Zu OPERATION ZUCKER. JAGDGESELLSCHAFT in der ARD heute, Teil 1
Elke Eich
Berlin (Weltexpresso) – Nadja Uhl versucht als Polizistin Karin Wegemann heute Abend im Ersten Programm, den Kinderschändern das Handwerk zu legen. Schauen Sie hin! Denn zu viele schauen weg oder halten dies für ein kleineres gesellschaftliches Problem. Dabei hat es sogar zahlen- und leidensmäßig unvorstellbare Dimensionen. Elke Eich ist dem auf den Grund gegangen. Die Redaktion
Weltweit wird mit Kinderpornografie mittlerweile mehr Geld als mit Waffen verdient!
„Die Nachfrage nach Sex mit Kindern wächst ständig“
(UN-Sonderberichterstatterin über Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornographie,
Najat Maalla M’jid). Die Tendenz geht zu schwerer Gewalt, sogar gegen Kleinstkinder.
Von 2012 auf 2014 stieg der Besitz von Kinderpornografie um 27,9 Prozent. 51% der kinderpornografischen Webseiten zeigen Vergewaltigung und/oder Folter. Die polizeiliche “Operation Spade“ brachte 27 Millionen Minuten an Material von nackten Kindern und Missbrauchsabbildungen ans Licht.
2014 registrierte die Polizei in Deutschland 12.134 Fälle sexuellen Missbrauchs mit 14.168 kindlichen Opfern bis 14 Jahre (Dunkelziffer = 1 zu 5 BIS 1 zu 20)
Täglich werden 33 neue Fälle mit 38 neuen Opfern angezeigt
Die Zahl der Betroffenen von sexueller Gewalt unter 6 Jahren stieg 2014 um 35 Prozent.
KiPo (Kurzform für Konderpornografie) ist tatsächlich ein Breitenphänomen und keinesfalls eine Randerscheinung, “allenfalls“ praktiziert von den 1+ Prozent der Männer, die laut Statistik pädophil sind (= Deutschland ca. 250.000 bis 300.000 Männer von 18 und 75 Jahren).
Wichtig zu wissen: Bei 60 Prozent der wegen sexueller Übergriffe auf Kinder inhaftierten Männer lässt sich gar KEINE Pädophilie diagnostizieren. Die Experten sprechen in diesem Zusammenhang von Taten, die als “Ersatzhandlungen“ begangen werden.
Zum zweiten Mal konfrontiert das “Operation Zucker“-Team – wieder unter der Ägide des Bayerischen Rundfunks - im Teil “Jagdgesellschaft“ mit unsäglichem Kinderleid. Nadja Uhl steigt – alles auf Null - als Kommissarin Karin Wegemann wieder leidenschaftlich in die Fahndung ein, nachdem sie - am Ende ihres letzten Einsatzes seelisch völlig zerstört - drei Jahre lang dem Thema Kinderprostitution ausgewichen ist. Aufgrund von Hinweisen eines investigativen Journalisten auf ein KiPo-Netzwerk lässt sie sich nach Potsdam versetzen, wo sie von ihrem erst noch skeptischen Kollegen Ronald Krug (Mišel Matičevič) unterstützt wird.
In Phase Zwei von “Operation Zucker“ werden die Profile von Tätern und ihren Unterstützern gezeichnet, und es wird deutlich, wie virulent das Problem des organisierten Kinderprostitutionsverbrechens mitten in unserer deutschen Gesellschaft ist. Neben gekauften und hier missbrauchten Kindern aus osteuropäischen Ländern, wie z.B. Rumänien, werden routinemäßig auch deutsche Kinder, mit falschen Papieren ausgestattet, in Scheinfamilien wie kleine Sklaven gehalten, um sie für ihre Peiniger nach deren Gelüsten zur Verfügung zu stellen. Das Maß an Perversion und Perfidität dabei ist eklatant, und es ist der Regisseurin Sherry Hormann zu verdanken, das in aller Deutlichkeit und “zugespitzt“, wie Nadja Uhl es nennt, auf den TV-Bildschirm zu bringen.
Die Scheinverwandten aus “Jagdgesellschaft“ werden von Sebastian Hülk (Kai Voss) und Jördis Triebel (Helen Voss) dargestellt. Nichts ließe vermuten, dass dieser viel beschäftigte Potsdamer Bauunternehmer seine (angebliche) Nichte, zu Sexdiensten in einem Wald übergibt, nachdem sie von seiner Frau puppenhaft hübsch gekleidet und geschminkt wurde. Der Diskretion halber erfolgt der Transport im Kofferraum aus der Garage heraus. Am Ende steht ein Hoffnungsschimmer für die Ermittlung, doch was den Zuschauern bis dahin zugemutet wird, lässt den Atem stocken.
Drehbuchautorin Ina Jung, die auch als Dokumentarfilmerin tiefe Einblicke in die Szene hat, im Gespräch: „Es geht in diesem Milieu viel mehr um ritualisierte Gewalt als um Sexualität.“ Vor dem Hintergrund von puren Gewalt- und Unterwerfungsgelüsten und Ersatzhandlungs-Motivationen wird auch beunruhigend klar, dass wir viel mehr potentielle Akteure aus dem Pool verstörter Seelen auf dem KiPo-Schirm bzw. vor unseren wachsamen Augen haben müssen...
Info:
ARD: 19. Januar – Wiederholung von “Operation Zucker“ - 22:45 Uhr
Regie : Rainer Kaufmann
ARD: 20. Januar – “Operation Zucker. Jagdgesellschaft“ - 20:15 Uhr
Regie : Sherry Hormann
Während der Sendung : Livechat mit Experten und dem “Operation-Zucker“-Team vgl. nächster Artikel
20. Januar ab 21:45 Uhr: Diskussion zum Thema bei “Maischberger“
http://www.daserste.de/unterhaltung/film/themenabend-kinderhandel-und-missbrauch/talk/index.html
