DIE DASSLERS - Pioniere, Brüder und Rivalen, heute  und morgen in der ARD , Teil 4/4

Elke Eich

Berlin (Weltexpresso) - Elke Eich: Sie sprachen vorhin an, dass Rudi Dassler neben all der Eloquenz und Extrovertiertheit unter großen Ängsten litt. Christian Friedel erzählte mir vorhin, dass Sie beide gerne Ihre Figuren psychologisieren. Welche Gedanken habe Sie sich zu dieser Brüderkonstellation und der eskalierenden Entwicklung gemacht?


Hanno Koffler: Was ich wahnsinnig mag an der Art, wie wir das erzählt haben, ist, dass viele Sachen nicht auserzählt werden. Dass Vieles auch tatsächlich nicht erklärt wird, finde ich ganz toll. Susanne Hildebrandt und die Produktionsfirma haben ja beim Münchner Filmfest auch schon einen Preis für den Film bekommen, u.a. auch, weil er wahnsinnig gut recherchiert war. Überall dort, wo die Meinungen auseinander gingen– wie z.B. zur Frage, ob denn der Rudolf Dassler wirklich eine Affäre mit der Frau von seinem Bruder hatte - lässt man das so im Raum stehen. Weil man es ja auch nicht wirklich weiß! Und es wäre ja eigentlich auch eine Frechheit, es einseitig darzustellen. Aber vorstellen kann man es sich irgendwie bei so einem Typen. Und vielleicht reicht auch schon die bloße Vorstellung aus, um in den Brüdern was so stark zu triggern, dass ein Konflikt entsteht und man dann lieber auseinandergeht.

Auch die Situation, dass Rudolf eingezogen wird und Adolf zuhause bleibt. Es ist auch nicht ganz klar, was zwischen den Beiden im Briefkontakt stattgefunden hat. Es gab Briefkontakt zwischen den Beiden, in dem sie sich auch zerstritten haben. Der Adolf Dassler hat ohne seinen Bruder Entscheidungen getroffen, die Rudolf – obwohl er abwesend war – versucht hat, wieder zu korrigieren. Und Rudolf hat Adi beschimpft, dass es falsche Entscheidungen waren. Da gab es auch Konflikte, die wir jetzt so nicht auserzählt haben, weil wir nicht immer zu viel erklären wollten. Wir fanden zudem, dass das Spannende und das Einzigartige auch darin besteht, uns auf keine Seite zu schlagen und eher Fragen dazu zu provozieren, wie es dazu kommen kann. Dadurch wird Alles auch noch berührender und fast noch dramatischer.


EE: Die Geschichte wird in einem Zweiteiler von insgesamt 180 Minuten erzählt. Sie hätte aber Stoff für ein längeres Format abgegeben. In welche Nischen hätten Sie in dem Fall gerne noch mehr Licht reingebracht.

Hanno Koffler: Das ist eine ganz gute Frage. Ich finde, dass das gewählte Format für diese Zeitspanne schon toll gewesen ist. Aber mit mehr Zeit wäre ich gerne in diesen Charakter von Rudolf Dassler im Austausch mit seiner Frau Friedl noch tiefer reingegangen, überhaupt noch tiefer in diese einzelnen Familienkonstellationen. Was war da wirklich los mit der Friedl und dem Rudi? Auch weil ich die so gerne gehabt habe als Paar!
Hannah Herzsprung, also „meine“ Friedl, ist so eine fantastische Schauspielerin, und der Rudolf Dassler ist in dem Film das, was er ist, auch nur, weil Hannah Herzsprung eine fantastische Friedl gespielt hat. Die hat ihn, obwohl er so war, wie er war, trotzdem geliebt. Und diese Liebe strahlt ja auf den Rudolf Dassler auch ab. Deswegen kann man den auch nicht so abtun! Wenn ich denke, diese tolle Frau liebt diesen Kerl! Dann muss doch was an ihm dran sein!

Helmut Fischer, der die auch kennen gelernt hat, erzählte mir, dass sie in der Firma immer „Puma-Mutter“ hieß. Die Friedl ist wirklich so eine starke, tolle Frau gewesen. Die war eben alles andere, als das Mütterchen am Herd. Und sie wurde auch nicht von Rudolf in die Ecke gestellt. Obwohl er ein Lebemann war und andere Frauen gehabt hat: Oben drüber war immer die Friedl. Obwohl er untreu war, hat er sie immer als „The One and Only!“ angesehen. Dass das so gehen kann, kann man sich gar nicht so vorstellen. Aber es hat funktioniert.

