Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. Mai 2016, Teil 3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – DER SWIMMINGPOOL konnte Regisseur Luca Guadagnino seinen Film nicht nennen, obwohl es ein Remake von und eine Hommage an den gleichnamigen Film von Jacques Derays aus dem Jahr 1969 mit Romy Schneider und Alain Delon ist. Und mit dem SWIMMING POOL von Francois Ozon aus dem Jahr 2003 hat dieser Film nichts zu tun.


A BIGGER SPLASH heißt ein Bild des englischen Malers  David Hockney, der, als er berühmt wurde, für Jahrzehnte nach Kalifornien ging und dort die Reichen und die Schönen in fast klinischen Bildern mit starken Farben malte, mitsamt ihrer Umgebung, wozu gehörte, daß Hockney eine unglaubliche Anzahl von häuslichen Schwimmbädern malte, die meist für sich alleine stehen. Sprang einer hinein ins Wasser, was im Bild nicht geschieht, dann spritzte es auf. Wir sehen also – sagt uns der Filmtitel -  nur diese Spritzer. Aber gewaltige. Und hier sehen wir zu, wie das Leben eine andere Richtung nimmt als geplant und wie sowohl das Schweigen wie auch das Reden die Stille in den Menschen, ihren inneren Stillstand ausdrücken können.

Nein, wir mögen diesen Film nicht, halten ihn für überspannt und überkandidelt, weil er einem dauernd von der Leinwand herab sagt, guck hin, wie kunstvoll ich bin, wie schräg ich mir diese Geschichte ausgedacht habe, wir interessant ich das bekannte Personal in andere Persönlichkeiten steckte – und vor allem, was für hervorragende Schauspieler!

Von vorne. Für Tilda Swinton schaue ich mir jeden Film an. Und deshalb tut auch der nicht verkehrt, der sich auch diesen Film im Kino anschaut. Sie spielt hier – älter als im Original – eine Frau, die als Rockstar berühmt wurde und nun nach einer Stimmbandoperation und nach dem Höhepunkt ihrer Karriere vorsichtig mit der Stimme sein muß, was ihr möglich macht, dies auch als Waffe einzusetzen, sich nämlich durch Schweigen aus allem herauszuziehen oder durch leises Krächzen besondere Aufmerksamkeit zu erringen.

Zusammen mit ihrem Liebsten seit fünf Jahren, dem Filmemacher Paul (Matthias Schoenaerts), macht Marianne (Tilda Swinton) Urlaub auf der kleinen feinen italienischen Insel Pantelleria. Sie brauchen die Auszeit vom Betrieb und brauchen die Inzeit für sich selber. Das legen die Szenen am Beginn nahe, wo wir das vorsichtige, aber zärtliche Miteinander begleiten. Und dann wird aus dem Vorsichtigen und Zärtlichen eine Lautheit, Extravertiertheit und Ruhmröhrerei, die einen Namen hat: Harry (Ralph Fiennes). Und nicht nur das, er hat gleich seine ihm nicht gut bekannte Tochter Penelope (Dakota Johnson), von der er erstjüngst erfuhr,  mitgebracht.

Platzt er unerwartet und ungewollt in die Idylle der beiden hinein, oder war da eine Einladung einmal ausgesprochen worden? Daß Paul und Marianne die Gäste nicht wirklich willkommen heißen, erleben wir mit, aber auch, wie man als guter Mensch von heute Freunde nicht hängen läßt und natürlich ihr Kommen mit einem Willkommen gleichsetzt. Harry, das bekommen wir sofort mit, ist ein Mann, der der Welt seinen Stempel aufdrückt. Er war der Impressario von Marianne, sie verdankt ihm viel, er ihr auch. Zudem waren sie vor Jahren ein Liebespaar.

Doch dann – wer mochte nicht mehr? Wie es aussieht Harry, den wir erleben ihn als den Macher, der die Welt sich zu Füßen legen will. Und jetzt? Jetzt möchte er Marianne wohl wieder zurückhaben, denn wie ein röhrender Hirsch oder auch ein freier Radikaler treibt er sein Wesen und Unwesen. Auf jeden Fall kennt er keine Stille. Wo er auftritt, schlägt er alles tot und wirbt um die Frau, die nicht mehr die seine ist.

Was wirklich in Marianne vorgeht, kann man nur aus ihrem Verhalten schließen, aber das ist immer wieder uneindeutig, auch dann, als sie sieht, daß ihr Paul den Reizen der jungen Penelope durchaus erliegen kann. Aus dem idyllischen ersehnten Urlaub ist das Gegenteil geworden: Streß.

Das alles ist so durchsichtig, daß man, auch wenn man nicht jede Szene vorausschaut, doch weiß, worauf alles hinausläuft. Wie mit dem Holzhammer und eine öde Gesellschaft dazu, die Dialoge und Gemeinheiten, die dann versteckt untergebracht werden. Da ist nichts von echter Tragik zu spüren, nur aufgesetztes und mehrfach gekautes Zeugs. Von der Desillusionierung gegenüber solchen Leuten, die in der Welt als reich und schön und berühmt gelten, aber selber Versager sind, muß man doch nicht mehr so sprechen, als ob das neu sei. Das ist doch ein alter Hut.

Was die Sache dann aber ärgerlich macht, ist, auf welcher Weise, nämlich Unweise, auf einmal der Urlaubsort in die derzeitige skandalöse Flüchtlingssituation im Süden Europas einbezogen wird. Fast überall, wo sich die Urlauber aufhalten, sind auf einmal Flüchtlinge zu sehen. Die haben weder eine dramaturgische, noch sonst irgendeine Funktion, weshalb einem das als billig aufstößt.