Eine Ausstellung im Frankfurter Deutschen Architekturmuseum zum Thema Stadtgrün und Klimawandel
Corinne Elsesser
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Eine praxisorientierte Ausstellung, die mit einem Aufruf im Titel "Einfach Grün!" Mut machen will, die Potentiale von Grünräumen in der Stadt mehr auszuschöpfen, als es bislang bereits geschieht. Nimmt man allein Frankfurt am Main, so wirkt die Stadt mit ihren Alleen, Stadtplätzen, den als Park angelegten Wallanlagen und einem die Stadt einfassenden Grüngürtel schon sehr durchgrünt. Und doch bilden sich in heissen Sommern im Stadtzentrum sogenannte "Hitzeinseln" mit überhöhten Temperaturen.
Klimabewusstsein liegt heute im Trend und man kann noch mehr tun und Trockenheit und hohen Temperaturen im Stadtraum mit blühenden Gemeinschaftsgärten, Topflandschaften auf Dächern, Garagendachbegrünungen, Kletterpflanzen an Hauswänden und teils witzigem, teils pelzig anmutendem Fassadengrün entgegenzuwirken.
Im Vorfeld der Ausstellung initiierten die Kuratoren Hilde Strobl und Rudi Scheuermann ein "Call for Projects", an dem sich jedermann beteiligen konnte. Über den Verlauf der Ausstellung (die leider SARS-CoV-2-bedingt noch nicht zugänglich ist und bis 11. Juli 2021 verlängert wurde) wird die Aktion fortgeführt und zu den 20 bislang gezeigten Einsendungen kommen weitere hinzu. Sie reichen vom kleinen Hinterhof, den die Frankfurter Architektin Marie-Theres Deutsch als "grünes Zimmer" gestaltete und einer mit Efeu überwachsenen Gründerzeitfassade bis zur extravaganten Dachbegrünung der unterirdischen Ausstellungshallen des Städelmuseums. Die Beispiele machen Mut, auch im eigenen unmittelbaren Wohnumfeld mehr Grün zuzulassen.
In Interviewfilmen geben Wissenschafter und Ingenieure Auskunft zu Fragen und Bedenken. Häufig kommen diese von Architekten, die eine Bepflanzung ihres Bauwerks nicht mögen, könnte doch das viele Grün den schön ausgearbeiteten Entwurf überwuchern. Ein hoher technischer Aufwand, eine durchdachte Bewässerungsplanung und nicht zuletzt Kosten für Versorgung und Instandhaltung geben zudem Anlass für Bedenken.
Doch wendet man den Blick zu den quadratischen "Höfchen" an der südlichen Aussenwand des Museums, so kann man unterschiedliche Fassaden- und Dachbegrünungstechniken wie in kleinen Versuchslaboren live erleben. Bis Juli werden sich dort die Pflanzen entwickeln und auch die im Ausstellungsraum verteilten Pflanzsäulen mit ihrem ausgeklügelten vertikalen Bewässerungssystem werden im Verlauf der Ausstellung immer grüner werden.
Wie Architektur und Natur eine Symbiose eingehen können, die nicht nur interessant fürs Auge, sondern auch dem Stadtklima und der Insekten- und Pflanzenvielfalt zuträglich ist, zeigt das bereits 1972 in Darmstadt erbaute "Baumhaus" des Architekten Ot Hofmann. Bäume, Büsche, eine natürliche Wildheit tritt hier in Dialog mit der Architektur aus Sichtbeton.
Auf der Expo Hannover 2000 zeigten die niederländischen Architekten MVRDV in ihrem Pavillon auf jedem Stockwerk unterschiedliche Vegetationsräume und holten somit die Natur in den Innenraum.
Das Singapurer Architekturbüro WOHA ist bekannt für die Integration von Natur in den Hochhausbau, was in tropischen Zonen einfacher zu lösen ist als in unseren nordeuropäischen Breiten. In der Ausstellung ist das 2016 fertiggestellte "Oasia Downtown Hotel" zu sehen, an dessen Fassade aus roten Aluminiumpaneelen Kletterpflanzen bis in 200 m Höhe ranken.
Der begleitende Ausstellungskatalog versteht sich als praktisches Handbuch, das überzeugende Projekte vorstellt und Fragen zur Begrünung von Gebäuden erörtert. Seine Umschlagfarbe wurde, ganz dem Thema angemessen, auf Basis von Chlorophyll aus 50% Grünschnitt oberbayrischer Wiesen entwickelt.
Foto:
Baumhaus-Darmstadt_Ot-Hoffmann
©Georg Doerr
Info:
Ausstellung: Einfach Grün – Greening the City, Deutschen Architekturmuseums (DAM), Schaumainkai 43, Frankfurt am Main, ab Öffnung des Museums bis 11. Juli 2021
Katalog: Einfach Grün - Greening the City. Handbuch für Gebäudegrün, Hrsg. Hilde Strobl, Peter Cachola Schmal, Rudi Scheuermann, Deutsches Architekturmuseum (DAM), Frankfurt am Main, 2021. 304 S., deutsch/englisch, 19 Euro (im Museumsshop).