hwk Portrat Heil 4853Im Gespräch mit der Kuratorin Dr. Elisabeth Heil

Hanswerner Kruse

Kleinsassen (Weltexpresso) - Die Kunsthistorikern Dr. Elisabeth Heil arbeitet in der Kunststation Kleinsassen/Rhön als freie Kuratorin und ist auch durch ihre vielen Aktivitäten und Publikationen in Hessen bekannt. Sie wohnt romantisch im Sinntal mit Blick auf die Burg Schwarzenfels. Neben dem Schreibtisch stehen etliche Kisten mit Unterlagen von Kunstschaffenden, die irgendwann in Kleinsassen ausstellen werden.

„Gerade habe ich mich künstlerisch betätigt“, erzählt sie lachend ihrem Besucher, „ich habe das Gartentor gestrichen.“ Ansonsten gestaltet sie nichts mit künstlerischen Mitteln, jedoch versteht sie ihre Arbeit durchaus als kreative Tätigkeit. Sie teilt nicht die Aufwertung von hwk 0053Ausstellungsmachern, deren Präsentationen zur Kunstform erklärt wurden und sie selbst zu Künstlern: „Denn Kuratieren ist keine Gegenkunst zur derjenigen der bildenden Künstler. Man muss die Werke anderer verstehen und in Ausstellungen verwirklichen: Das ist die Kunst am Kuratieren.“ Deshalb staunt das Publikum immer wieder, wie Heil Objekte unterschiedlicher Kunstschaffender vereint oder gegensätzliche Artefakte in Spannung zueinander setzt.

Nationale oder internationale Kunstschaffende bewerben sich in der Kunststation. Manchmal lernen Heil oder Monika Ebertowski, Leiterin der Einrichtung, Künstler über Ausstellungen kennen, manchmal suchen beide auch gezielt nach Künstlern für thematische Projekte. „Als Kuratorin erzählt man ‚Kunst-Geschichten’ mit den Werken anderer. Aber diese muss man verstehen lernen, so wie ein guter Regisseur ebenfalls Geschichten auf seine Weise vorträgt und gleichzeitig im Dienst seiner Autoren steht.“

Deswegen versucht Heil, vorher alle Künstler in ihren Ateliers zu besuchen und sie kennenzulernen, ihre Arbeiten im Original zu sehen, eine Beziehung aufzubauen. Schon bei diesen Treffen entwickelt sie Ideen, welche Werke zusammen passen und wo sie in Kleinsassen hängen oder stehen könnten. Ihre Ideen bespricht sie mit den Kunstschaffenden, die dann häufig bis zur Exposition weitere Arbeiten kreieren.

Sie will sich beim Publikum nicht anbiedern, sondern es durchaus mal mit sperrigen oder schwierigen Artefakten konfrontieren. Jedoch beim Auswählen der Künstler und Werke geht es ihr ebenso darum, dass jeder Besucher mit neuen Anregungen und mit dem Gefühl eines schönen Erlebnisses nach Hause geht – und natürlich wiederkommen will.

Die Kunststation realisiert nicht nur Einzelausstellungen, sondern auch große Projekte mit zeitgenössischen Künstlern aus Äthiopien oder Aserbaidschan sowie Wettbewerbe zu bestimmten Themen. „Das Interessante am Kuratieren ist, dass es nie langweilig wird und Routine nicht aufkommen kann, weil man immer mit anderen Menschen zusammenarbeitet, sich neue Themengebiete erschließen muss und sich manchmal in andere Kulturkreise hineindenken muss“, meint Heil. Das erfordert von ihr Geduld, Überzeugungskraft und eine Balance zwischen Durchsetzung und Kompromiss. Dabei kann sie sich auf gute Teamarbeit bei der Realisierung der Projekte und beim Aufbau verlassen. „Wenn hinterher die Ausstellenden zufrieden sind und selbst international renommierte Künstler sagen, so schön wie in Kleinsassen wären ihre Arbeiten noch nie präsentiert worden, dann ist das ‚Kuratorenglück’ pur.“

Oft findet sie es schade, dass die Präsentationen, in die sie „viel Herzblut, Leidenschaft und Kraft“ steckt, nur wenige Monate dauern und sie während der laufenden Schau schon die nächste vorbereiten muss. Dann wünscht sie sich auch schon mal eine längerfristige Aufgabe.


HINTERGRUND

Es hat etwas gedauert, bis Heil nach Kleinsassen kam. Trotz allerbester Zeugnisse und Abschlüsse („Das schreiben Sie aber nicht“, fordert sie bescheiden) und Denkmalpflegeausbildung entschied sie sich auch für ein Familienleben, heiratete und zog zwei Kinder groß. Sie hielt jedoch immer Vorträge, machte Themenführungen und veröffentlichte zahlreiche Publikationen. Zur Kunststation kam sie 2011 eher zufällig durch die Gestaltung einer Schau von Werken Fritz Ramges, einem Maler, der in Schlüchtern Kunstlehrer war. Der damalige Chef des Hauses, Peter Ballmeier, war begeistert von ihrer Präsentation und engagierte sie als freie Kuratorin, später als künstlerische Leiterin. Nach dem Leitungswechsel versteht sie sich sehr gut mit Leiterin Ebertowski - bereits im ersten Gespräch bekundeten beide ihr Interesse, äthiopische Kunst zu präsentieren.

Fotos:
© Hanswerner Kruse

Porträts Dr. Elisabeth HeilTeamarbeit beim Aufbau einer Ausstellung - Elisabeth Heil, „Hausmeister“ (intern Art Facility Manager) Klaus Grün, Künstler David Brockmann (v.l.n.r.)