Konrad Daniel
Berlin (Weltexpresso) - Der Georg Dehio-Buchpreis 2020 geht an Ulla Lachauer für ihr literarisches Gesamtwerk und an die russische Autorin Gusel Jachina mit ihrem Übersetzer Helmut Ettinger für ihren Roman Wolgakinder.
Die siebenköpfige Jury sprach den Hauptpreis der Autorin und Dokumentarfilmerin Ulla Lachauer zu. In der Begründung der Jury heißt es:
»Ulla Lachauer beschäftigt sich als Buchautorin, Filmemacherin und Radiojournalistin seit drei Jahrzehnten mit Themen der deutschen Kultur und Geschichte im östlichen Europa, in Russland und Kasachstan und dem Zusammenleben der Deutschen mit anderen Völkern. Im Vordergrund steht dabei die Geschichte von Deportationen, Vertreibung und Heimatverlust. Sie hat maßgeblich dazu beigetragen, dass diese über lange Zeit tabuisierten Themen in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Unvoreingenommen, ohne ideologische Absichten, mit großer Sensibilität und in ebenso zurückhaltender wie eindringlicher Sprache beschreibt Ulla Lachauer die Lebenswege von Menschen, die viel durchlitten haben und oft kollektiv zu Schuldigen erklärt wurden, und bewahrt diese vor dem Vergessen. Damit trägt sie zu einer gemeinsamen Erinnerungskultur in Europa bei.«
Der Förderpreis geht an die russische Schriftstellerin Gusel Jachina mit ihrem Übersetzer Helmut Ettinger für den Roman Wolgakinder. Aus der Begründung der Jury:
»Mit großer Fabulierkunst versetzt die Autorin ihre Leserinnen und Leser in die Zeit der 1910er bis 1930er Jahre im Wolgagebiet und erzählt aus der Perspektive eines Dorfschullehrers und seiner Kinder die Geschichte der Wolgadeutschen in den Jahren der Revolutionswirren und des stalinistischen Terrors. Durch die Bildkraft ihrer erzählerischen Sprache und die Originalität der Handlungsführung, die geschult ist an den Techniken der Kameraführung im Film, gelingt es der Autorin, die Veränderungen und Gewalterfahrungen, denen die Minderheit der Wolgadeutschen in der Frühphase der Sowjetunion ausgesetzt war, auf unverstellte Weise zu zeigen. Gleichfalls ausgezeichnet wird der Übersetzer Helmut Ettinger, der es vermocht hat, den Roman in einer ebenso bildkräftigen deutschen Sprache nachzuschaffen.«
Das Deutsche Kulturforum östliches Europa verleiht den Georg Dehio-Buchpreis in diesem Herbst zum neunten Mal. Mit dem von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien dotierten Georg Dehio-Buchpreis werden Autorinnen und Autoren geehrt, die sich in ihren Werken fundiert und differenziert mit den Traditionen und Wechselbeziehungen deutscher Kultur und Geschichte im östlichen Europa auseinandersetzen. Der Georg Dehio-Buchpreis ist aufgeteilt in einen Hauptpreis für ein publizistisches bzw. literarisches Gesamtwerk und einen Förderpreis für eine herausragende Publikation.
Fotos:
Links: Ulla Lachauer. © Rowohlt Verlag, Foto: Eva Häberle | Rechts: Gusel Jachina und der Umschlag ihres preisgekrönten Romans. © Aufbau Verlag, Foto: Basso Cannarsa
Info:
Weitere Informationen finden Sie in unter www.kulturforum.info
Die Preisverleihung ist für den 1. Oktober 2020 in Berlin vorgesehen.
Zusammensetzung der Jury
Dr. Elisabeth Fendl, Institut für Volkskunde der Deutschen des östlichen Europa, Freiburg i. BreisgauJanika Gelinek, Literaturhaus BerlinProf. Dr. Marek Hałub, Germanist, Universität Breslau/WrocławOlaf Hamann, Staatsbibliothek zu BerlinDr. Silke Pasewalck, Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, OldenburgDr. Hans-Jakob Tebarth, Stiftung Martin-Opitz-Bibliothek, HerneKeno Verseck, Journalist, Berlin