Robert Kunec mit einer Rauminstallation in der Kunststation Kleinsassen
Hanswerner Kruse
Kleinsassen/Rhön (Weltexpresso) - Auch in der aktuellen Herbstausstellung der Kunststation präsentieren zeitgleich mehrere Kunstschaffende ihre Werke - ohne ein gemeinsames Thema. Von einigen stellten wir bereits jeweils eine Arbeit oder Werkgruppe vor (Teresa Dietrich, Mojgan Razzaghi).. Eine Besonderheit ist die Rauminstallation „Dominium Terrae“ (Herrschaft über die Erde) des Künstlers Robert Kunec im größten Saal des Ausstellungshauses. Sie besteht aus einzelnen Elementen, die sich zu einem Gesamtkunstwerk fügen, aus dem man keine einzelnen Objekte sinnvoll herauslösen und interpretieren kann.
Ohne etwas über diesen Kunstraum zu wissen, wird man tief berührt, vielleicht sogar provoziert, von der sakralen Atmosphäre dieser archaisch anmutenden Kultstätte. Scheinbar im Mittelpunkt begegnen einander zwei aus Lehm geformte, lebensgroße Figuren. An der Stirnseite überragt jedoch ein hochgestellter Bettrahmen als Triptychon die gesamte Szenerie wie ein riesiger Flügelaltar. „Die Ausstellung ist zu begreifen als eine Geschichte über die Familie, das Leben und den Tod. Alles beginnt und endet in einem Bett“, meint Kunec dazu. Die übrigen Teile des Werkes sind jeweils mit wenigen Lehmsteinen angedeutete Räume, die sparsam mit symbolischen Alltagsobjekten möbliert sind und eine menschliche Behausung bilden: In der „Küche“ sind Sitze um eine Feuerstelle gruppiert. Im „Wohnzimmer“ flimmert“ ein in Stroh verpackter Fernseher. Das „Bad“ wird durch streng angeordnete Wasserflaschen dargestellt.
Das Paar aus Lehm erinnert vage an Adam und Eva, bezieht sich aber auch auf andere Schöpfungsmythen. Allerdings ist der Mann offensichtlich ein tatkräftiger Neandertaler mit Faustkeil, der einer sanft wirkenden, afrikanischen Homo Sapiens begegnet. Beide Spezies trafen einst in Europa aufeinander und vermischten sich. „Diese zwei Spezies sind wir“, so der Künstler, „Beide sind in uns, bestimmen unsere Verhaltensweisen und prägen unser ‚Ich’.“
Die beiden Wesen befinden sich außerhalb des emblematischen Hauses der Menschheit, vielleicht sind sie heimatlos und vertrieben. Kunec verweist somit (auch) behutsam auf Flucht und Migration und erklärt: Oft „vergessen wir, woher wir stammen - nämlich aus Afrika. Und der Vermischung mit den Neandertalern verdanken wir unsere weiße Haut.“ Im „Kinderzimmer“ hängt eine Rettungsweste aus Stroh und Leinen, wie sie Flüchtlinge manchmal von Schleppern bekommen und gerade damit ertrinken. Der gläserne Koffer neben einem Eingang zum Saal verweist auf das Nötigste, was man bei einer Reise oder auf der Flucht mit sich nimmt.
Doch der Raum ist weder eindeutig als anklagendes Flüchtlingsmonument noch als christliches Mysterienspiel zu interpretieren. Obwohl Kunec viele Bezüge herstellt und die Betrachter Alltägliches identifizieren können, ist die Installation keineswegs ein Ratespiel. Um die Vielschichtigkeit und Komplexität seiner Themen auszudrücken - Ursprung der Menschheit, Heimat, Entfremdung, Migration, Familie - arbeitet der Künstler bewusst mit Metaphern, die keine fixierte Bedeutung haben: Sie ermöglichen es den Besuchern noch bis zum 24. November individuelle Deutungen oder eigene Imaginationen zu entwickeln und dadurch das Gesamtkunstwerk zu vollenden.
Foto:
Carina Lauer
Info:
www.kunststation-kleinsassen.de
Weder anklagendes Flüchtlingsmonument noch christliches Mysterienspiel
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- Kategorie: Kulturbetrieb