a jens Harzer thalia theater.deEin lohnender Kleist am Hamburger Thalia Theater

Helmut Marrat

Weltexpresso (Hamburg) - Nun habe ich Jens Harzer nach vielen Jahren wiedergesehen. (vergl: „Ein kluger Zug“, vom 3.April.)

Er spielt den Jupiter und den Amphitryon in „Amphitryon“, das Stück, das Heinrich von Kleist ab 1803 schrieb. Er nannte es ein Lustspiel, nach Moliere. Das Stück erzählt von der Täuschung der Alkmene, deren Mann in Kürze aus dem Krieg heimkehren soll. Jupiter oder auch Zeus nutzt diesen Umstand, indem er die Gestalt des Amphitryon annimmt und ihm zuvorkommt. In dieser Liebesnacht wird ein Sohn (Herkules) gezeugt. Als Amphitryon dann zurückkehrt und seine Frau ihm von jener „gemeinsamen“ Nacht berichtet, fühlt sich dieser natürlich getäuscht. Jupiter muss die Situation retten.

k amphthaliaEs geht also um wechselnde Identitäten, und während sich Molière auf Ludwig XIV. bezog, der bekanntlich seine zahlreichen Mätressen (auch) in Versailles hielt, beschäftigte Kleist die Identität des Menschen.

Inszeniert hat Leander Hausmann. Es gelingt ihm, die verschiedenen Ebenen klar herauszuarbeiten. Besonders gut die Idee, den Amphitryon, den Feldherrn der Thebaner, und den Jupiter, beziehungsweise den Diener Sosias und den Merkur von jeweils dem selben Schauspieler spielen zu lassen. (Hier die Herren Harzer und Zimmler). Manche Späße zünden allerdings nicht. (An der Decke hängt eine Leuchtschrift („Good“), von der wiederholt ein 'O' verschwindet, naja! Und das Bühnenbild ist beliebig: Der Palast etwa ein Varieté. Ein gewisses Problem schien mir zudem, dass Jens Harzer zu unkonzentriert war, die Spannung nicht durchgängig hielt, während die Alkmene-Darstellerin Marina Galic etwas eitel ständig die „Thalia-Schauspielerin“ mitzubieten schien.

Dennoch:

Es sind generell sehr gute Schauspieler versammelt. Harzer ist tatsächlich ein wunderbarer Darsteller, ein besonderer seiner Generation. Bruno Ganz hatte recht. Intensiv spielte und überzeugte Sebastian Zimmler. Die Ehefrau des Sosias spielte wacker Antonia Bill.

Am Ende fällt übrigens der wahrscheinlich berühmteste Schluss eines Theaterstückes, jenes „Ach“ der Alkmene. Es ist ihr Kommentar all der (Ent-?)Täuschungen.
 
Foto:
Titel: Jens Harzer
Text:Bühne
© thalia-theater.de

Info:
Heinrich von Kleist schrieb das Theaterstück Amphitryon in Dresden ab 1803. Er kannte den Text Molières, auf den er sich bezog, den er aber nicht kopierte.

Leander Hausmann wurde am 26.Juni 1956 in Quedlinburg geboren und ist ein bekannter Theater- und Filmregisseur. Seinen Durchbruch erreichte er mit dem Film „Sonnenallee“ (1999). Von 1995 bis 2000 war er als Nachnachfolger Claus Peymanns Intendant am Schauspielhaus Bochum

„Amphitryon“  wurde 1899 am 'Neuen Theater' in Berlin, dem heutigen Berliner Ensemble, uraufgeführt.

Die Premiere am Thalia Theater in Hamburg fand am 11.Mai 2019 statt.