wm Bundesjugendballett ShakespeareDas Bundesjugendballett versucht es mit Shakespeares Welt, 2/2

Wolfgang Mielke

Hamburg (Weltexpresso) - Die Kritik kommt ja immer zu spät. Sie ändert nichts mehr am Produkt. Sie will zwar helfen, bewirken, steigern, verbessern, will das Produkt auf diejenige Stufe heben, auf die es gehört – und die möglich wäre ... wenn nur eine künstlerisch kompetente, zusammenfassende Hand am Werk wäre.

Der Jubel-Applaus am Ende darf einen nicht täuschen, wo das Publikum fast nur aus Familie, Verwandten, Freunden und Bekannten bestand. Auch nicht die fachkenntnislose Kritik in Hamburgs meistgelesener Tageszeitung; sie grenzt (warum bloß?) nur an Hofberichterstattung. Nichts wäre fataler für einen Künstler, als dass er auf sich selbst hereinfiele!

Was bewirkt Kritik? "Ja und Nein sagen!" So Marcel Reich-Ranicki (1920 – 2013). "Jein"-Kritiker taugen nichts! - Fontane (1819 – 1898) sagt: "Treff ich (...) wirklich mal auf Großes, so bin ich ganz kurz. Das Große spricht für sich selbst." - Dann wäre jede Kritik überflüssig. Auch diese. - Gelegentlich ist der Sprung von der Theorie in die Praxis gelungen, bei Otto Brahm (1856 – 1912), der dem Naturalismus auf der deutschen Bühne zum Durchbruch verholfen hat; oder bei Günther Rühle (*1924), dessen Intendanz vor allem durch die Arbeit des Regisseurs Einar Schleef (1944 - 2001) geprägt wurde.

Zu den Schauspielern im Ernst-Deutsch-Theater gehört auch Louisa Stroux (*1976), die Enkelin des großen Theater-Regisseurs und -Intendanten Karl Heinz Stroux (1908 – 1985). Wieviel Shakespeare steckte noch in seinem Gower, dem eingesetzten Erzähler, in Augusto Fernandes' (1939 – 2018) unvegessener "Perikles"-Inszenierung am Hamburger Deutschen Schauspielhaus, 1981. - Antoine de Saint-Exupéry (1900 – 1944) sagt: "Der Bildhauer ist trächtig von seinem Werk: Es ist kaum wichtig, ob er weiß, wie er es formen wird. Von Daumendruck zu Daumendruck, von Irrtum zu Irrtum, von Widerspruch zu Widerspruch wird er geradeaus durch den Lehm hindurch zur Schöpfung schreiten. Weder Intelligenz noch Urteilsvermögen sind schöpferisch. Wenn der Bildhauer nur Wissenschaft und Intelligenz ist, werden seine Hände genielos sein." - Vielleicht stand dem Unternehmen hier zu viel angelesenes Wissen im Wege?

Die Kritik kommt immer zu spät. Sie ändert ja nichts mehr am Produkt. Sie will aber helfen, bewirken, steigern, verbessern, will das Produkt auf diejenige Stufe heben, auf die es gehört – und die möglich wäre.

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