Dokumentarfilm von Biene Pilavci (D 2012) am Dienstag, 3. Mai 2016 in der Naxoshalle
Eric Fischling
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Regisseurin Biene Pilavci berichtet die Geschichte ihrer Familie. Und das ist keine schöne Geschichte. Körperliche Gewalt und ein liebloser, respektloser Umgang miteinander bestimmen ihre Kindheit. Die Eltern kommen in den 1970er aus Mittelanatolien nach Deutschland und ziehen ihre fünf Kinder vor allem mit Schlägen groß.
„Alleine Tanzen“ bietet die seltene Gelegenheit, das komplexe Geschehen in einer Familie aus der Innenperspektive zu beobachten. Die Filmemacherin ist gleichzeitig eine der zentralen Figuren des Familiendramas. Aufgewachsen in einer kurdischen Migrantenfamilie, flieht sie mit 12 Jahren aus dem familiären Gewaltzusammenhang und wird in einem katholischen Heim groß.
Nach dem Studium an der Filmakademie kehrt sie zur Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte in die Familie zurück. Interviewt und porträtiert werden die Mutter und die Geschwister, die in Deutschland geblieben sind, und der Vater, der in die Türkei zurückgekehrt ist.
Schuld, Verrat, Verantwortung und Zerstörung sind die großen Themen dieses Films. Die ungewöhnliche Bildersprache ähnelt der eines Frontberichts, roh, gewalttätig, wild und die Zuschauer direkt anspringend. „Alleine Tanzen“ ist von einer Intensität, der man sich kaum entziehen kann. Eindringlicher zeigte selten ein autobiographischer Film die Lebensgeschichte einer jungen Frau aus der zweiten Migrantengeneration, geboren in Deutschland, konfrontiert mit elterlicher Gewalt und familiären Katastrophen. Biene Pilavci gewährt uns einen intimen Einblick in eine komplexe Familienstruktur.
Im Anschluss Filmgespräch mit Christa Wellershaus vom Frauenhaus Frankfurt.