Die Lange Nacht der Museen in München
Sabine Zoller
München (Weltexpresso) - . „Seit vielen Jahren ist die Museumsnacht nicht nur Treffpunkt für Münchnerinnen und Münchner“, erklärt Dieter Münchner in seinem Grußwort zur 130 Seiten umfassenden Broschüre zur Langen Nacht der Museen in München. Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München ist davon überzeugt, dass „auch viele Besucherinnen und Besucher aus dem Umland und immer mehr internationale Gäste“ das einzigartige Angebot der langen Nacht der Museen zu einem Ausflug in Bayerns Metropole nutzen.
Doch die Auswahl fällt schwer. Da sind zum einen die großen Museen und Kunstsammlungen wie das Lenbachhaus und die Villa Stuck, oder die Alte Pinakothek und die Sammlung von Udo und Anette Brandhorst für moderne und zeitgenössische Kunst, die in der Nähe der Pinakothek der Moderne einen einzigartigen Kulturgenuss versprechen, oder aber andere, die sich auf lokale und nationale Geschichte fokussieren.
Münchner Stadtmuseum feiert 50 Jahre Olympia und beleuchtet die Großveranstaltung mit Baumodellen und bunten Kostümen, die die Olympioniken und Hostessen trugen mit „München 72“. Das größte kommunale Museum Deutschlands bietet ein breit gefächertes Angebot, bei dem aktuell als ausstellung „Nachts! Clubkultur in München“ auch eine Getränkekarte von Kult-Barkeeper Charles Schumann nicht fehlen darf. Wer in die Geschichte tiefer eintauchen möchte, kann auch die Dauerausstellungen „Typisch München“ und „Nationalsozialismus in München“ besuchen.
„Heidi“ auf Hebräisch
Gleich daneben lockt das Jüdische Museum München mit einer Spurensuche zu einem Kinderbuchklassiker. Mit „Heidi in Israel. Eine Spurensuche“ begibt sich das Jüdische Museum auf eine Zeitreise durch die jahrzehntelange Rezeptionsgeschichte. Die beiden Geschichten „Heidi´s Lehr- und Wanderjahre“ und „Heidi kann brauchen, was es gelernt hat“ stammen aus der Feder der Schweizer Autorin Johanna Spyri (1827-1901) und gehören nach Aussage der Kuratoren „heute weltweit zum kulturellen Gedächtnis“. Nach dem Erscheinen der Bücher 1880 und 1881 wird „Heidi“ mit geschätzt 60 Millionen verkauften Exemplaren in über 70 Sprachen übersetzt und zählt damit zu den bekanntesten Kinderbüchern der Welt. Auch andere Formate wie Theater, Musical, Radio, Kino und Comic greifen die Geschichte auf. In Palästina wird „Heidi“ ins hebräische übersetzt und wenn Spyri selbst den Begriff „Waise in ihrer Geschichte nicht direkt verwendet, taucht in Israel für das Mädchen aus den Bergen die Bezeichnung als „arme“ und „kleine Waise“ immer wieder auf. Als Begründung geben die Kuratoren eine Erklärung: „In der Nachkriegszeit sind Waisenkinder die traurige Realität. In den Jahren 1938 und 1939 konnten tausende Kinder jüdischer Herkunft durch die sogenannten Kindertransporte vor den Nationalsozialisten gerettet und in Palästina in Sicherheit gebracht werden. Die meisten sehen ihre Eltern nie wieder und sind oftmals die einzigen Überlebenden ihrer Familien.“ Mit dem Roman aus Kindertagen konnte also den Geflüchteten ein Stück Heimat vermittelt werden.
Deutsches Museum
Neu und äußerst eindrucksvoll präsentiert sich am Abend auch das Deutsche Museum auf der Museumsinsel. Auf 20.000 Quadratmetern sind in den frisch renovierten Räumen nicht nur die großen Flugzeuge der Nachkriegszeit zu sehen, sondern in der Robotik-Ausstellung auch die frühe Automatenfigur, die die Eintrittskarte und die Titelseite des Programmheftes ziert. Ausblicke ins All und vor allen Dingen eine atemberaubende Sky Lunge laden zum Verweilen ein. Zum Staunen gibt es bereits vor dem Eingang das „Rollende Museum München“, bei dem 100 Oldtimer einzig und allein an diesem Abend Gäste in ihren historischen Autos mitfahren lassen und in einem Autokorso vom Verkehrszentrum zum Deutschen Museum flanieren. In der Innenstadt sind es dann die Nachtwächter, die mit ihren Führungen die Gäste in die Zeit des Mittelalters eintauchen lassen.
Pinakotheken
In Schwabing locken die Pinakotheken und so ist es kein Wunder, daß es vor vielen Häusern bereits am frühen Abend zu langen Warteschlangen kommt. Insbesondere vor der Alten Pinakothek ist ein internationales Stimmengewirr in der langen Besucherschlange zu vernehmen und drinnen werden vor den besonderen Hauptwerken der europäischen Malerei immer wieder die Guides in Anspruch genommen, um Details zu den Bildern, die aus dem 14., 15., 16. Und 17. Jahrhundert stammen in allen Sprachen zu erklären. Besonders attraktiv ist zudem die einmalige Gelegenheit die wichtigsten Werke aus der Neuen Pinakothek zu bestaunen, die derzeit wegen Sanierung geschlossen ist.
Last, but not least ein Fazit: Wer zum Schlendern und Bummeln nach München fährt, kann sich nach Lust und Laune treiben lassen, um Entdeckungen zu machen. Wer allerdings bestimmte Museen oder Ausstellungen im Fokus hat, sollte eine akribische Planung vornehmen, um in der Langen Nacht der Museen auch wirklich alle Objekte live zu bestaunen.
Fotos:
Sabine Zoller