Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. April 2016, Teil 4

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wie sehr sich Filme auf das Erzählen nur einer Geschichte komprimieren müssen – warum eigentlich müssen, der deutsche Regisseur Tom Tykwer auf jeden Fall tut es – und welchen Verlust an erzählerischer Vielfalt das bedeutet, das macht einem erst der Roman, der dem Film zugrundeliegt, deutlich.

 

Dave Eggers auf jeden Fall hat ein so sehr viel farbigeres Buch geschrieben, als die etwas dürre Geschichte vom einst erfolgreichen und nun erfolglosen amerikanischen Geschäftsmann Alan Clay (Tom Hanks), der in der saudischen Wüste ein neues beruflichen Glück erwartet, das ihm zumindest genug Geld beschert, daß seine Tochter weiterstudieren kann, was er ihr für dieses Jahr versagen mußte. Versagen, richtig, er ist auch in der eigenen Wahrnehmung ein richtiger Versager. Saudi-Arabien soll's nun richten.

 

Das könnte doch spannend sein und zu Beginn glaubt man im Film auch noch an etwas Besonderes. Denn es ist einfach schräg, wie der ewig zerknitterte Tom Hanks nun im Hotel in Dschidda ständig seinen Chauffeur verschläft, der ihn in die saudische Wüste fahren soll, wo – echt komisch – ein virtuelles Hochleistungszentrum der Saudis entstanden ist, wo in diesen Tagen der König erwartet wird, weshalb laut amerikanischem Auftraggeber Clay mit diesem über die Anschaffung eines holografischen Telefonkonferenzsystems verhandeln soll, ach was, verhandeln, diesen dazu einfach motivieren muß, dies sofort für seine Machterhaltung in Saudi-Arabien zu kaufen. Um dies vorführen zu können, haben die Saudis den Amerikanern sogar ein riesenhaftes Zelt hingestellt, in dem man nun seit vielen vielen Tagen auf den W-Lan-Anschluß wartet. Warten auf Godot ist nichts dagegen.

 

Das, wie gesagt, ist erst mal witzig, aber dann passiert nichts. Nicht nur, daß der König nicht auftaucht, sondern auch die Geschichte nimmt keine Fahrt auf und das nun schon seit vielen Filmen bekannte Gesicht von Tom Hanks birgt keine Geheimnisse. Mitten hinein in die doch existentielle Situation kommen erst mal solche Scharmützel erotischer Art, ausgerechnet mit einer Dänin, wo es doch eigentlich um den Alkoholspiegel geht. Denn – und das glauben wir sofort – im streng muslimischen Land ist der Alkoholerwerb und -verzehr jederzeit möglich und das haben so inhaltlich ausgebrannte, längst inhaltliche leere Typen so an sich, daß sie im Alkohol Trost suchen – und ihn genau da nicht finden, sondern in der Abwärtsspirale versacken.

 

Leider wird dann im zweiten Teil des Films die Warten auf Godot Geschichte ins Private gewendet und das auf besonders seichte Art. Clay hat auf einmal Auswüchse auf der Haut, schrecklich sieht das auf und auch schrecklich, wie er dem zu Leibe rückt. Aber dann gerät er an die Ärztin – ach ja, auch in Saudi-Arabien gibt es studierte Frauen und erst recht die aus den Nachbarstaaten - , die ihn mehrfach behandelt. Sie kann ihn heilen, ihm vor allem die Angst nehmen vor Hautkrebs oder Ähnlichem und dann entführt sie ihn in das Anwesen am Meer, so schön, daß man sofort dort einziehen möchte, mit dem Blick aufs Meer. Im Kontext der Geschichte jedoch wird das zum reinen Kitsch und man ist entsetzt, wie billig diese doch interessant begonnene Erzählung ausgeht.

 

Ach so, der König kommt dann wirklich vorbei, aber da ist das Interesse des Zuschauers schon längst erlahmt.

 

 

 

Schade, denn Tom Tykwer hat einen Ruf zu verlieren und vielleicht sollte das als Übungsfeld dienen, denn Tykwer hat vor, den sehr viel bekannteren Eggers Roman THE CIRCLE zu verfilmen, in dem nun sehr viel Handlung zu erwarten ist.