Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. April 2015, Teil 4

 

Romana Reich

 

Berlin (Weltexpresso) – Das ist einer der verrücktesten Filme, die man sich vorstellen kann und sicher der verrückteste zum Thema SEX. Denn mit diesem Wort bezeichnen wir alle inzwischen das tätige Handeln im Miteinander, das mit Sexualität zu benennen falsch ist, wenn schon die alteingesessene Bezeichnung für das Miteinanderschlafen, der Beischlaf,völlig aus der Mode kommt.

 

Das Tun dagegen bleibt nicht allein aus Trieben und Selbsterhaltungsgründen der Menschheit aktuell, sondern wird durch Werbung in Bild und Ton stimuliert. Auch durch den Film. Allerdings vielleicht durch diesen sogar weniger. Es geht nämlich nicht darum, was in den einschlägigen Zeitschriften an Titten, Ärschen und gewissen Gliedern illustriert wird, was als Erregungspotential schlechthin galt und den meisten gilt, sondern es geht um ganz spezielle Vorlieben beim Lieben oder um überhaupt zum Lieben zu gelangen, die aber wiederum nicht so weit gehen, daß sie in den Kontext der als krankhaft bezeichneten Sex-Fetischisten oder der Psychopathologien gehören – ach was, das wohl schon.

 

Kommen Sie mit? Dann wollen wir doch lieber einmal einige der Personen dieses Episodenfilms des australischen Schauspielers und Autors Josh Lawson vorstellen, mit denen er glänzend sein Regiedebüt leistet. Da ist – absolut Höhepunkt und Filmliebling – ganz am Schluß – wenn es am schönsten ist, soll man aufhören – der reizende taubstumme Knabe in der Episode MONICA UND SAM (Erin James und T.J. Power). Der traut sich was. Es gibt nämlich einen Telefondienst, der Taubstummen (Sam) durch eine Skypeübertragung möglich macht, mit einer Betreuerin (Monica) zu kommunizieren, die die Gebärdensprache aufnimmt und an diejenigen in Worten weiterleitet, die deren nicht mächtig sind. Wir wären es auch nicht und können uns gut die Überraschung vorstellen, als diese Monica nun auftragsgemäß - was sie zuerst nicht will, aber Kundenservice geht vor, sonst droht die Entlassung – bei einer Sexhotline anruft und der Dame nun das Begehren des Knaben vorstellt.

 

So etwas Komisches konnte man schon lange nicht sehen und das Ergreifende ist dann auch noch, daß ein tiefer Ernst hinter dem allen steckt. Auch übrigens ein gehöriger Sprachwitz und eine Gebärdensprache, die man sonst am Fernsehschschirm oder bei Veranstaltungen so auch nicht sieht. Und diese Gebärden, die versteht man übrigens sofort.

 

Das ist nur ein Beispiel, das besonders gefällt, aber die beiden Lieben Paul & Maeve mögen wir auch; so harmlos und liebevoll, nur will er einfach nicht kapieren, daß sie es gerne etwas derber hätte und die Hilfsmittel von Phantasie und geschlossenen Augen braucht, um zum Orgasmus zu gelangen. Sie möchte aber gerne die Augen offen halten und nämliches durch ihren Ehemann erfahren, was schon wieder falsch ist, denn der soll zwar ihr Ehemann sein, sich dazu aber so verkleiden, daß sie einen Fremden vor sich sieht. Erst dann wird sie erregt. Damit sind erst zwei der fünf Episoden gezeichnet. Die weiteren drei sind nicht weniger spannend, denn es gelingt dem Regisseur die Komik zum äußersten zu treiben, die menschliche Würde für seine Protagonisten aber aufrecht zu erhalten. Das ist eine hohe Kunst.

 

 

Fazit:

Sie haben nach dem Film nicht nur gelernt, wie unterschiedlich die Formen des Begehrens und ihres Befriedigens sein können, sondern bekommen eine Rubrizierung mit. Das Obige war die TELEFON-SKATOLOGIE, wo sexuelle Erregung durch obszöne Telefonate mit Fremden einhergeht. Dann gab es die DACRYPHILIE, nämlich die sexuelle Erregung durch die Beobachtung einer weinenden Person, das ROLLENSPIEL ALS FETISCH, dernach die sexuelle Erregung durch das Vorgeben, jemand anderes zu sein, in Gang kommt und die SOMNOPHILIE, die die sexuelle Erregung durch das Beobachten einer schlafenden Person auslöst und dann auch noch SEXUELLER MASOCHISMUS am hinlänglichsten bekannt als durch Unterwerfung und Schmerz initiierte Lust, was unser letztes Beispiel war, mit dem der Film aber anfängt.

 

INFO:

Originaltitel The Little Death

Genre Komödie

Produktionsland Australien

Produktionsjahr 2014

Länge 96 Minuten

Format 2,39:1

FSK ab 12 Jahren Kinostart 9. April 2015