PHILIPP DEMANDT GIBT AUSBLICK AUF DAS PROGRAMM 2018 IN SCHIRN, STÄDEL UND LIEBIEGHAUS, Teil 2/2

Roman Herzig

Frankfurt am Main (Welexpresso) - Die Schirn Kunsthalle Frankfurt beginnt das Jahr mit einem Höhepunkt: der Ausstellung „Basquiat. Boom for Real“ (16. Februar – 27. Mai 2018). Mehr als dreißig Jahre nach Jean-Michel Basquiats letzter Präsentation in einer öffentlichen Sammlung in Deutschland widmet die Schirn – organisiert in Kooperation mit der Barbican Art Gallery, London – dem Werk des US-amerikanischen Künstlers eine große Überblicksschau.

Jean-Michel Basquiat (1960–1988) zählt heute zu den bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Erstmals wird in der Ausstellung seine Beziehung zu Musik, Text, Film und Fernsehen in einem übergeordneten kulturellen Zusammenhang herausgestellt. Parallel dazu zeigt die Schirn eine Ausstellung über die Repolitisierung der Gegenwartskunst. Angesichts der politischen Umbrüche der letzten Jahre scheinen viele Künstler heute zunehmend unter dem Druck des Einspruchs zu stehen.

Unter dem Titel „Power to the People“ (21. März – 27. Mai 2018) unternimmt die Schirn 50 Jahre nach 1968 eine Bestandsaufnahme zeitgenössischer, internationaler Kunstpositionen, die sich als Seismographen des politischen Handelns lesen lassen. Ihr Fokus liegt auf grundsätzlichen Fragen und der Auseinandersetzung mit Phänomenen und Möglichkeiten politischer Teilhabe.

Im Sommer entwirft der vielfach ausgezeichnete Künstler Neïl Beloufa (*1985) in den an die Ausstellungsflächen angrenzenden Räumen der Schirn installative, skulpturale und filmische Bühnen, in denen Fiktion und Realität verschmelzen. Der Fokus  in Beloufas Œuvre liegt auf dem Film: Das Setting, das Licht, der Schnitt und die Perspektiven liegen sowohl der Entwicklung seiner Skulpturen als auch seiner Bilder und Installationen zugrunde.

Mit der Ausstellung zu Wilhelm Kuhnert (25. Oktober 2018 – 27. Januar 2019) wird die Schirn einem der erfolgreichsten und einflussreichsten Maler des frühen 20. Jahrhunderts erstmalig eine umfassende Retrospektive widmen. Wilhelm Kuhnert (1865–1926) zählte zu den außergewöhnlichsten Künstlerpersönlichkeiten Europas. Als erster deutscher Freilichtmaler gelangte er tief in das Innere der damaligen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“, wo er auf jahrelangen Expeditionen die dortige Tier- und Pflanzenwelt studierte. Kuhnerts Bilder, die er mit internationalem Erfolg verbreitete, prägten in hohem Maße das Bild, das sich Europa und Nordamerika zur damaligen Zeit von Afrika machte. Kuhnerts Karriere spiegelt die Verbindung von Naturwissenschaft und Kunst um 1900 ebenso wider wie Aspekte des Kolonialismus und Eskapismus. Zeitgleich stellt die Schirn mit der Schau „Außer Kontrolle. Wildnis in der Kunst“ (1. November 2018 – 27. Januar 2019) den Begriff der „Wildnis“ in der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts in den Mittelpunkt. Das Wilde, Ungezähmte, nicht Kultivierte hat seit Beginn der ästhetischen Moderne Künstler in seinen Bann gezogen. Die „Wildnis“ erscheint dabei oftmals als Projektionsfläche für das Andere und das Fremde. Von den erhabenen Naturdarstellungen der Romantik über die Trümmer verrohter Zivilisationen in surrealistischen Landschaften bis hin zu konzeptuell angelegten Arbeiten der Gegenwart haben Künstler das Thema Wildnis in wechselnden Bedeutungszusammenhängen reflektiert, in Form von Wunsch- genauso wie von Schreckensbildern. Die Ausstellung in der Schirn beleuchtet die Faszination und die vielfältigen Verbindungen von Kunst und Wildnis im 20. und 21. Jahrhundert aus aktueller Perspektive.

Neben dem monatlichen Videokunstformat „Double Feature“ werden auch die zeitgenössischen Kunstpräsentationen in der Rotunde der Schirn im Jahr 2018 fortgesetzt. Die polnische Künstlerin Maria Loboda (*1979), die an der Städelschule in Frankfurt studierte, wird vom 16. November 2018 bis 10. Februar 2019 neue Arbeiten in der öffentlich zugänglichen Rotunde präsentieren.

