wpo scheiterhaufen 6590Theater aller Art studiert das Stück „Scheiterhaufen“ wieder ein

Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - Volksfeststimmung am Hexenküppel in Fulda. Dramatische Musik setzt ein. „Der sieht aber gut aus“, wird der barbarische Richter von einer Frau angehimmelt. Gehässig lässt sich das Volk über die kahlgeschorenen Opfer aus: „Guck! Guck doch! Die große da in der Mitte, die hat sich gerade voll gepinkelt.“ „Das trocknet gleich“, ruft ein Zyniker. Musikwechsel: Die Obrigkeit erscheint, dann werden die Hexenfeuer entfacht...
Bürger, Bäuerinnen und andere Gaffer sind in zivil, es wird noch ohne Kostüme geprobt. Die Spieler und Spielerinnen ringen um Ausdruck. „Das sind so entsetzliche, so grauenhafte Bilder, die wollt ihr eigentlich gar nicht sehen“, beschwört Co-Regisseur Arnold Pfeifer, KulturWerker aus Schlüchtern, eindringlich die Compagnie. „Eigentlich wollt ihr nur abhauen, aber Ihr traut euch nicht.“

Die Fuldaer Gruppe „Theater aller Art“ studiert ihr Stück „Scheiterhaufen“ wieder ein, die meisten Mitglieder des Ensembles waren schon bei der Premiere im Schlosstheater 2006 und weiteren Aufführungen dabei. Die Schreiberin des Stückes, Christine van Endert-Saillet, führt engagiert mit viel körperlichem Einsatz und heftigen Gesten selbst Regie. „Scheiterhaufen“ ist ihre eindringliche Theater-Collage, in der das Ensemble die damaligen Ereignisse - im 17. Jahrhundert in Fulda -exemplarisch im Brecht’schen Sinne zeigt, ohne das Publikum zu überwältigen.

Mit sechs eindringlichen Szenen - sowie je einem Prolog und Epilog - wird auf der Bühne deutlich, wie einfache Landfrauen zu Hexen gemacht wurden und schließlich der grausame Hexenrichter selbst wegen Korruption zur Strecke gebracht wird. Der eingangs beschriebene Höhepunkt des Stückes, die Szene 5, bringt das Grauen nicht auf die Bühne. Vielmehr soll es durch das Spiel der Compagnie und die häufig wechselnden dramatischen Klänge in den Köpfen der Zuschauerinnen und Zuschauer entstehen. Die Fuldaer Zeitung nannte nach der Premiere 2006 die Szenen des Stücks „pralle, fantasievolle und stilsichere Tableaus.“

wpo scheiterhaufen 6631Der „Scheiterhaufen“ wird im Rahmen der Feierlichkeiten zur 1275-Jahrfeier der Stadt Fulda im Schlosstheater präsentiert. Beim letzten Stadtjubiläum vor einem Vierteljahrhundert war von Hexenpogromen noch keine Rede. Die forschenden, schreibenden und Theater spielenden Frauen Fuldas haben in der Zwischenzeit die Opfer der Anonymität entrissen. Ingrid Möller-Münch, die im Stück mitspielt, begann damals ihre Recherchen zu den Pogromen. Sie forschte auch über Merga Bien aus der Löherstraße, die 1603 als Hexe verbrannt wurde und heute das bekannteste der 250 ermordeten Opfer im Hochstift Fulda ist.

Das positiv endende Stück ist immer noch hochaktuell, weil es zeigt, wie Menschen zu Sündenböcken gemacht und verfolgt werden. Jedoch wenn der dumpfe Dreiklang von Obrigkeit, Religion und Volk durch mutige Menschen unterbrochen wird, kann das Pogrom auseinanderbrechen: Das macht Hoffnung!

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© Hanswerner Kruse:
Regisseurin Christine van Endert-Saillet und Co-Regisseur Arnold Pfeifer

Info:
„Scheiterhaufen am Mittwoch 25. September 2019 um 20 Uhr im Schlosstheater Fulda
Karten ausschließlich im Ticketshop der Theaterkasse Schlossstraße 5