
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Damit fängt es schon an. Warum muß diese Ausstellung einen englischen Titel haben? Und warum muß die maßgebliche Kuratorin auf der Pressekonferenz Englisch ohne Übersetzung sprechen und die nächste Kuratorin, im Deutschen perfekt, auch Englisch parlieren? Der Hausherr, sonst ein souveräner Mann, wirkte verunsichert. Ein wenig war die Gesamtsituation so wie die in Goethes Zauberlehrling: „Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.“

Warum also die Aufregung? Kollege Klaus Philipp Mertens hatte noch vor Besichtigung der Ausstellung, aufgrund der bisherigen Presseveröffentlichungen die grundsätzliche Problematik aufgewiesen. So lange in weiten Teilen der Welt, so lange auch in unserem Land junge Mädchen und Frauen gezwungen werden, ein Kopftuch und weitere Verhüllungen des Körpers aus vorgegebenen religiösen Gründen anzulegen, so lange ist, was den einen ein Folterinstrument ist, als Modeerscheinung auszustellen, einfach zynisch. Das bleibt.
Aber warum macht man das dann, diese Ausstellung? Vorgeblich, weil es junge Muslima auf der ganzen Welt gibt, die aus der Not eine Tugend machen, will sagen, die, wenn sie schon gezwungen sind, ein Kopftuch zu tragen, sie doch lieber das Heft in die Hand nehmen und sagen, gut, machen wir, machen wir sogar gerne, wir sind die neue Avantgarde im Islam (oder im Islamismus?) und tragen Kopftücher – ob Hijab(Hidschab), Jilbab, Al Amira oder Chimar – und wir verhüllen uns mit Tschador, Niqab (Nikab) oder Burka und beim Schwimmen tragen wir Burkini und andere Sportkleidung ebenso – aber auf unsere Art im Design der Haute Couture.
Gar nichts dagegen zu sagen, daß es dies Phänomen gibt, denn das gab es immer schon, daß man eine Demütigung in ihr Gegenteil verklärt und zum Befreiungsinstrument deutet. Aber muß man daraus eine Ausstellung machen? Museumsdirektor Wagner K erklärte, daß die öffentlich vorgehaltenen Finanzierungspraktiken, daß nämlich saudi-arabische Stellen diese Ausstellung finanziert hätten, nicht stimmten. Es seien die unten angegebenen Frankfurter Gesellschaften Förderer dieser Ausstellung.

Das andere ist schlimmer. Es ist eine rein westliche Mode. Die westlichen Modeimperien haben rechtzeitig den Zug der Zeit erkannt, daß in den Ölstaaten viel Geld auf der Straße liegt und daß dort die Oberen Zehntausend sehr viel verbreiterter sind als hierzulande. Und da auch in der arabischen Welt – außer den Menschenrechten, was Meinungs- und Redefreiheit bedeutet und die Freiheit von Frauen und ihre Selbstbestimmung miteinschließt – der westliche Kapitalismus voll durchgeschlagen hat und die Reichen auf ihren Einkaufszügen in die europäischen Kapitalen streben und von den Taschen bis zum Gold- und Silberschmuck kaufen, kaufen, kaufen und teuer bezahlen, was das Zeug hält, bildet diese Ausstellung diesen Personenkreis ab.
Ehrlich gesagt, ist es eigentlich ein Hohn, so etwas für echte weibliche Gläubige in Deutschland, die überwiegend aus gesellschaftlich abgehängten Schichten kommen und sich gerade als Mädchen hocharbeiten müssen, vorzuführen.
FORTSETZUNG FOLGT
Fotos:
Ausstellung
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Pressekonferenz
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Ausstellung
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Info:
Eröffnung: Donnerstag, 4. April 2019, 19 Uhr
Contemporary Muslim Fashions wird von den Fine Arts Museums of San Francisco in Zusammenarbeit mit dem Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main, organisiert. Kuratiert wurde sie von Jill D’Alessandro, Kuratorin für Kostüme und Textilkunst, und Laura L. Camerlengo, stellvertretende Kuratorin für Kostüme und Textilkunst an den Fine Arts Museums of San Francisco. Sie wurden beraten von Reina Lewis, Professorin für Cultural Studies am London College of Fashion, University of the Arts, London. In Frankfurt wird die Ausstellung von Dr. Mahret Ifeoma Kupka und Prof. Matthias Wagner K koordiniert.
Förderer sind: Ernst Max von Grunelius-Stitung, Metzler, Bonaveri,
Hotelpartner: Fleming‘s
https://www.museumangewandtekunst.de/de/presse/contemporary-muslim-fashions/
Bisherige Artikel
https://weltexpresso.de/index.php/kulturbetrieb/15645-wenn-man-aus-der-not-eine-mode-macht