hwk ovationen 9616Statt mildtätiger Langeweile ein beeindruckendes Crossover junger Musikerinnen und Musiker

Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - Die Thomas-Engel-Stiftung lud zu einem erstaunlichen Benefizkonzert mit jungen professionellen Musikanten in den Fürstensaal. Bereits die Vielzahl der unterschiedlichen Instrumente, vom Steinway-Flügel über Harfe und Kontrabass bis zum Schlagzeug, vor der Rokoko-Wand mit seinen Putten, Leuchtern und Spiegeln, ließ ein abwechslungsreiches Konzert erwarten. Ziemlich schnell sang das Publikum den - scheinbar spontan kreierten - Refrain des Moderators und Sängers Sven Garrecht mit: „Das ist für mich die Stunde null-ja / mein Herz schlägt nur noch für Ful-da.“

hwk ovationen 9589„Wir werden den Abend klassisch musikalisch einleiten“, meinte dann die Violinistin Darya Varlamova, zelebrierte auf ihrer Geige jedoch leidenschaftlich und körperbetont Wiener Tanzweisen oder romantische Klänge. Ihr Begleiter am Flügel, Jonathan Zydek, ersetzte ein ganzes Orchester und begleitete später die Opernsopranistin Marija van der Ende. Die bot ein traditionelles „Ave Maria“ dar, sang dann jedoch humorvoll und mit deutlicher Körpersprache Arien.

Geigenvirtuosin Varlamova wiederum begleitete den Akkordeonspieler Mihailo Erakovic auf einer argentinischen Reise zum Tango Nuevo Astor Piazzollas. Nach der Pause präsentierte der Akkordeonist die Vielfalt seines Instruments mit Arrangements aus unterschiedlichen Zeiten und Musikstilen. Die Harfenistin Natascha Ziegler brachte ebenfalls eine ungeahnte Bandbreite ihres Instruments zu Gehör, mit dessen Klängen sie sogar die Atmosphäre eines himmlischen Jazzclubs suggerierte. Vielfalt, das war die Devise des Abends, weil alle Instrumentalisten die Möglichkeiten ihrer Spielgeräte vermittelten. Auch van der Ende entpuppte sich zu Zydeks Klavierklängen als versierte Sängerin von Jazz und Populärmusik: Ihre Version von Leonard Cohens „Hallelujah“ war einfach zum Niederknien.

Dieses Benefizkonzert war ein musikalisches Crossover auf höchstem Niveau und kein betulicher Wohlfahrtsabend. Die jungen Instrumentalisten und die Sängerin beendeten ihr Studium an der Folkwang-Hochschule in Essen, wurden mit zahlreichen Preisen bzw. Stipendien bedacht und treten als Profis - durch Vermittlung der Agentur ihres Konservatoriums - öffentlich auf.

Der Moderator verknüpfte fröhlich-frech die verschiedenen Musizierenden und hatte für sein „Garrecht-Trio“ einen Bassisten und einen Schlagwerker mitgebracht, die seine bösen Lieder als Rhythmusgruppe begleiteten. Garrecht schwatzte und sang von den Unbilden des Internets, im alltäglichen Haushalt oder des Altwerdens. So trällerte er über den bejahrten „Kleinstadttiger“ mit zu engen Hosen und künstlicher Hüfte: „Du bist für heiße Feger / höchstens noch ein Bettvorleger!“

Mit ihrer Spiellust begeisterten alle Entertainer das Publikum und nahmen es mit auf die Reise zu manch ungewohnten Klängen. Radiosender werben bei jungen Leuten, immer nur deren Lieblingsmusik zu spielen: „Ich höre nur was mir gefällt!“, lassen sie Jugendliche schwatzen. Solch eine beschämende Eintönigkeit kann man dem - an diesem Abend durchaus älteren - Fuldaer Publikum nicht nachsagen. Im Gegenteil, es war von der Vielfalt hingerissen. Zum Finale stimmten alle Musikanten gemeinsam den Song „Music is my first love“ an, viele Fuldaer sangen mit und forderte mit Ovationen im Stehen noch eine Zugabe.

Ganz nebenbei wurde ein musikbegeisterter junger Mann mit Handicap integriert, der im Vorprogramm mit seiner Mutter auf winzigen Harfen spielte. Insgesamt war der Abend armen und hungernden Kindern in Afrika und Südamerika gewidmet. Eintrittsgeld und Spenden gingen an die Thomas-Engel-Stiftung, die 2018 über 180.000 Euro einsammelte: Dadurch könnten viele Kinder manchmal ihr Leid vergessen, ihnen Lachen und Spielen ermöglicht werden, sagte Schirmfrau Silvia Brünnel (m.d.L. Grüne) zur Begrüßung.

Fotos:
© Hanswerner Kruse

Info:
www.thomasengel-stiftung.org