29. Europäischer Filmpreis 2016 in Breslau, Teil 1/2

Romana Reich

Berlin (Weltexpresso) – Das hat dem deutschen Film gut getan, dieser Preissegen aus Breslau. Und es hat auch dem neuen deutschen Fräuleinwunder gutgetan, denn mit Maren Ade hat erstmals eine Frau den den Europäischen Regiepreis gewonnen – und sie ist in Deutschland 'nur' eine von vielen, so erfolgreichen jungen Regisseurinnen.


Der Europäische Filmpreis ist ein paneuropäischer Filmpreis, der seit 1988 von der Europäischen Filmakademie (EFA) verliehen wird und eindeutig die Dominanz von Hollywood auf den Leinwänden der Welt verkleinern will. Diese 'europäische Oscars' genannten Preise wurden am 10. Dezember in Breslau verliehen, wobei jedes Jahr ein anderes Land dran ist. Und Breslau, das Nationalen Forum für Musik in Wrocław, war der Austragungsort bei der 29. Verleihung, weil diese schöne Stadt eine der beiden diesjährigen Kulturstädte Europas ist.

Als bester Film wurde TONI ERDMANN ausgezeichnet, der fünffach nominiert war und in allen  fünf Kategorien gewann, was es wohl noch nie gab: Film, Regie, Drehbuch, männlicher und weiblicher Hauptdarsteller. Ein Triumph für Maren Ade, deren Film als bester ausgezeichnet, nun für sie auch noch den Regie- und den Drehbuchpreis gewann. Ihre beiden Hauptdarsteller, Sandra Hüller und Peter Simonischek, erhielten die Darstellerpreise.

Der Film ist wirklich etwas Besonderes, aber hierbei ist nun wiederum das Besondere, daß eine Filmakademie das auch merkt. Denn in Cannes war das nicht so und man kann richtigerweise sagen, daß nun Breslau die eindeutige Antwort der Filmwelt auf Cannes 2016 war.

Damit man aber die künstlerische Ehre auf allen Feldern wirklich einschätzen kann, muß man sich die Konkurrenten ansehen. Auf der Ebene FILM waren das ELLE von Paul Verhoeven, der noch nicht in deutschen Kinos läuft. ICH, DANIEL BLAKE, ein sehr eindringlicher Film von Ken Loach, der schon angelaufen ist, JULIETA von Pedro Almodóvar, ein richtig guter Film, und RAUM von Lenny Abrahamson, ebenfalls ein sehr guter eindrückliche Film, der um das Eingesperrtsein von Mutter mit ihrem Kind in einer Garage, einem Leben zu zweit auf 9 Quadratmetern und ihre Selbstbefreiung geht.

Auch bei den Nominierten für die Regiepreise waren Ken Loach, Paul Verhoeven und Pedro Almodóvar dabei. Und bei den Darstellern standen Hugh Grant, Burghart Klaußner, Rolf Lassgård und Javier Cámara in Konkurrenz. Bei den Frauen Valeria Bruni Tedeschi für die ÜBERGLÜCKLICHEN, Isabelle Huppert für ELLE u.a.

Diese Preisvergaben sind tatsächlich ein großer Erfolg für den deutschen Film, der in den letzten Jahren sehr abgemeiert worden war.


Als Moderator führte der polnische Schauspieler Maciej Stuhr durch die Verleihung.

Die russische politische Aktivistin und Peformancekünstlerin Marija Aljochina erinnerte während der Verleihung an den ukrainischen Filmemacher Oleh Senzow und verlas eine Nachricht von ihm. Senzow war 2015 in Russland wegen Terrorismusverdacht zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.



Bester europäischer Film

präsentiert von Cécile de France

Toni Erdmann – Regie: Maren Ade

    Elle – Regie: Paul Verhoeven
    Ich, Daniel Blake (I, Daniel Blake) – Regie: Ken Loach
    Julieta – Regie: Pedro Almodóvar
    Raum (Room) – Regie: Lenny Abrahamson

Beste europäische Komödie

präsentiert von Tom Wlaschiha

Ein Mann namens Ove (En man som heter Ove) – Regie: Hannes Holm

    Er ist wieder da – Regie: David Wnendt
    Unterwegs mit Jacqueline (La Vache) – Regie: Mohamed Hamidi

Beste Regie

präsentiert von Daniel Olbrychski

Maren Ade – Toni Erdmann

    Pedro Almodóvar – Julieta
    Ken Loach – Ich, Daniel Blake (I, Daniel Blake)
    Cristian Mungiu – Bacalaureat
    Paul Verhoeven – Elle

Beste Darstellerin

präsentiert von Veerle Baetens und Liam Cunningham

Sandra Hüller – Toni Erdmann

    Valeria Bruni Tedeschi – Die Überglücklichen (La Pazza Gioia)
    Trine Dyrholm – Die Kommune (Kollektivet)
    Isabelle Huppert – Elle
    Emma Suárez und Adriana Ugarte – Julieta

Bester Darsteller

präsentiert von Veerle Baetens und Liam Cunningham

Peter Simonischek – Toni Erdmann

    Javier Cámara – Freunde fürs Leben (Truman)
    Hugh Grant – Florence Foster Jenkins
    Dave Johns – Ich, Daniel Blake (I, Daniel Blake)
    Burghart Klaußner – Der Staat gegen Fritz Bauer
    Rolf Lassgård – Ein Mann namens Ove (En man som heter Ove)

 

Foto: Maren Ade