Hessischer Film- und Kinopreis am 21. Oktober in der Alten Oper, Teil 1

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Der Abend dauert alleine im Großen Saal der Alten Oper drei Stunden, so viel Preise werden verteilt, so viele Lobsprüche verkündet und vor allem so lange Dankesworte gesprochen. Das muß sein und sollte nicht der Zeit wegen in zwei Sätze münden. Lieber wollen wir die Moderatoren weniger hören. Dazu gibt es, diesmal mit Jasmin Tabatabei, Musik.

Sie tritt mit dem David Klein Quartett auf die Bühne, um zwischen den Preisvergaben Luft zu lassen, denn da kommt – mit Recht! - allerhand zusammen, was Preise verdient im Film- und Fernsehgeschäft, was auseinandergehalten wird und muß, auch wenn es viele Überlappungen gibt. Aber es gibt auch Ausgleiche. Denn beim Filmpreis werden wie im Fernsehen die besten Filme prämiert, aber für die männlichen und weiblichen Schauspieler gibt es allein Fernsehpreise. Dies als Beispiel. Mehr in Folge.

Heute geht es um den Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten, der zwar undotiert, dennoch ehrenhalber viel wert ist und seit dem Jahr 2003 verliehen wird, wo ihn Rosemarie Fendel aus den Händen des damaligen Ministerpräsidenten Roland Koch entgegennahm. Der Ehrenpreis soll besondere Leistungen im Film- und Fernsehbereich würdigen. Nachdem Volker Bouffier, nun schon ein paar Jahre im Amt, zuerst das fortsetzte, was sein Vorgänger tat, nämlich die Garde der deutschen Schauspielerinnen zu benennen, von Senta Berger, Monica Bleibtreu, Hannelore Elsner, Hannelore Hoger, bis Iris Berben, die 2014 ausgezeichnet wurde, gab es im letzten Jahr mit Michael Gwisdek einen männlichen älteren Schauspieler. Daß es nicht die ganz Jungen sind, die Ehrenpreise erhalten, liegt im Sinn der Sache, denn auch, wenn nicht vom Lebenswerk gesprochen wird, das sich sowieso noch fortsetzt, wird doch mit dem Preis auch die Kontinuität auf hohem Niveau prämiert.

In diesem Jahr gilt die Ehre also erneut einem Mann, Klaus Maria Brandauer aus Österreich. Der 73jährige steht nun wirklich für das Gesamtpaket Film und auch Theater, denn er ist nicht nur ein internationaler Schauspieler, der in Hollywood  für die Rolle des Bror Blixen Finecke in JENSEITS VON AFRIKA den Golden Globe und eine Oscarnominierung zu Ehren kam, sondern auch als Regisseur und vor allem auf den Theaterbühnen Triumphe feierte und feiert. Überlegt man kurz, erkennt man, daß er die in die Fußstapfen von Maximilian Schell (offiziell Schweizer)  trat und im Moment der wendige Christoph Waltz  in die seinen.

International bekannt wurde Brandauer im Jahr 1981 in der Rolle des Hendrik Höfgen in der Verfilmung des Klaus-Mann-Buches „Mephisto“ unter der Regie von István Szabó. Dieser und zwei weitere Filme unter der Leitung von Szabó mit Brandauer als Darsteller, nämlich „Oberst Redl“ und „Hanussen“, wurden für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert. „Mephisto“ wurde mit dem Oscar ausgezeichnet.

Darüber hinaus ist vielen Kinobesuchern Klaus Maria Brandauer in seiner Rolle des Maximilian Largo als Gegenspieler von Sean Connery im James-Bond-Film „Sag niemals nie“ aus dem Jahr 1983 bekannt.

Sein Privatleben ist weniger bekannt, was aber ganz und gar nicht für die Steiermark gilt, dort, wo sie an Oberösterreich grenzt, beides Teil des Salzkammerguts. Immerhin wurde Brandauer als Klaus Georg Steng am 22. Juni 1934 in Bad Aussee geboren. Wem das wenig sagt, dem ist weiterzusagen, daß das Ausseerland auf der anderen Seite des Hohen Sarstein liegt, dem Berg, hinter dem der Hallstättersee liegt, an dem die Stadt Hallstatt wiederum sich dem Berg anschmiegt, in dem das größte Salzbergwerk lag, weshalb der Funde aus der Eisenzeit wegen diese Hallstattzeit heißt. Die Verbindung zwischen den beiden Salzstädtenliegt einfach darin, daß sich heute das größte Salzbergwerk Österreichs in Bad Aussee befindet.

Der in Bad Aussee geborene Brandauer selbst ist aber, nachdem er auch weithin in Wien, Berlin oder New York zu Hause ist, am allermeisten Altausseer. Denn das verwechseln gerne die Fremden, aber kein Einheimischer. Und welche emotionalen und ästhetischen Empfinden allein beim Benennen dieses Ortes mitschwingen, könnte wohl keiner so gut erzählen wie Klaus Maria Brandauer, weil dort die Wurzeln seines Könnens und auch seiner Motivation liegen. Dieser Ort am gleichnamigen Altausseer See ist so schön, daß schon im 19. Jahrhundert die Maler reihenweise von hier aus den Dachstein oder die Trisselwand vom Toten Gebirge malten. Aber auch die Dichter fanden sich ein. Hugo von Hofmannsthal, Jakob Wassermann, Friedrich Torberg, Herrmann Bahr, Felix Salten und viele mehr.