 

EE: Wie sehen Sie denn die Rolle der Schwägerin Käthe im Vergleich zur Friedl?
Hanno Koffler: Ganz ehrlich: Das weiß ich gar nicht so genau!

 

EE: Sie haben sich also auf ihre Frau konzentriert
Hanno Koffler: Genau, ich habe mich auf meine Friedl konzentriert.

 

EE: Ich sehe, Sie tragen Puma! Der Kollege Friedel trägt heute Boss-Schuhe.
Hanno Koffler: Das ist mir ganz recht, dass er keine Adidas trägt. Das ist in Ordnung! (lacht)


EE: Haben Sie immer Puma getragen, oder wechseln Sie und haben Sneakers aller möglichen Marken zuhause stehen?
Hanno Koffler: Mein erstes cooles Turnschuhpaar war tatsächlich von Puma. So blaue mit dem markanten Puma-Streifen drüber. Die hatten damals solch einen Klettverschluss. Da muss ich 6 gewesen sein. Später hatte ich dann mal ein Paar Kangaroos. Bei den Dreharbeiten habe ich natürlich auch ein Paar Puma-Schuhe abgestaubt. Ich bin aber nicht Puma fixiert und trage auch andere Turnschuhe.

 

EE: Sie haben selbst Geschwister. Können Sie das Konfliktpotential zwischen Adi und Rudi zumindest bedingt nachvollziehen?
Hanno Koffler: Ich komme ja aus einer sechsköpfigen Familie und habe drei Geschwister, davon zwei Brüder, und ich bin der Jüngste. Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Natürlich ist das nicht 1 zu 1 übertragbar, weil der Konflikt zwischen Adi und Rudi extrem ist: Mein Gott, die haben 26 Jahre lang nicht miteinander gesprochen. Damit kann ich nicht dienen in meinem Privatleben!

Gott sei Dank habe ich weiterhin ein gutes Verhältnis mit meinen Geschwistern. Aber ich kann gut nachvollziehen, dass sich Menschen, die sich sehr lieben und sehr eng sind, mal irgendwann überwerfen.
Auch wenn man sich mit Brüdern oder Schwestern nahe sein will und durch das Blut der Familie und der Geschwisterschaft irgendwie aneinander gebunden ist, können sich trotzdem Brüder und Schwestern charakterbedingt teilweise abstoßen, was dann Konflikte mit sich bringt.

 

EE: Sie sprechen von Charakterkonflikten, die Familienbande zerreißen...
Hanno Koffler: Ja, im Fall von Adi und Rudi war das dann auch etwas Zerstörerisches, ein Zerreißen. Lange begleitet von einem „Ich will doch, dass es funktioniert. Ich will es doch hinbekommen.“
Bei denen ist natürlich noch hinzugekommen, dass sie über einen so langen Zeitraum etwas so Großes miteinander geschaffen haben und so auch die Konflikte viel existenzieller und größer geworden sind. Und das auch durch die zeitgeschichtlichen Hintergründe.

EE: Was haben Sie für sich aus den Dreharbeiten von „Die Dasslers“ als bereichernde Erfahrungen rausgezogen?
Hanno Koffler: Was das Projekt „Die Dasslers“ betrifft, freue ich mich, dass man auch fürs Fernsehen so akribisch, so detailverliebt, so kreativ und so künstlerisch arbeiten kann. In dem Fall haben die Gewerke so toll gearbeitet, dass ich Hoffnung habe für die deutsche Fernsehlandschaft. Mehr von solchen großartigen, gewissenhaft und gut recherchierten Arbeiten und Drehbüchern zu haben, wäre großartig.

 

EE: Ihre Worte in den Ohren der Fernsehgötter. In welchen Produktionen sind Sie noch in diesem Jahr zu sehen? „Toter Winkel“ fiel mir jüngst noch in der Ankündigung und im Trailer auf.
Hanno Koffler: „Toter Winkel“ ist ein spannender Film, der Anfang Mai gezeigt wird.
Derzeit stehe ich noch vor der Kamera für den 20-jährigen Jubiläums-Tatort in Köln in einer Episoden-Hauptrolle.
In diesem Jahr kommt dann noch „Idioten der Familie“ von Michael Klier ins Kino, eine wunderbare Familiengeschichte mit Lilith Stangenberg, Florian Stetter und Jördis Triebel und mir als Geschwister. Der zweite Kinofilm „Werk ohne Autor“ von Florian Henkel von Donnersmarck kommt hoffentlich auch noch dieses Jahr raus. Ein fantastisches Drehbuch und eine tolle Dreharbeit.

 

Foto: (c) ARD