Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 29. März 2012, Teil 2

 

Romana Reich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Im Frankfurter Lichter Filmfestival waren es die regionalen Arbeiten, die gezeigt wurden. In Tampere in Finnland dagegen wurde im März das jährliche Kurzfilmfestival veranstaltet, u.a. mit einer Filmgroteske, über die wir noch berichten. Allerdings heißt es in Frankfurt nun Lichter Filmfestival Frankfurt International. Mehr in Kürze.





RUSSENDISCO



Kann gut sein, daß dieser Film dem Zuschauer besser gefällt als den Kritikern. Er soll ja sogar dem Autor des Buches, Wladimir Kaminer, gut gefallen haben, aber da liegt dann schnell der Verdacht nahe, daß dieser vielleicht auch gute Miene zum halbherzigen Spiel machen mußte, weil es auch um Geld geht. Und das verläßt einen im Film nicht, dieses Gefühl, daß hier ein großer literarischer Erfolg, dem tatsächlich viele wirkliche Russendicsos folgten, kommerziell ausgeschlachtet wird.

Sei's drum und schreiben wir mal das Nette. Es ist eine vergangene Zeit, das spürt man deutlich, in der die Geschichte der drei jungen Russen spielt, die im Sommer 1990 gerade als 'jüdische' Russen in die letzten Zuckungen der DDR gerieten, da damals solche einwandern durften. Schlecht nur, daß der eine kein Jude war und nun rasch eine Frau sucht, die aus seinem Dreimonateaufenhthalt einen lebenslänglichen macht.

Die lebenslustigen, unzertrennlichen und voller Hoffnung auf 'Das bessere Leben' nach Berlin gekommenen echten und angeblichen Musiker sind Wladimir (der Autor, verkörpert von Matthias Schweighöfer), Mischa (Friedrich Mücke) und Andrej (Christian Friedel).Wie gut, daß Wladimir sich schnell in Olga (Peri Baumeister) verliebt, die weiß, wo es langgeht. Das versucht auch Regisseur Oliver Ziegenbalg in seinem zweiten Film. Aber eigentlich geht es gar nicht um die Handlung. Die ist mit: drei junge Russen mischen Berlin auf, eigentlich schon abgetan.

Tatsächlich ist das Atmosphärische am Film dasjenige, um das es geht und was auch rüberkommt, völlig unabhängig ob die Situation so flirrend war. Unsicher und im Fluß war sie auf jeden Fall und wenn die drei Russen nur etwas russischer gewesen wären, hätte es dem Film gut getan. Schweighöfer ist ein netter sympathischer Junge und es gibt in Rußland tatsächlich besonders viele blonde Menschen, nur sieht man Filme nicht mit dem Kopf, sondern auch mit dem Bauch und der hätte sich das Ganze eben etwas russischer gewünscht. Und Kaminer: der hat schon was. Nur nutzt sich alles Gute ab, wenn's zur Masche wird.



6 X VENEDIG



Das fanden wir spannend, wie durch die sechs Venezianer, die Carlo Mazzacurati in der Lagunenstadt porträtiert, unser eigenes Bild von Venedig, das wir durch viele Aufenthalte erlaufen hatten, ins Wanken geriet. Der Film hat aber nicht diese Absicht, sondern zeigt einfühlsam hintereinander sechs Menschen in Venedig, die auf die eine oder andere Weise auch mit den Touristen zu tun haben. Es geht aber um ihren Alltag in Venedig.





KING OF DEVIL'S ISLAND



Strafgefangenentragödie. Hier sind es Jugendliche, die Regisseur Marius Holst, in der einst wahren Geschichte auf einer Gefängnisinsel gegen die unzumutbaren Verhältnisse revoltieren läßt. Die Bilder im Film bestechen durch die Möglichkeit, die innere Starre der Situation durch Farbe auf die Leinwand zu bringen. Die Figuren sind sehr lebendig und eben keine abgestempelten Typen in einem Thriller, der dieser norwegische Film ist.





THE MUSIC NEVER STOPPED



Ein wunderbarer Film, der Mut macht und einfach auch für die schön anzusehen und anzuhören ist, die keine neurowissenschaftlichen Erkenntnisse nötig haben, um die heilende Kraft von Musik zu erkennen. Tatsächlich ist das auch ein Liebesfilm an die Musik, der als Ausgangspunkt eine Fallstudie des bekannten Neurologen und Buchautors Oliver Sacks aus dem Jahr 1977 hat, wo auf magische Weise die Musik ein Vater-Sohn-Drama löste. Wir erleben die Kombination des Genres Familienfilm mit der Dokumentation über neurowissenschaftliche Möglichkeiten.



Wladimir Kaminer, Russendisco , Goldmann Verlag