kpm ausstellungEine Parallelgesellschaft scheut den offenen Diskurs

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Meriem Lebdiri, die Kreativdirektorin des muslimischen Modelabels Mizaan in Mannheim, begann nach ihrem eigenen Bekunden im Alter von elf Jahren und – wie sie besonders betont - aus freien Stücken, ein Kopftuch zu tragen.

Das sei der Ausgangspunkt ihres sich bald darauf entwickelten Interesses für eine Mode gewesen, die sich an islamischen Traditionen orientiert. Frau Lebdiri beteiligt sich auch an einem Forum, welches das Museum für Angewandte Kunst und das Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main aus Anlass der Ausstellung „Contemporary Muslim Fashions“ durchführt. Hauptanlass werden die massiven Proteste sein, die sich gegen die liebedienerische Verbeugung einer öffentlichen Kultureinrichtung vor der verharmlosenden Propaganda autoritär-islamischer Staaten richten.

Die insgesamt 22 offiziellen Teilnehmerinnen der dreitägigen Veranstaltung, die am 12. April beginnt, eint allem Anschein nach eine gemeinsame Überzeugung. Dass nämlich die fundamentalistisch-orthodoxe Konfession des Islam, die Frauen wesentliche Menschenrechte versagt, es dennoch wert ist, kulturell überhöht zu werden. Zumindest auf dem Sektor Mode, der sich allerdings weit ab von den Lebensrealitäten muslimischer Frauen ereignet. In Saudi-Arabien ist er offiziell gar nicht vorhanden, während gelegentliches Aufbegehren im Iran rasch von Sittenwächtern unterbunden wird. Die für westliche Mode typischen Bestandteile, nämlich der Widerstand gegen überholte gesellschaftliche Normen, bleiben in den muslimischen Ländern Illusion.

Folglich präsentiert sich ein nennenswerter Teil der Modeaktivistinnen auf Facebook, Instagram und YouTube. Den aufgeklärten Teil der Weltbevölkerung wird das jedoch nicht beruhigen können. Denn in der Nachbarschaft von Fake- und Fucknews ist für Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit kein Platz. Dort läuft Selbstbestimmung täglich Gefahr, zu Grabe getragen zu werden. Genauso wie in den Ländern des arabischen Feudalismus.

Kein Platz zu sein scheint auch für kritische Meinungen auf dem Podium. Bis jetzt finde ich keine Hinweise auf die Teilnahme von Lale Akgün, Seyran Ates, Naila Chikhi, Necla Kelek oder anderen Vertreterinnen eines kritischen und säkularen Islam. Das bedeutet nichts anderes, als dass man unter sich bleiben möchte. Auch der Eintrittspreis von 30 Euro kann als Einschränkung, gar als Abschreckung, verstanden werden. Migrantinnen aus islamischen Ländern, die um ein neues persönliches Bewusstsein im Gastland ringen, das zu ihrer Heimat werden soll, dürften sich eher nicht eingeladen fühlen.

Dass sich sowohl das Kultur- als auch das Bildungsdezernat der Stadt Frankfurt zu einer Kumpanei mit den Rechtfertigungsversuchen religiöser Menschenverächter hinreißen lässt, ist für mich unerträglich. Ich erwarte die Rücktritte der Verantwortlichen.

Foto:
Ausschnitt aus „Contemporary Muslim Fashions“
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