die frankfuter kucheEine Veranstaltung des Museum Angewandte Kunst in Kooperation mit „Architektur im Dialog“ und „kunstkontakt“ fand dazu im Rahmen der Reihe Architektur im Film am Samstag, 13. November statt


Roswitha Cousin

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Margarete Schütte-Lihotzky, österreichische Architektin und während des Zweiten Weltkrieges Widerstandskämpferin, verbrachte wichtige Jahre ihres Lebens in Wien und Frankfurt. Sie entwickelte und entwarf 1926 die Frankfurter Küche, Prototyp der modernen Einbauküche. Ziel ihres Entwurfs war es, Frauen die Hausarbeit zu erleichtern, indem sie ihnen auf minimalem Raum ein Maximum an Ausstattung zur Verfügung stellte. Als reine Arbeitsküche mit kurzen Wegen sollte ihre kluge Raumordnung die Küchenarbeitszeit verkürzen. Neben dieser raum- und zeitökonomischen Komponente hebt sich die Frankfurter Küche durch eine durchdachte ästhetische Gestaltung hervor, die die Architektin Schütte-Lihotzky ganz im Sinne des Neuen Bauens realisierte.

In der Zeit von 1926 bis 1930 stellten verschiedene Tischlereibetriebe im Auftrag des kommunalen Bauprogramms der Stadt etwa 10.000 Küchen in Serienproduktion her, die in die neuerrichteten Siedlungen eingebaut wurden. 1,87 Meter breit und 3,44 Meter lang war in etwa die kleinste Variante der flurähnlichen Standardküche. Schütte-Lihotzky plante die Arbeitsflächen, Einbauschränke und allerhand raffinierte und nützliche Details so ein, dass die künftigen Bewohnerinnen und Beowhner keine weiteren Küchenmöbel hinzufügen mussten. Wohnungsbau und Innenausstattung sind hier auf das Engste verzahnt. Die Küche ist deshalb zum Paradebeispiel des typisierten, standardisierten Bauens geworden. Auch zahlreiche Kritikerinnen und Kritiker haben sich an ihr abgearbeitet: Zu unflexibel für ein individuelles „In-Gebrauch-Nehmen“; zu eng, um neben der Küchenarbeit auch noch die Kinder zu beaufsichtigen; zu isoliert, um am übrigen Familienleben teilzunehmen.

Ungeachtet dieser Praxis-Kritik avancierte die Frankfurter Küche in Fachkreisen der Architektur und Gestaltung zu dem ikonischen Produkt rationalen und funktionalen Bauens. Ab den späten 1970er Jahren ist sie endgültig zur weltweiten Repräsentantin der Frankfurter Moderne und zum Sammlungsobjekt geworden: Sie wanderte ins Museum of Modern Art, New York, sowie ins Victoria und Albert Museum, London; in Frankfurt gibt es sie im Historischen Museum und im Museum Angewandte Kunst. Die Originalküchen waren im Zuge von Privatisierung und Modernisierung der Wohnungen ausgebaut und restauriert worden. Ungeachtet dieser Ehrungen sind zahlreiche Frankfurter Küchen lange Zeit auf dem Sperrmüll gelandet, ihre Einzelteile werden heute auf ebay vermarktet.

„Architektur im Dialog“ und „kunstkontakt“ starteten gemeinsam 2010 die Filmreihe Architektur im Film. Das Spektrum der Filmreihe reicht von Portraits einzelner Protagonistinnen und Protagonisten aus Architektur und Design, über das Wahrnehmen von Architektur hin zu visionären Stadt- und Raumentwürfen. Zum Tag der Küche, der dieses Jahr in Deutschland am Samstag, 12. November, begangen wird, sind die Macherinnen, Petra Schwerdtner und Susanne Petry, zu Gast im Museum Angewandte Kunst. Die Veranstaltung widmet sich der berühmtesten aller Küchen, stellt sie in den Kontext der sozialpolitischen Debatten der Zeit und würdigt Margarete Schütte-Lihotzky – ihre hochverehrte Erfinderin.


Foto:
©mak frankfurt

Info:
Die Veranstaltung zur Frankfurter Küche fand am Samstag, 12. November, von 15.30 bis 18 Uhr im Museum Angewandte Kunst, Schaumainkai 17, statt.