Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. November 2016, Teil 4
Eric Fischling
Berlin (Weltexpresso) – Literaturverfilmungen sind angesagt. Aber das ist ja auch verständlich, denn warum sollte man Geschichten neu erfinden, die schon in Worten wiedergegeben veröffentlicht sind. Natürlich kommt das Problem hinzu, daß ein Roman noch kein Drehbuch ist, das Dialoge voraussetzt. Aber in dieser Verfilmung geht alles harmonisch auf.
Es geht um das gleichnamige Buch von Andreas Steinhöfel, der durch die Reihe Rico, Oskar und....ein erfolgreicher und bekannter Schriftsteller wurde. Jakob M. Erwa hat mit viel Einfühlung die Frage nach der Mitte der Welt als filmische Antwort formuliert. Natürlich ist die Mitte der Welt niemals identisch, sondern ändert sich für jeden und als Filmheld Phil (Louis Hofmann) seine alleinerziehende Mutter Glass danach fragt, antwortet die in Worten: „„Die Mitte der Welt ist für jeden woanders, je nachdem, wo man steht.“
Und Glass steht immer irgendwo anders. Als sie 18 Jahre alt war, kam sie schwanger aus den USA nach Deutschland und blieb hier. Phil ist nicht alleine, sondern hat seine Zwillingsschwester Dianne (Ada Philine Stappenbeck),mit der zusammen er das chaotische Leben der Mutter und ihrer wechselnden Männerbekanntschaften erlebt hat und nun 17jährig für normal hält, was um ihn herum passiert. Doch dann, als er von einem Feriencamp nach Hause kommt, ist das Dorf verwüstet. Seine Schwester verstummt der Mutter gegenüber, aber das alles ist nichts gegenüber dem Gefühl, das in ihm erwächst, als er den neuen Mitschüler Nicholas (Jannik Schümann) kennenlernt und sich in ihn verliebt. Auch die Gegenreden seiner guten Freundin Kat (Svenja Jung) kann daran nichts ändern: er ist schwul.
Doch, das ist kein Problem. Für niemanden. Leicht kommt daher, was andere in Schwierigkeiten stürzt. Doch Schwierigkeiten anderer Art folgen hier auch und es zeigt sich, daß das familiäre Leben nicht so locker ist, wie es schien. Und daß da im Inneren ein Geheimnis wuchert... Auf jeden Fall gelingt es dem Regisseur, die Situation des Jungen in wunderbaren Bilderfindungen wiederzugeben und uns mit dem siebten und achten Sinn zu begaben. Dann ist da noch der Gegenwärtige, also der Lebensabschnittsfährte der Mutter, der für eine Wirklichkeit einsteht und sich von den Abwehrgesten von Glass nicht abhalten läßt, Familie zu sein. Und wie war das mit der Mitte der Welt. Eben. Die ändert sich, aber Hauptsache, man selber hat sich dabei nicht verloren, sondern gefunden.