„Der Staat gegen Fritz Bauer“ in Sondervorführung mit Publikumsgespräch im Frankfurter Cinema am 12. März um 11.30 Uhr, Teil 1: Vorbericht

 



Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Sie haben es so gut gemeint, die Mitglieder der SPD-Westend, die in Kooperation mit dem Fritz Bauer Institut und dem Cinema-Kino Frankfurt diesen Film von Lars Kraume am Sonntagvormittag zeigen, mit anschließendem Publikumsgespräch mit Werner Konitzer, vorübergehend Direktor des Fritz Bauer Instituts.


„Aus Anlaß der Enthüllung einer Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus von Fritz Bauer in der Feldbergstraße 48 am 10. März 2017, zeigen wir noch einmal den Film ‚Der Staat gegen Fritz Bauer‘ von Lars Kraume.“, schreibt Hermann-Josef Birk (SPD), Stellvertretender Ortsvereinsvorsitzender der SPD-Westend, des Stadtteils, in dem Fritz Bauer von 1957 bis zu seinem Tod am 1. Juli 1968 wohnte. Birk ist zu verdanken, daß das schon vor vielen Jahren geforderte Gedenken an Fritz Bauer an seinem Wohnsitz nun endlich umgesetzt wurde. Entscheidend dabei ist nicht allein die Tafel, sondern, daß sie einen Text enthält, der in den Jahren des Wirkens des sozialdemokratischen Juristen Fritz Bauer seine Gegner zur Weißglut getrieben hätte. Eine späte Genugtuung und in zwei Artikeln zur Enthüllung in Weltexpresso wiedergegeben.

Wenn wir uns zum morgen vorgeführten Film zurückhaltend äußern, hat das mit einem inneren Konflikt zu tun. Auf der einen Seite sind diejenigen, die Fritz Bauer als einen entschiedenen Demokraten ansehen, dem in der Bundesrepublik Unrecht geschah, wozu auch sein Vergessen gehört, froh, wenn er nun wieder eine öffentliche Figur bundesrepublikanischer Geschichte wird. Also auch froh, wenn das Gedenken und Erinnern seiner gesellschaftlichen Leistungen in Form von Spielfilmen geschieht. Ob nun Personen der Zeitgeschichte in fiktiven Geschichten eine andere Persönlichkeit, auch andere Vita erhalten dürfen, als im wirklichen Leben, ist eine grundsätzliche Streitfrage, die sicher nicht pauschal zu entscheiden ist, sondern von Fall zu Fall. Denn selbstverständlich müssen Spielfilme fiktive Elemente enthalten, ein Leben auch interpretieren dürfen, andernfalls wären sie Dokumentarfilme, die in Deutschland nicht so beliebt sind, international aber im Kommen sind.

Nun gibt es mit dem auf der Berlinale 2010 in Weltpremiere aufgeführten FRITZ BAUER – TOD AUF RATEN  - www.fritz-bauer-film.de – von Ilona Ziok einen anerkannten, mit „sehr gut“ prämierten und international sehr erfolgreichen Dokumentarfilm, der die politische Figur Fritz Bauer genauso zeigt, wie seine menschliche Dimension – dies alles in Originalaufnahmen oder Aussagen von Zeitzeugen, die für sich stehen, weil der Film keinen Kommentar aus dem Off bringt, der die Zuschauer beeinflußen könnte. Was spräche dagegen, daß Spielfilme das Bild erweitern? Grundsätzlich erst einmal nichts. Es fällt nur auf, daß das Fritz Bauer Institut diesen Dokumentarfilm von Beginn an geradezu verfolgt hat, verschwiegen und seine Aufführung sogar verhindert hat, wie gerade die von der ARD geplante Ausstrahlung. Das muß endlich mal an die Öffentlichkeit.

