Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 11. August 2016, Teil 10
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Clever gemacht, das muß man schon nach dem Lesen des vierten Bandes DAS BOURNE VERMÄCHTNIS zugestehen. Um diesen Bourne, der also der erste Nichtoriginale ist und erst nach dem Tod von Ludlum 2001 drei Jahre später erschien, dreht sich auch deshalb viel, weil es bisher bei fünf Filmen über Bourne der einzige ist, in dem nicht Matt Damon einen CIA-Agenten verkörpert.
Warum das so war, darüber gibt es unterschiedliche Gerüchte. Da heißt es einmal, der in den zwei Vorgängern (und jetzt im fünften Teil) erfolgreiche Regisseur Paul Greengrass - der übrigens mit Christopher Rouse auch das Drehbuch verfaßte, wobei es fein heißt: „nach Charakteren von Robert Ludlum“ - habe keine Zeit gehabt, weshalb dann Matt Damon nicht ein viertes Mal den Bourne spielen wollte, ein andermal wird gesagt, Matt Damon habe nicht mehr die für ihn ausgelutschte Figur spielen wollen, weshalb Greengrass auch nicht gewollt hätte – alles völlig unwichtig, denn im Film DAS BOURNE VERMÄCHTNIS von 2012 macht fünf Jahre nach dem BOURNE ULTIMATUM der neue CIA-Agent in Person des Jeremy Renner seine Sache richtig gut.
Es ist sogar so, wenn man - wie wir - mit ihm die Bournes zu entdecken beginnt, dann ist in seiner Figur und seiner Spielweise sehr viel mehr vom originalen Ludlum-Bourne enthalten als im typischen Amerikaner, wie ihn Matt Damon, ob er will oder nicht, einfach auf der Leinwand verkörpert. Doch eher bodenständig als elegant, doch eher mit Körpergewalt als mit Köpfchen. Integer und das Schwache und damit auch die Frauen schützend, sind sie beide. Von allen Bösen verfolgt auch.
Fangen wir mit dem vierten Film DAS BOURNE VERMÄCHTNIS an, der nichts, aber auch absolut nichts mit dem gleichlautenden vierten Band der Bournereihe zu tun hat. Vielleicht könnte man als einzigen Kieselstein entdecken, daß es in beiden Versionen um naturwissenschaftliche Forschung geht, also Mediziner und Forscher eine Rolle spielen, aber schon in der Richtung dieser Forschung geht es wieder auseinander: spannend im Film um die genetische Veränderung der CIA-Spione im Feldversuch durch verschiedene Pillen, spannend im Roman um die Entwicklung eines NX 20, der ein Diffusor ist, mit dem diese Biowaffe tödlich bei einer Umweltkonferenz der wichtigsten Staaten deren Präsidenten erledigen soll. Damit der Islam die Weltherrschaft antreten kann, übrigens. Wogegen Jason Bourne aufsteht, denn im Roman geht es um genau den guten alten Jason Bourne.
Aber wir wollten ja mit dem Film beginnen. Da ist die erste Wichtigkeit also: die Hauptfigur ist gar nicht Jason Bourne. Und er ist auch gar nicht der Linguistikprofessor David Webb an der Georgetown University. Wir haben es hier mit einer Nummer Fünf zu tun, die mal Aaron Cross, auch Kenneth James Kitsom heißt, und den wir ziemlich verwirrt hoch oben in Alaska antreffen, wo er über Stock und Stein, sprich Eisberge und vereiste Gipfel die Hütte erreicht, wo ihn Nummer Drei erwartet. Beide sind Teilnehmer eines geheimen Regierungsprojekts, in dem durch die Einnahme grüner und blauer Pillen die mentalen und körperlichen Fähigkeiten immens gesteigert werden sollen, was durch Blutproben jeweils überprüft wird.
Und nun kommt's. Die CIA steht unter Beschuß, weil ihre verdeckten Operationen BLACKBRIAR und TREADSTONE (siehe Vorgängerfilme) an die Öffentlichkeit gerieten und die gesamte Institution vor dem Abschuß steht, weshalb dieser Versuch mit den Pillen sofort beendet wird, um deren Ergebnisse nicht in den Orkus der gegenwärtigen Berichterstattung gelangen zu lassen, sondern ein späteres Mal neu anzufangen. Jedoch, wohin mit den Nummern, den Agenten, die die Pillen fressen, von denen wir ja zwei kennengelernt haben, die hinreißende Ärztin (Rachel Weisz) kommt erst später, dann aber gewaltig. Ganz klar: eliminieren, das heißt im Staatsauftrag entsorgen, ermorden. Und damit man sich nicht persönlich die Finger schmutzig machen muß, soll das eine Drohne besorgen, die nach Alaska geschickt wird. Unser Cross jedoch hat sie kommen hören, die Hütte verlassen, in der Nummer Drei nun ums Leben kommt, der Superagent aber weiterlebt, von dem aber die Oberen annehmen, er sei tot.
Im Wunsch, sowohl die Versuchspersonen wie auch das gesamte medizinische Labor, d.h. deren Personal auszulöschen, wird einer von ihnen angeheuert, die anderen umzulegen und nur diese sagenhafte Ärztin entgeht durch Glück und Köpfchen dem Massaker. Das bringt die CIA jetzt erst recht dazu, ihren Selbstmord zu inszenieren, der nur verhindert wird, weil jetzt die beiden Erzählstränge, die man erst mal nebeneinander verfolgte, zur eigentlichen Geschichte werden, wie nämlich Nummer Fünf und die Ärztin sich verbünden gegen die Mörderbande CIA und auch obsiegen.
Wie das das alles geschieht, zeigt der Film, der von Tony Gilroy gedreht wurde, der an den vorherigen Drehbüchern der drei ersten Filme mitschrieb. Noch einmal, hier spielt Jason Bourne keine Rolle, aber das ganze Ambiente ist einfach dasselbe und auch die Methode der Darstellung. Alles ist rasant, Frauen sind kämpfend einbezogen, wir sind auf der Seite der Guten, die Bösen sitzen an den Schaltstellen der Macht, in CIA und Politik, die Handlung spielt nicht allein in den USA, dort in Washington, sondern in den Zentren der Welt, diesmal vor allem auf dem asiatischen Kontinent, in Süd-Korea und auf den Philippinen. Der Film ist mit 135 Minuten eine volle Ladung. Forstetzung folgt.
Info:
Robert Ludlum, Eric Van Lustbader, Das Bourne Vermächtnis, Heyne Verlag
Das Bourne Vermächtnis, DVD, Universal, von Tony Gilroy, mit Jeremy Renner, Rachel Weisz, Albert Finnay u.a.