brucknerDas Glück der Konzerte: DAS SCHLESWIG-HOLSTEIN MUSIK FESTIVAL (SHMF)  während des Wahlsommers 2021, Teil 9

Wolfgang Mielke

Hamburg (Weltexpresso) - Stifters Text handelt von einem Gang, einem Abstieg in die Gruft-Katakomben, die unter dem Wiener Stephansdom liegen. Er kommt aber erst von Süden in die Stadt, über die Triester Straße, vorbei an dem Denkmal der "Spinnerin am Kreuz" (14.-15. Jht.), einer gotischen, mit Maßwerk reich verzierten Säule, die Karl Friedrich Schinkel (1781 - 1841) zum Kreuzberg-Denkmal (1818 - 1821) in Berlin anregte.

Schinkel stellte auch fest, dass die "Spinnerin am Kreuz" sich mit der Spitze des hohen Südturms des Stephansdoms #"in der Waage"# befinde. ----- Dann erreicht Stifter dem Dom. Und betritt ihn. Und gelangt durch ihn in die tief unter ihm liegenden Katakomben (aus dem 14. Jht.). - Noch heute können sie besichtigt werden. - Stifters Text ist so aufgebaut, dass er zuerst die Räumlichkeiten beschreibt, jeweils den neu betretenen Raum. Dann: #"Die Gedanken oder Theorien Stifters in der Gruft werden immer gleich danach durch das Erlebnis verifiziert."# - Stifter beschreibt zum Beispiel ein nach unten, also in noch tiefere Tiefe durchbrochenes Gewölbe – und im Passus danach gelangt er auch dorthin, das Geahnte oder tatsächlich schon Wahrgenommene erweist sich gleich anschließend als wirklich vorhanden. Ebenso verhält es sich mit einer nach hinten teilweise schon durchbrochenen Wand. Auch hier erweitert sich die Gruft, - um nicht zu sagen: die Höhle -, nach hinten immer weiter. Das Ende in der Horizontalen wie auch in der Vertikalen wird nie erreicht; immer nur jeweils die Fortsetzung und Zunahme des Raumes. - #"Mal tönt die Orgel hinunter ins Gewölbe, mal hört man das Rasseln von Wagen auf dem darüber liegenden Straßenpflaster."# 

Durchsetzt wird die Lesung durch die Sätze der Schubert-Sonate. - Die Erinnerung an das geniale Spiel der Elisabeth Leonskaja klingt immer wieder mal nach. - Aber Hideyo Harada müht sich redlich. Es ist, wie ich anschließend erfahre, schon der zweite Auftritt des Duos am selben Tag. Und allgemein heißt es, sei diese Abend-Vorstellung die befriedigendere gewesen. 

Christian Bruckner WM 13.12.2018Das erfahre ich aber erst anschließend von Christian Brückner  (im Foto links mit dem Autor) ,der sich freut, mich zu sehen. Nun ja: man hat einige Schlachten zusammen geschlagen! - Die Betreiber von Bucerius reagieren ganz #hamburgisch#-hanseatisch darauf, dass wir uns kennen. Und es wird mir wieder bewusst: Hamburg ist zwar das "Tor zur Welt" - aber alles andere als "die Welt". Mir fällt meine adlige Kollegin vom DeutschlandRadio ein, die selbst mehrere Jahre in Hamburg gelebt hatte, dann später wieder einmal die Staatsoper besuchte und sagte: #'Als sei sie gar nicht weg gewesen! Unverändert! Noch immer die gleiche Art von Leuten! Höflich, etwas engherzig meist und mit 'Angst ums Eigenheim''#.

So übereilen sich die Betreiber von Bucerius, zu betonen, #'zum anschließenden Essen sei ich aber nicht eingeladen'#, - als hätte ich Derartiges je überhaupt erwogen! Drolliges Hamburg! #"Gehobene Provinz"# sagte eine Bekannte von uns, eine berühmte Sängerin, einmal dazu, als sie auf dem Platz vor der Musikhalle immer nur je eine der zweiarmigen Kandelaber-Glühbirnen brennen sah. - Und ich denke: Es gibt wohl keine zweite Stadt in Deutschland, in der einem so etwas passieren kann. Ich stelle mir vor, dass in Berlin, Frankfurt, Dresden, München, Leipzig, auch in Bremen, ja selbst in Lübeck!, jeder Freund des Freundes ganz selbstverständlich und immer mit offenen Armen und offen für neue Kontakte aufgefordert worden wäre, mitzukommen, (- auch wenn meine Planung für diesen Abend nach dem Abend eine ganz andere war).

Ja: wie Fontane sagt: #"Man soll sich nicht ärgern, man soll sich nur wundern!"# - Und ein Wunder sind #diese# Hanseaten tatsächlich: Ärgern sich über die vielen neuen Pop-Up-Radwege auf den Straßen, ärgern sich darüber, dass sie auf der Elbchaussee nun 20 Minuten länger von der Innenstadt bis Blankenese und zurück brauchen, ärgern sich, dass Hamburg Deutschlands Stau-Hauptstadt ist - aber sie werden im Zweifelsfall in 4 Jahren ihre Kreuze auf dem Wahlzettel wieder an genau der gleichen Stelle machen wie bisher ...! -- Weshalb ja auch Wahlergebnisse – aller Hoffnung oder Befürchtung von Politikern zum Trotz – auf das Bundesgebiet nicht den geringsten Einfluss ausüben! ... Staunen wir also und freuen uns über die Unwandelbarkeit dieses Menschenschlags! Nicht umsonst heißt eine geflügelte aufmunternde Redensart hier ja: #"Hol di stief!" ----- 'Lass dich von nichts und niemandem aus der Ruhe bringen!'# 

Fotos:
©WM