigen Film gestellt werden konnten – wenn es denn gelang. DER HELD VOM BAHNHOF FRIEDRICHSTRASSE ist nun ein Film geworden, der auf schönste Art Wolfgangs Herzenswärme in sich trägt und seinen Wunsch nach anspruchsvoller Unterhaltung einlöst. Das Publikum wird dies sicher spüren.

Foto:
©Verleih

Stab

Regie: WOLFGANG BECKER
Drehbuch: CONSTANTIN LIEB, WOLFGANG BECKER
Nach dem Roman von MAXIM LEO


Besetzung
MICHA HARTUNG.    CHARLY HÜBNER
PAULA KURZ.     CHRISTIANE PAUL
ALEXANDER LANDMANN.  LEON ULLRICH
NATALIE HARTUNG.    LEONIE BENESCH
HARALD WISCHNEWSKY.    THORSTEN MERTEN
HOLGER RÖSLEIN.       DIRK MARTENS
FRITZ TEUBNER.      PETER KURTH
ALEX ALLONGE.    DANIEL BRÜHL
BEATE.   EVA LÖBAU
BERND.  JÖRN HENTSCHEL
FRAU MÖCKEL.   LILLI FICHTNER
DR. ANTJE MUNSBERG.   CLAUDIA EISINGER
BUNDESPRÄSIDENT.  BERNHARD SCHÜTZ
KATARINA WITT.    KATARINA WITT
MONA SCHÖNBAUM.    ANNABELLE MANDENG
JAMILLA KARUME  ADISAT SEMENITZSCH
WERBEFILMREGISSEUR.   JÜRGEN VOGEL
STASIVERNEHMER.   HOLGER HANDTKE

Technische Daten
LÄNGE: 112 MINUTEN
BILDFORMAT: 1.85:1
TONFORMAT: 5.1

Aabdruck aus dem Presseheft