Nachdem das Fritz Bauer Institut einen weiteren Dokumentarfilm über Fritz Bauer im ZDF initiiert hatte, der aber weiter keine Bedeutung gewann, hat es die inzwischen drei Spielfilme - zwei Kinofilme und einen Fernsehfilm - mehr oder weniger ‚beraten‘. Das Beraten unternahm jeweils der damalige Archivar Werner Renz, der inzwischen in Rente ist und nun Zeit hat, die 2014 konzipierte Ausstellung über Fritz Bauer im Land herumzureichen und zu interpretieren. Da er dies aber im Namen des Instituts unternahm und unternimmt, muß auch das Institut dafür geradestehen.

Und das gilt am stärksten für DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER, wo aus dem Sozialdemokraten Fritz Bauer der jüdische Staatsanwalt wurde, zudem schwul. Das ist so lächerlich wie falsch wie gemein, weil es die politische Widerstandskraft von Fritz Bauer und seine Kraft und seinen politischen Willen, ein demokratisches Deutschland zu bewirken, das seiner Vergangenheit ins Auge schaut und für das Morgen lernt, die Karikatur eines abgewirtschafteten und persönlich gekränkten Bauer entgegensetzt.

Warum das geschieht, warum die Leitungen des Fritz Bauer Instituts einem Mitarbeiter eine derartige Geschichtsklitterung erlauben, muß an anderer Stelle ausgetragen werden. Weltexpresso hatte auf jeden Fall in einem Artikel in der Frankfurter Lehrerzeitung im Jahr 2016 das nach Adorno  entscheidende erkenntnisleitende Interesse für Handeln gefunden und mit Erlaubnis diesen Artikel abgedruckt:

https://weltexpresso.de/index.php/kino/6932-kampf-um-die-deutungshoheit


So schlicht ist es, es geht wirklich um die jahrelang vom Fritz Bauer Institut vernachlässigte Deutungshoheit zur Person des Fritz Bauer. Statt über den Film von Ilona Ziok froh zu sein, konnte das Institut wohl den sozialdemokratischen Fritz Bauer nicht stehen lassen und mußte als eigene Deutung den ‚jüdischen Staatsanwalt‘ und schwul dazu erfinden und in Spielfilmen zu verbreiten helfen.

Daß das Methode hat, zeigt auch, daß das Fritz Bauer Institut seiner einstigen Stellvertretenden Leiterin Irmtrud Wojak  mit ihrer anerkannten großen Biographie über Fritz Bauer eine journalistisch populär geschriebene Lebensgeschichte entgegensetzte, in der – welch Wunder – nun auch der sozialdemokratische politische Bauer zugunsten eines ‚jüdischen‘ und schwulen Bauers zurückentwickelt wird. Das passe doch so gut, Bauer als Opfer: sozialdemokratisch, jüdisch und schwul, hatte Jutta Ebeling (Die Grünen) , die Vorsitzende des Fritz Bauer Förderkreises, tatsächlich öffentlich geäußert. Daß Fritz Bauer für politische Strategien herhalten muß, Minderheiten gesellschaftlich hoffähig zu machen, ist schon allerhand. Und erst dadurch wird Bauer zum Opfer durch die, die doch in seinem Namen sprechen. Irrsinn.

Übrigens, aber dazu muß man die korrekte Biographie eben lesen: Bauer sagte immer süffisant, Jude sei er nur im Sinne der Nürnberger Rassegesetze. Er war bekennender Agnostiker, kannte noch nicht mal jüdische Kultur, geschweige denn jüdische Feiertage, war nicht beschnitten, also keine Jude. Daß er nun zwangsweise zum Juden erklärt wird, der er für sich nicht war, wird keinen Bestand haben. Es sieht ganz so aus, als ob der politische, der sozialdemokratische Fritz Bauer wieder Aufwind erhält. Die gerade enthüllte Gedenktafel und ihr Text lassen hoffen.

Initiator Hermann-Josef Birk (SPD) hat seinen Ausführungen in der Einladung zur Sonntagsmatinee vorangestellt:
ERINNERN, UM NIEMALS ZU VERGESSEN!
Das ist das Movens von Fritz Bauer.

Foto: Ein tolles Plakat, ein tolles Bild. Allerdings ähnelt der Abgebildete eher einem österreichischen Krampus, der in der Hölle schmort denn dem Hessischen Generalsstaatsanwalt Fritz Bauer (c) Filmverleih