Streiflichter im FORUM der BERLINALE
Rita Kratzenberg
Berlin (Weltexpresso) - Das Berlinale Forum, mit vollem Namen "Internationales Forum des Jungen Films", ist eine Veranstaltung des Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V. im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele Berlin.
Es ist die risikofreudigste Sektion der Berlinale. Der Anspruch dieser Reihe ist es, experimentelle und avantgardistische Filme sowie politische Dokumentationen zu zeigen. Im Hauptprogramm des Forums wurden in diesem Jahr 17 Filme gezeigt.
Eine kleine Auswahl:
"El mar nos mira de lejos" (Schöne Bilder) von Manuel Muñoz Rivas zeigt in dokumentarischer Form die Menschen in der Nähe der spanischen Stadt Tartessos. Das Überbleibsel eines Königreiches bzw. einer Hafenstadt an der Südküste der Iberischen Halbinsel liegt an der Mündung des Flusses Guadalquivir, westlich der Straße von Gibraltar, mit einer riesigen vorgelagerten Düne. In der Antike war sie für ihren außergewöhnlichen Metallreichtum bekannt. Der Film erzählt von Einzelgängern, die Pinienzapfen für den Ofen der Strandhütte sammeln, von Fischern auf See und dem ewigen Wegschaufeln des Sandes.
Den Film könnte man wohlwollend als meditativ mit schönen Bildern einer Dünenlandschaft beschreiben. Die Bilder werden kommentiert durch eine monotonische Stimme aus dem Off, die verschiedenen Handlungsstränge ohne erkennbaren Zusammenhang miteinander verknüpfen soll.
"At Elske Pia" (Loving Pia) von Daniel Borgman war der dänische Forumsbeitrag, der, ebenfalls in dokumentarischer Form, das Leben der 60-jährige geistig beeinträchtigten Pia zeigt. Die Tage kommen und gehen. Pia macht Gymnastik und Strandspaziergänge, liest Bücher, besucht eine Tageseinrichtung in der Stadt und kümmert sich liebevoll um ihre Gans Lola. Die Gespräche mit der Mutter kreisen um die Zukunft – wie und wo kann Pia wohnen, wenn ihre Mutter nicht mehr lebt? Eines Tages begegnet Pia am Hafen Jens. Leider vergehen ca. 30 Minuten bis die unkonventionelle und zeitweise skurrile Paarbeziehung entsteht. Die Einschränkung der Hauptdarstellerin scheint autistisch zu sein. Inwieweit sie ihr Leben wahrnimmt und welche Gedanken sie hat, kann der Film nicht vermitteln. Wohl aber ihre Lebensfreude und Spaß an Bewegung. Auch Jens bekommt dies zu spüren, als sie mit beiden Füßen auf seinem Rücken herumstampft.
"Casting" von Nicolas Wackerbarth, der deutsche Forumsbeitrag, ist eine Fernsehproduktion des Südwestrundfunks. Sie wurde von Harald Martenstein in seiner wie immer sehr amüsanten "Tagesspiegel"-Glosse empfohlen. Wenn man nur einen Film auf der Berlinale sehen könne, solle man diesen auswählen, schrieb er. Von da an war "Casting" kein Geheimtipp mehr. Die Film-im-Film-Geschichte handelt von einer Dokumentarfilmerin, die sich an einem Remake von Fassbinders "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" versucht. In der mitreißenden Tragikomödie, die selbst ein intelligentes Remake des Fassbinder-Werkes geworden ist, kann man beobachten, wie Macht, Leidenschaft und Trostlosigkeit menschliche Beziehungen belasten, insbesondere wenn es sich um die von Schauspielern handelt. Mit hintergründigem Humor werden die Kräfteverhältnisse und Abhängigkeiten in der deutschen Fernsehbranche dargestellt. "Casting" ist tatsächlich ein großer Wurf.
Foto: (c) berlinale.de