Ägyptens berühmtester Filmschauspieler gestorben
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - So oft kommt das auch nicht vor, daß unsereiner einen so berühmten Schauspieler kennenlernt. Und das gleich zweimal. Und auch das im doppelten Sinne. Erstens sind wir – reiner Zufall – zweimal auf den Weltstar getroffen und dann haben wir seinen Doppelgänger kennengelernt.
Das war in Aqaba, dieser schmucken Fischerstadt am Gold von Aqaba, für jedes Kreuzschiff der Achtziger der Zugang zum Roten Meer, aber auch zu Jordanien und damit zum Wadi und vor allem zu Petra. Und wenn man quasi berufsmäßig Touristen dorthin brachte, dann konnte man sich in Aqaba wie zu Hause fühlen, denn gestorben wurde nur von den Tauchern. Echt. Und dort gab es diesen Omar Sharif. Wie gesagt doppelt. Ob sein Doppelgänger wirklich mit ihm verwandt war, wie er immer herumerzählte, das wissen wir nicht. Auf jeden Fall verschwand er ziemlich in der Menge, als der echte Omar Sharif in der Stadt auftauchte. Es gab wohl Filmaufnahmen im besagten Wadi.
Hängen geblieben ist der Doppelgänger viel stärker. Denn es zeichnet eben die Doppelgänger aus, daß sie red- und leutselig werden, wenn man von ihnen etwas erfahren will, während die echten Stars lieber schweigen über das Private, was die Leute von ihnen wissen wollen. Da war Omar Sharif auch anders. Erstens war er zu seiner eigenen Überraschung berühmt, fühlte sich aber nicht so, spielte sich ganz und gar nicht als Star auf – und wir, wir fanden solchen Typ Mann nicht besonders attraktiv. Das merkt so ein Typ Mann und strengt sich besonders an – könnte man weiblich-fies sagen. Man kann aber auch sagen, da kam zufällig ein interessantes Gespräch zustande.
Das lag an Alexandria, der Stadt, die einst das Tor zum mächtigsten Reich war, und in den Achtzigern eine verfallene, äußerst schmuddelig-verwegene Stadt war, die nun auch auf der Route von Kreuzfahrtschiffen wie von alleine angefahren wurde, einschließlich von Stadtbesichtigungen, auf der die Einheimischen nie so recht wußten, was sie diesen Kreuzfahrtschiffstouristen zeigen sollen. Dort wurde Omar Sharif am 10. April 1932 geboren. Allerdings hieß er damals Michel Shalhoub und war reicher Leute Kind, die dem römisch-katholischen Glauben anhingen. Das ging damals noch alles.
Aufgewachsen ist er dann in Kairo und der Reichtum seines Vaters, eines Holzhändlers, machte ihn frei, sein Interesse für Film auch zu leben. Allerdings hatte er ganz ordentlich auch erst einmal Mathematik und Physik an Kairos weltberühmter Universität studiert, gab aber 1953 sein Debüt in einem Film und heiratete dann Mitte der Fünfziger gleich dessen berühmte Hauptdarstellerin Faten Hamama , wirklich der Massenstar und Schönheitsidol der Zeit – und das nicht nur in Ägypten, sondern im ganzen Nahen Osten. Ab jetzt nannte er sich Omar Sharif, zuvor schon war er zum Islam konvertiert. Schlagartig weltberühmt wurde er mit DOKTOR SCHIWAGO 1965, sicher aber hatte seine Nebenrolle als Scheich in LAWRENCE VON ARABIEN von David Lean dies vorbereitet, denn seine rund 20 Auftritte in ägyptischen Filmen waren nicht erwähnenswert.
Sein DOKTOR SCHIWAGO brachte ihm Weltruhm
Er spielte in dem gleichnamigen Film ja nicht nur mit, sondern er war Doktor Schiwago persönlich, der arme Mann, der sich zwischen Liebe und Liebe entscheiden mußte. Da gab es die Ehefrau Tonya Gromyko Zhivago, also Schiwago, verkörpert von Geraldine Chaplin, und Lara Antipowa, deren Gesicht, sprich das von Julie Christie, man genauso in Erinnerung hat wie seine Schwierigkeiten, beim Wiedersehen die Jugendliebe im Erwachsenenleben mit seinem Stand als Ehemann zu vereinbaren. Es war übrigens erneut David Lean, der Boris Pasternaks Roman verfilmt hatte und dafür über drei Stunden brauchte.
Omar Sharif spielte noch neben weiblichen Stars, aber die Filme sind nicht in Erinnerung geblieben, obwohl es historisch wichtige Filme waren, wo Omar Sharif in «The Fall of the Roman Empire» als der armenische Gatte von Sophia Loren auftrat, in «The Yellow Rolls-Royce» als der jugoslawische Liebhaber von Ingrid Bergman, und als Nazi-Offizier in «The Night of the Generals». Man hatte Omar Sharif ja auch den Russen abgenommen, in «Funny Girl» war er ein jüdischer Spieler neben Barbra Streisand und gab den österreichischen Prinzen in «Mayerling».
Daß er 1973 Weltmeister im Bridge wurde, klingt gut, weniger gut war seine Spielleidenschaft, wenn es um höhere Beträge ging, für deren Verluste er innerhalb der Spieler genauso berühmt wurde, wie zuvor als Filmstar. Er selbst hat ganz offen erzählt, er habe mindestens zehn Millionen Dollar beim Roulette verspielt. Und darum, so erzählte er weiter, habe er auf Teufel komm raus auch in Filmen gespielt, die künstlerisch kein Gewinn waren und ihn unter Niveau beschäftigen. Ein einziger Film konnte im neuen Jahrtausend ihn noch einmal aus dem Vergessen holen. Das war HERR IBRAHIM UND DIE BLUMEN DES KORAN von François Dupeyron aus dem Jahr 2003. Der Film lief bei der Biennale von Venedig und Sharif erhielt den Goldenen Löwen für sein Gesamtwerk. Ein versöhnlicher Schluß, dem noch kärglichere Jahre folgten und eine Alzheimererkrankung dazu. Gestorben ist er plötzlich und schnell am Herzinfarkt.
Sollen wir noch vom Doppelgänger erzählen. Der machte seinen Reibach, denn normalerweise hielt sich der echte Omar Sharif ja nicht in Aqaba auf und deshalb konnte er in den feinen Restaurants umsonst essen, in den Luxushotels umsonst schlafen, in den Juweliergeschäften umsonst einkaufen etc., denn, wo er auftauchte, ging sein Ruf als Omar Sharif wenn nicht vorher, so doch hintennach und die Touristen bevölkerten die Stätten, wo sich angeblich gerade der berühmte Filmstar aufgehalten hat. Das ist wirklich nie aufgeflogen, war zudem mit den Lokalen und Geschäften vereinbart, was ja nur daran liegt, daß keiner Interesse hatte, darüber in den heimischen Zeitungen zu schreiben, denn es verdienten alle viel zu gut daran.
Was aus dem Mann geworden ist? Wir sprechen nämlich von den Achtziger und beginnenden Neunziger Jahren, wo Omar Sharif noch ein in der arabischen Welt bedeutender Name war. Und in der Welt des Westens auch. Das Leben geht dahin.