hwk Damenwahl 1186Kabarett „Damenwahl" in der Kunststation Kleinsassen

Hanswerner Kruse

Kleinsassen (Weltexpresso)  - Im Begleitprogramm ihrer Ausstellung „Sie und Er“ lud die Kunststation Kleinsassen zur „Damenwahl“, einer Solo-Show der Kabarettistin und Sängerin .

Zu den Klängen des Boleros von Maurice Ravel schleppt Romy Koffer auf die Bühne, verteilt daraus Kleidungsstücke und klagt, die anderen Damen ihres Quartetts seien im Sturm verschütt gegangen. Dann stimmt sie lästerliche Lieder a capella oder zur Musik vom Band an: „Frauen, die sich bewusst daneben beneh’m / hat’s zu allen Zeiten gegeb’n.“

Jeweils zu einigen Takten des Boleros verwandelt sich die Kabarettistin später nach und nach in die übrigen Frauen ihres Ensembles: Zunächst in die prollige Mathilde aus Norddeutschland, die fast immer nur vom Essen spricht und trällert: „Lieber rund und gesund / verschwindet das Stück Kuchen / im Mund.“ Dann wird sie zur sächsisch quasselnden und singenden Ottilie: „Ich bleibe nicht im Wäs-ten / denn mein Schicksal ist Dräs-den.“ In dieser Rolle hatte sie bereits im Sommer die Dorfstraße in der Kleinsassener Kunstwoche belebt. Als letztes mutiert Romy zur kessen Marie, die mit frechem Berliner Dialekt ihr Leben darstellt und den älteren, grauhaarigen Liebhaber besingt: „Der wees schon wie det Leb’n jeht!“ Den überwiegend weiblichen Besucherinnen empfiehlt sie: „Männer muss man lob’n / dann bleib’nse stark / dann bleib’nse oben.“

„Als Jammersängerin“ übt Romy mit dem Publikum das Wehklagen und Stöhnen, wird zur Domina und fordert singend, man dürfe „nicht aus Liebe weinen.“ Im weiteren Verlauf taucht sie immer wieder als eine ihrer Kolleginnen auf: In Marie hat sich „eene Melodie wie’ne Zecke festjefress’n“ - die Kleine Nachtmusik von Mozart. Mathilde klagt: „Ich hab’ mehrere Diäten gleichzeitig gemacht / von einer wurde ich nich’ satt.“ Ottilie grummelt, das Sächsische habe so einen schlechten Ruf und ermuntert deshalb die Zuschauerinnen jetzt gleich mit dem Lernen ihrer „geschmeidigen Sprache“ zu beginnen.

Romy Hildebrand entpuppt sich als ausgebildete Sängerin, deren Stimme vom Jazz-Standard über „Bitte mit Sahne“ bis zur Opernarie eine beträchtliche musikalische Bandbreite erreicht. Sicher und glaubwürdig verwandelt sie sich in die recht unterschiedlichen Weiber ihres imaginären Quartetts. Im Begleitprogramm zur Ausstellung präsentiert sie allerdings keine neuen Aspekte der aktuellen Gender-Debatte. Jedoch höchst unterhaltsam spielt sie mit traditionellen Frauenklischees, die sie lustvoll darstellt, kommentiert und besingt, aber ebenso lustvoll wieder auseinandernimmt. Das Umziehen auf der Bühne nimmt dem Stück mitunter etwas die Spannung. Doch den begeisterten Frauen im überfüllten Saal ist das völlig egal, sie feiern enthusiastisch ihre Romy.

Foto: 
Romy mit Kittelschürze als Mathilde
©Hanswerner Kruse