Mit einem groß angelegten Ausstellungsvorhaben startet das Städel Museum ins Jahr 2018. „Rubens. Kraft der Verwandlung“ (8. Februar – 21. Mai), eine Kooperation mit dem Kunsthistorischen Museum Wien, präsentiert dem Publikum anhand bedeutender Leihgaben aus internationalen Museen die Kreativität und den Erfindungsreichtum des weltbekannten Barockkünstlers erstmals umfassend in Frankfurt. Die Schau gewährt den Betrachtern einen direkten und faszinierenden Einblick in Rubens‘ (1577–1640) schöpferische Arbeitsweise. Auf das Barock folgen drei Projekte zur Gegenwartskunst: Der 1964 geborene Manuel Franke zeigt im Städel Garten von April bis Juli eine großflächige, speziell für das Städel entwickelte Arbeit, in der Graphischen Sammlung bildet ein zentraler Ankauf sowie eine umfangreiche Schenkung den Grundstock für eine Gegenüberstellung der beiden Maler und Graphiker Frank Auerbach (*1931) und Lucian Freud (1922–2011) (16. Mai – 12. August 2018), und im Ausstellungshaus ist im Sommer eine Einzelausstellung der Fotografin Ursula Schulz-Dornburg (4. Juli – 16. September 2018) zu sehen. Anhand von 14 Serien bietet die Präsentation einen ersten institutionellen Gesamtüberblick über die künstlerische Entwicklung und Bandbreite der in Berlin geborenen und in Düsseldorf lebenden Fotografin während der vergangenen 40 Jahre. Mit ethnologischer Neugierde und archäologischem Auge liegt ihr Werk im Grenzbereich von Dokumentarismus und politischer Fotografie, von Konzeptkunst und aufklärerischem Ansatz.

Vom 19. September 2018 bis 13. Januar 2019 widmet das Städel der Malerin Lotte Laserstein (1898–1993) eine Schau mit 50 Werken, die im Anschluss im Moderna Museet in Malmö gezeigt wird – die erste Einzelpräsentation Lasersteins in einem großen deutschen Museum nach ihrer Wiederentdeckung im „Verborgenen Museum“ in Berlin vor anderthalb Jahrzehnten. Die Schau baut auf den Sammlungsbeständen des Städel auf, das mit den Gemälden Russisches Mädchen mit Puderdose von 1928 und Junge mit Kasper-Puppe (Wolfgang Karger) von 1933 in den vergangenen Jahren wichtige Arbeiten der Künstlerin erwerben konnte. Der Fokus der Präsentation liegt auf Lasersteins Arbeiten der 1920er- und 1930er-Jahre, die den Glanzpunkt ihres Schaffens markieren. Zeitgleich, vom 26. September 2018 bis 13. Januar 2019, zeigt das Städel eine Retrospektive zum Werk des Malers und Grafikers Victor Vasarely (1906–1997). Technoide und psychedelisch bunte Bilder, die mittels optischer Täuschungen in den Raum zu drängen scheinen, prägen bis heute hauptsächlich das Vasarely-Bild. Mit 120 Werken aus über 60 Jahren und aus europäischen wie US-amerikanischen Sammlungen wird die Durchdringung und gegenseitige Beeinflussung von Alltag und Kunst im Werk Vasarelys, der fortschreitende Übergang zwischen der Ästhetik von Pop und Moderne, sichtbar gemacht.

Im Frühjahr 2018 präsentiert die Liebieghaus Skulpturensammlung ein ebenso umfassendes wie außergewöhnliches Ausstellungsprojekt in Zusammenarbeit mit einem der international bedeutendsten zeitgenössischen Künstler, William Kentridge (* 1955). In vielen künstlerischen Disziplinen beheimatet, ist er vom 22. März bis 26. August 2018 eingeladen, seine Werke in einen Dialog mit dem Bestand der 5.000 Jahre umfassenden Frankfurter Skulpturensammlung zu bringen. In den musealen Räumen sind über 30, teils raumfüllende Arbeiten und Installationen zu sehen, die das Spektrum von Kentridges Œuvre aufzeigen. Im Herbst 2018 wird die Republik Georgien Ehrengast der Frankfurter Buchmesse sein. Aus diesem Anlass wird die Liebieghaus Skulpturensammlung bedeutende Leihgaben aus dem Georgischen Nationalmuseum in der Präsentation „Medeas Liebe und die Jagd nach dem Goldenen Vlies“ (AT, 5. Oktober 2018 – 10. Februar 2019) zeigen, eingebettet in die Erzählung der Argonauten-Sage.

Informationen und Bilder zu den einzelnen Ausstellungsprojekten finden Sie im jeweiligen Newsroom der Häuser unter:

Schirn Kunsthalle Frankfurt: http://www.schirn.de/m/presse/newsroom/
Städel Museum: http://newsroom.staedelmuseum.de/de/
Liebieghaus Skulpturensammlung: http://newsroom.liebieghaus.de/de/