teresa 6849Herbstausstellungen in der Kunststation Kleinsassen, Teil 1

Hanswerner Kruse

Fulda / Kleinsassen (Weltexpresso) - Teresa Dietrich präsentiert in der Kunststation Kleinsassen mehrere, auch ältere Werkgruppen. Ihre neuesten Arbeiten, die  „Bodenverlegungen“, sind in einem kleinen Saal auf dem Fußboden ausgelegt. Sorgsam konstruierte, im Raum verteilte Collagen auf Platten mit wiedererkennbaren Zeichen von Straßen und Plätzen im öffentlichen Raum. Gewirre aus Zebrastreifen, Richtungspfeilen, Gossen und Pflastersteinen sowie Schattenlinien suggerieren Bewegung und Dynamik.

Diese spannenden Objekte sind gleichsam flache Skulpturen um die man herumgehen kann, um sie aus verschiedenen Perspektiven zu sehen. Es gibt kein oben oder unten in diesen Bildern und man muss sich vor ihnen verbeugen, um die vielfältig gestalteten Oberflächen zu erfassen. Wie alle Werke Teresa Dietrichs sind auch diese „Bodenverlegungen“ spannungsvolle Kompositionen mit bildnerischen Mitteln. Man sollte sie wie musikalische Klänge auf sich wirken lassen, denn diese Platten sind weder Suchspiele noch Abbilder realer Orte.

teresa 6834Mit ihren Collagen strebt die Künstlerin keine mimetische Wiedergabe der Wirklichkeit an - doch die sichtbare Welt beeinflusst ihre Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Gestaltung im kreativen Prozess erheblich. Jahrelang hat sie Zeichen auf Straßen und Plätzen während ihrer Reisen fotografisch festgehalten.

Immer wieder experimentierte Teresa Dietrich mit dem gesammelten Fotomaterial, aber sie wollte ihre Ideen keinesfalls abmalen und mit Leinwänden auf die Böden bringen. Während des Via-Regia-Stipendiums im letzten Jahr kam der Durchbruch. Sie zerschnitt ihre Fotografien, die sie dann neu als Collagen zusammensetzte und arrangierte. Diese Bilder wurden zu Vorlagen für ihre dann vergrößerten Bodenarbeiten: Sie schnitt die einzelnen Stücke der Collagen aus Pappe heraus und umhüllte sie mit Transparent- oder anderen selbst gefärbten Papieren. Auch kratzte, frottierte, stempelte oder bemalte sie die Oberflächen, gelegentlich nutzte sie sogar ganz behutsam kosmetisches, leicht schimmerndes Farbpigment.

Diese Oberflächengestaltung schafft einzigartige Stimmungen und macht die „Bodenverlegungen“ endgültig zu autonomen Kunstwerken, die sich vom Bezug zur sichtbaren Wirklichkeit lösen. Auch wenn sie mit Titeln wie „Bilbao 3“ oder „Sofia 1“ die Orte ihrer Inspiration kennzeichnet. Die Kuratorin der Kunststation, Dr. Elisabeth Heil, meinte über diese Arbeiten der Künstlerin: „Das Genre der Collage hat eine neue Dimension und Ausrichtung erhalten.“

Biografisches

Teresa Dietrich lebt in Fulda, jedoch „eine regionale Heimatmalerin bin ich nun wirklich nicht“, meint die 1953 in München geborene Künstlerin, die dort auch an der Kunstakademie studierte.„Ich habe noch keine Landschaft in der Rhön gemalt“, sagt sie lachend, „das ist nicht mein Thema. Dort gehe ich nur wandern.“

„Unterwegs“ heißt ihre derzeitige Ausstellung in der Kunststation, denn Unterwegs-Sein ist ihr Lebensthema und der Urgrund ihrer künstlerischen Kreativität. Die Malerin ist viel herumgekommen in der Welt, hat lange in Boston/USA und in Sofia/Bulgarien gelebt. Gerne hat sie zahlreiche Länder, etwa China oder Sibirien bereist und viele Residenzen, Stipendien und Künstleraustausche genutzt. Beim gemeinsamen Gang durch ihre Ausstellung macht sie immer wieder auf Spuren dieser Reisen in ihren Bildern aufmerksam. Es sind buchstäblich Fragmente ihres Unterwegs-Seins, eine ihrer Werkgruppen heißt „SpurenFinden“. Doch Teresa Dietrich kombiniert die erkennbaren Spuren - „Ich erfinde nichts im Kopf“ - mit weiteren künstlerischen Techniken und transformiert sie so in Collagen mit eigener Präsenz.

„Man kann alles machen, im Kaufhaus arbeiten oder sonst was, aber bloß nicht unterrichten!“ Das war früher die Doktrin in der Kunstszene. Dennoch lehrte Dietrich um die Jahrtausendwende in Boston oder von 2002 bis heute an der Würzburger Universität. Menschen zur Kreativität zu motivieren ist großartig“, sagt sie: „Es fasziniert mich, was den Leuten alles zu vorgegebenen Themen einfällt.“ Dadurch hat sie nicht nur ausschließlich den künstlerischen Blick auf die Welt, sondern fragt sich oft bei dem was sie erlebt, „wie kann ich das in die Pädagogik einbringen?“ Natürlich hat sie sich selbst auch häufig in ihren Arbeiten diesen aufgespürten Themen gewidmet.

In der Kunststation, die ja in den letzten Jahren sehr stark kreative Begegnungen von Kindern bzw. Jugendlichen mit Kunstschaffenden in Workshops förderte, unterrichtet sie gerne. Sie ist begeistert, wie die jungen Menschen dadurch an die Kunst herangeführt werden können. Über die kommerzielle Kunstszene erzählt sie recht kritisch; aber immerhin, sie hat viele wichtige Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland gemacht.

Foto:
(c) Hanswerner Kruse

Info:
www.kunststation-kleinsassen.de