Susanne Sonntag
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Ich persönlich finde diese Diskussionsreihe spannend. Schon deshalb, weil wir heute irgendwie nicht mehr so politisch streiten, wie ich es aus meiner Jugend gewohnt war. Gut, auch damals gab es die Altnazis, mit denen wir nichts zu tun haben wollten und jedes Wort verschwendete Liebemüh war. Denen konnte man nur sagen, daß sie überholt sind. Gottseidank. Heute fällt etwas Ähnliches auf. Entweder ist man sich politisch einig wie in Fragen der Coronaimpfung oder man kann mit solchen wie den Querdenkern einfach nicht streiten. Absurditäten lassen sich nicht diskutieren. Auf der anderen Seite sind auf einmal viel zu viele Leute einer gemeinsamen diffusen Meinung, wo man auch schlecht politisch streiten kann. Gut also, daß die Veranstaltungsreihe „StreitClub“ fortgesetzt wird.
Nicole Deitelhoff, Professorin für Politikwissenschaft an der Goethe-Universität und Sprecherin des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt, lädt gemeinsam mit dem Publizisten und Moderator Michel Friedman
am Montag, 9. Mai, um 19:30 Uhr
im The English Theatre Frankfurt,
zum Streitgespräch ein. Zu Gast sind diesmal der Soziologe Armin Nassehi (links) und der Journalist Roger Köppel (rechts unten). Sie stellen sich einem weiteren aktuellen Streitthema: „Wie viel Identität verträgt die Demokratie?“
Als die 1968er-Generation über Identität sprach, ging es noch um das Abstreifen alter Identitäten, das Experimentieren mit neuen Identitäten und um Rollenerwartungen. Die heutige Diskussion um Identität hat eine andere Ausrichtung: Identität ist zum Schutzwall einerseits und zur Waffe in der politischen Auseinandersetzung andererseits geworden. In der Frage, wer wen repräsentieren kann oder darf und wer wem etwas schuldet, treffen auf den ersten Blick nahezu unvereinbare Ansprüche aufeinander. Verträgt das die Demokratie? Muss sie das sogar ertragen und wenn ja, wie viel davon?
Prof. Dr. Armin Nassehi lehrt Soziologie in München. Aufgewachsen in Tübingen, München, Landshut, Teheran und Gelsenkirchen, studierte von 1979 bis 1985 Erziehungswissenschaften, Philosophie und Soziologie an der Universität Münster sowie an der Fernuniversität in Hagen. Für seine Rolle als Wissenschaftler in der Öffentlichkeit wurde er mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Er ist u.a. Mitglied im Bayerischen Ethikrat. Der Schweizer Roger Köppel (rechts) ist Journalist, Medienunternehmer, Publizist und Politiker. Seit 2001 ist er Chefredaktor und Verleger des Wochenmagazins „Die Weltwoche“, mit einem zweieinhalbjährigen Intermezzo als Chefredakteur der Tageszeitung „Die Welt“. Seit 2015 ist Köppel Mitglied im Schweizer Nationalrat.
Die Veranstaltung ist eine Kooperation zwischen dem Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ), dem Center for Applied European Studies (CAES) und dem English Theatre Frankfurt (ETF). Sie findet im Hybridformat statt. Der Livestream ist auf YouTube abrufbar, den Link finden Sie auf der Homepage des StreitClubs unter https://cutt.ly/streitclub.
Der StreitClub ist ebenso wie die Formate „StreitBus“ (in Kooperation mit dem DemokratieWagen von mehralswählen e.V. und dem Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung) und die Online-Debattenreihe „Kontrovers: Aus dem FGZ“ Teil des Projekts „Frankfurt streitet!“ des Frankfurter FGZ-Standorts. Dabei geht es um die Bedeutung von Streitkultur für die Demokratie.
Fotos:
Plakat
Armin Nassehi©Hans Guenther Kaufmann