Karin Brandauer, die 1992 verstorbene Ehefrau des Künstlers, stammt aus Altaussee  und so wurde dieser Ort zur Heimat von beiden. Längst ist Klaus Maria dort Ehrenbürger und bringt als Vorsitzender des Vereins POESIE IM AUSSEERLAND Kulturprojekte in der Region zum Blühen. Sicher sieht er dort häufiger auch Hans Neuenfels und Elisabeth Trissenaar und auf jeden Fall die österreichische Schriftstellerin Barbara Frischmuth, die dort geboren und lebend sogar das Literaturmuseum leitet.

Bei einem Besuch des Friedhofs, wo viele Prominente liegen und eben auch der heute so vergessene Jakob Wassermann, haben wir vor vielen Jahren Klaus Maria Brandauer gesehen, aber ein Ensemblemitglied und Regisseur des Wiener Burgtheaters spricht man nicht so einfach an. Dachten wir damals. Lange ist es her. Damals gab es auch sehr prominent diese weltweiten Fortbildungsveranstaltungen für Psychoanalytiker, die noch heute diesen kleinen wunderschönen Ort in der ganzen Welt bekannt machen.

Eine andere Prominenz, auf die wir jetzt nicht weiter eingehen wollen, ist die der NS-Zeit und vor allem zu Kriegsende, wo Ende April Ernst Kaltenbrunner, Chef des Reichsicherheitshauptamtes, sein Hauptquatier von Berlin nach Altaussee verlegte. Wirklich. Dorthin flohen dann auch Adolf Eichmann und andere KZ-Verbrecher. Als die Amerikaner am 8. Mai 1945 nach Altaussee kamen, entdeckten sie auch das seit 1943 bestückte Salzbergwerk, das die Nazis als Depot für ihre aus ganz Europa  zusammengeraffte Raubkunst nutzten. Der gesamte Bestand war für das sogenannte Führermuseum in Linz gehortet und sollte dorthin transportiert werden. Über den sensationellen Fund der Amerikaner gab es vor eineinhalb Jahren den Film MONUMENTS MEN mit George Clooney, der auch dort gedreht wurde. Das Ausseerland ist zudem Hintergrund im James Bond Film SPECTRE.

Was das alles mit Brandauer zu tun hat? Sehr viel, sogar das Entscheidende. Denn Klaus Maria Brandauer vereinigt in seiner Person etwas ganz Seltenes: er ist von einer Bodenständigkeit, die ihresgleichen sucht und gleichzeitig ein Grandseigneur der großen weiten Welt. Er ist auf den Leinwänden und Bühnen der ganzen Welt zu Hause und von einer Weltläufigkeit, wie wenige aus dem Filmgeschäft, denn die amerikanischen und auch die sonstigen englischsprachigen Schauspieler profitieren davon, daß das Weltfilmgeschäft ein amerikanisches ist. Da ist es leicht, ein internationaler Star zu sein, weil das Nationale mit dem Internationalen zusammenfällt. Aber ein Klaus Maria Brandauer, der in Bad Aussee geboren ist, in Wien, Berlin und der weiten Welt ein Star ist, aber im beschaulichen Altaussee seinen familiären Mittelpunkt hat und dort ein Mitbürger ist, der ist etwas ganz Besonderes.
Seit dem Jahr 1972 ist Brandauer zudem Ensemblemitglied und Regisseur am Wiener Burgtheater. Er lehrt als Professor am Max-Reinhardt-Seminar in Wien und ist auch Vorsitzender des Vereins „Poesie im Ausseerland“, seiner Geburts- und Wohnregion, wo er jeden Sommer Kulturprojekte realisiert, u.a. mit Studenten des Wiener Max-Reinhardt-Seminars den „Sommernachtstraum“ von William Shakespeare.Wir können dies nur kurz ansprechen, denn es gäbe über seine Arbeit in allen Sparten viel zu sagen.

Hören wir, was der Hessische Ministerpräsident, der ihn ausgewählt hat, zu ihm zu sagen hat. Seine Entscheidung begründete Volker Bouffier wie folgt: „Klaus Maria Brandauer ist einer der herausragenden deutschsprachigen Theater- und Filmschauspieler der letzten 35 Jahre. Er nennt eine erstaunliche schauspielerische Vielfalt sein eigen, die er mit einer einnehmenden Präsenz verknüpft, mit der er sein internationales Publikum begeistert. Bereits ein Gigant an seiner künstlerischen Heimat, dem Wiener Burgtheater, drückt er mit „Mephisto“ über Nacht auch dem Kino seinen Stempel auf und bringt so Nicht-Theatergänger in den Genuß seiner überwältigenden Kunst. Große internationale Rollen folgen, doch Brandauer zieht es immer wieder zum Theater - als Schauspieler aber auch als Regisseur. Nicht zu vergessen seine Inszenierungen von Berthold Brechts „Dreigroschenoper" oder Richard Wagners Oper „Lohengrin". Klaus Maria Brandauer hat ein Gesamtkunstwerk geschaffen, vor dem ich mich zutiefst verneige.“

Freuen wir uns auf die Preisvergabe am 21. Oktober in der Alten Oper, wo der Hessische Film- und Kinopreis in allen Sparten verliehen wird.

 

Foto: Klaus Maria Brandauer (c) diepresse.com

Info:
Der Hessische Rundfunk strahlt am Sonntag, dem 23. Oktober 2016 um 18:30 Uhr eine
30-minütige Sondersendung mit dem Titel „Die hessischen Oscars - der Hessische Film- und Kinopreis 2016“ aus.
Aktuelle Informationen zum Hessischen Filmpreis unter www.hessischer-filmpreis.de

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