lauraLesereihe: Unerhörte Familiengeschichten aus dem östlichen Europa

Romana Reich

Berlin (Weltexpresso) - In der Familie von Laura Starink war der Krieg kein Gesprächsthema. Doch als Journalistin ist sie es gewohnt, unbequeme Fragen zu stellen. Und mit diesen überrascht sie auch ihre eigenen Verwandten und geht der Familiengeschichte ihrer aus Schlesien stammenden Mutter nach.

Laura Starink, geboren 1954, niederländische Journalistin, hat slawische Sprachen studiert, teilweise in Leningrad. Sie war Moskau-Korrespondentin für die Tageszeitung NRC Handelsblad, auch zur Zeit von Michail Gorbatschows Perestroika. Später arbeitete sie als stellvertretende Chefredakteurin der Zeitung. Sie hat vier Bücher über Russland veröffentlicht (Een land van horen zeggen, 1992, De Russische kater, 2008, De schaduw van de Grote Broer, 2015 und Post uit Rusland, 2020).

2013 erschien ihr Buch über die Familiengeschichte ihrer deutschen Mutter: Duitse wortels. Mijn familie, de oorlog en Silezië (2013), das 2015 mit dem Titel Meine Mutter aus Mikultschütz. Eine deutsche Familiengeschichte auf Deutsch erschienen ist. Die Familiengeschichte ist 2014 in Holland für den Bob den Uyl-Preis nominiert worden. Grundsätzlich überraschte sie auch ihre eigenen Verwandten, wie sie der Familiengeschichte ihrer aus Schlesien stammenden Mutter nachgeht:
»Warum sollte man sich die Mühe machen, die Geschichte einer normalen deutschen Lehrerfamilie am Rande des Dritten Reichs aufzuzeichnen? [...] Zuerst war ich vor allem an der Frage interessiert, wie sich meine Familie in der Nazizeit verhalten hatte. Was hat meine Mutter in der Hitlerjugend und im Arbeitsdienst gemacht? War mein Großvater wirklich dem Regime gegenüber kritisch eingestellt, wie meine Mutter behauptete? Aber je tiefer ich grub, desto deutlicher wurde mir, dass für meine Familie in dieser entlegenen Ecke des Reichs der Krieg eigentlich erst richtig anfing, als sich für Menschen in den Niederlanden bereits der Frieden abzeichnete. [...] Was die Deutschen auf dem Gewissen haben, überschattet alles. Und doch ist Geschichte mehr als Schuld und Sühne. Um zu verstehen, was in jenen Jahren in Schlesien wirklich geschah, will ich wissen, was meine Verwandten erlebt haben. Es ist die Geschichte von normalen Menschen, die nicht stolz auf ihre Vergangenheit sein konnten, aber sehr wohl etwas zu erzählen haben.«

Und diese Geschichte wird zum Thema von Laura Starinks Buchs, das 2013 in den Niederlanden und zwei Jahre später in deutscher Übersetzung im Berliner Weissbooks Verlag erschienen ist.

Ein Projekt des Deutschen Kulturforums östliches Europa in Zusammenarbeit mit dem Literaturforum im Brecht-Haus.

Foto:
© Collage DKF
Autorin
© Jelmer de Haas

Info:
Eine Aufzeichnung der Live-Veranstaltung im Literaturforum im Brecht-Haus Berlin am 23. April 2022.

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