Im Biographischen Kabinett der Dauerausstellung FRANKFURT EINST? im Historischen Museum Frankfurt (HMF), Teil 1/2
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ehe wir auf Theodor Wonja Michael (1925-2019) zu sprechen kommen, dessen Biographie als sechstes Kabinettstückchen dient, geht es um die gesellschaftliche und historische Sinnhaftigkeit, mit der einzelne Frankfurter und Frankfurterinnen über Objekte aus ihrem Leben, seien sie privater oder beruflicher Natur, auf ihrem Lebensweg vorgestellt werden, sozusagen als Zeugen ihrer Zeit. Gerade weil Frankfurt den größten jüdischen Bevölkerungsanteil im Deutschen Reich hatte, der von den Nazis fast vollständig verschleppt und umgebracht wurde, beschäftigen sich die ersten Kabinette mit den Menschen, „die beispielhaft für das Leben im Nationalsozialismus, für jüdische Geschichte und für Migration in Frankfurt stehen.“
In diesen Kabinetten geht es um Margot Frank, die Schwester Anne Franks, die mit ihr in Bergen-Belsen kurz vor der deutschen Niederlage starb, um Peter Gingold, den kommunistischen Widerstandskämpfer, um den Frankfurter Jungen Walter Schreiber, den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, die Puppenspielerin Liesel Simon und - neu - um den Schauspieler und Redakteur Theodor Wonja Michael. Ehe wir nun endlich zu ihm kommen, ein kurzer Überblick über die Situation von deutschen Schwarzen von schwarzen Deutschen, heute Afro-Deutschen zum Zeitpunkt der Geburt des Theodor, 1925.
Diese Situationen waren nämlich sehr unterschiedlich, je nach sozialem Stand. Die überwiegend deutschen Kolonialmigranten waren durchaus erfolgreich, weil sie in den Kolonien den Weg für die Deutschen freimachten und hierzulande eine neue Existenz aufbauten durch Heirat und einen Zusammenhalt der aus Afrika Gekommenen, das, was man heute Netzwerke nennt. Spätestens damit war es Schluß, als 1935 die Nürnberger Gesetze diesen Deutschen die deutsche Staatsangehörigkeit entzog und sie staatenlos machten. Aber sie wurden nicht per se auf Grund ihrer Hauptfarbe in die Konzentrationslager verschleppt und dort ermordet. Aber diese Aussage gilt nur im Allgemeinen. Es gab durchaus auch Sterilisationen und KZ-Inhaftierung. Aber die meisten lebten unter Schwierigkeiten ‚normal‘ weiter, hatten aber – noch einmal, je nach sozialer Situation, nach Geld und Besitz, das vorhanden war oder nicht – die größten Schwierigkeiten, den Arbeitsplatz zu behalten oder zu bekommen, eine Wohnung zu finden etc.
Vom Nationalsozialismus her kam der schwarzen Bevölkerung – Deutsche waren sie ja offiziell nicht mehr – eine spezielle volkspädagogische Bedeutung zu. Der Rassenwahn hatte die Welt nicht nur in unterschiedliche Rassen eingeteilt, sondern auch ihre Unterordnung unter den deutschen Herrenmenschen verordnet. Deshalb nutzte man die vorhandene schwarze Bevölkerung kulturpolitisch. Es gab die sogenannten Völkerschauen, wo Schwarze mit Baströckchen etc. die Primitivität afrikanischer Gesellschaften zeigen sollten. Auch der Ausbau von Völkerkundemuseen hatte ja diesen Hintergrund. Und es gab eine Reihe von Filmen, sogenannte Kolonialfilme, wo viele schwarze Schauspieler beschäftigt wurden. Und hier sind wir endlich direkt bei Theodor Wonja Michael!
Fortsetzung folgt
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Info:
Historisches Museum Frankfurt
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