Das Hessische „Gesetz zur Modernisierung medienrechtlicher Vorschriften“
Hannes Karnick
Wiesbaden (WEltexpresso) - Die für Rundfunkpolitik zuständige Hessische Staatskanzlei verkündete zum Jahresende: „Hessen hat das modernste Mediengesetz in der Bundesrepublik Deutschland.“ Das wurde gerade vom Chef der Staatkanzlei Axel Wintermeyer im Branchendienst „medienpolitik.net“ bekräftigt. Fakt ist, dass das Gesetz über den privaten Rundfunk in Hessen (Hessisches Privatrundfunkgesetz - HPRG) am 31.12.2022 auslief und ein neues Gesetz, dass den Privatfunk und die Aufgaben der Landesanstalt für Privaten Rundfunk (jetzt Medienanstalt Hessen) auch angesichts der neuen Medienstaatsverträge regelt, nötig wurde.
So ein Gesetz findet natürlich keine große Aufmerksamkeit bei Medien und Öffentlichkeit. Einige Regelungen sind allerdings für Hessische Filmbranche von großer Bedeutung, weil hier u.a. die Beteiligung des Hessischen Rundfunks an der Filmförderung geregelt wird. Im bisherigen Gesetz war festgelegt, dass der HR „mindestens“ 750.000 EURO aus den ihm über die der Medienanstalt zufließenden Beträge für Filmförderung aufzuwenden habe.
Wie das mit der Aufteilung der Überschussmittel funktioniert, will ich mir hier im Detail ersparen. Nur kurz: Aus den 2% der GEZ-Einnahmen, die die Medienanstalt Hessen für ihre Aufgaben erhält, fließen 1/3 zurück an den hr und sind „zur Ausweitung kultureller Darbietungen im Hörfunk, Fernsehen und in Telemedien, insbesondere von im Lande veranstalteten Festspielen, künstlerischen Wettbewerben, Konzerten, Opern und Schauspielen, für das hr-Sinfonieorchester und (neuerdings) die hr-Bigband und zur Filmförderung in Hessen“ zu verwenden.
Trotz Gebührenerhöhungen hat der hr allerdings nie mehr als seinen Mindestanteil eingebracht und sich über diesen gesetzlich vorgeschriebenen Betrag kaum für Filmförderung engagiert. Doch selbst der bisherige Mindestbetrag von 750.000 EURO für Filmförderung war im Entwurf der Staatskanzlei vom 05.07.2022 nicht mehr enthalten. Mehr Flexibilität für den Sender, so war zu hören.
AG DOK und Filmbranche forderten dagegen, mindestens 10% der Medienanstalt-Mittel direkt und ohne Umweg über den Sender für Filmförderung einzusetzen. Weiterhin wurde die Erweiterung des Aufsichtsgremiums um eine Vertreterin der Filmbranche gefordert.
Die Abgeordneten waren allerdings fast ausschließlich an Fragen rund um die Offenen Kanäle interessiert. Positiv, dass Einigkeit bestand, Medienbildung als Aufgabe der Medienanstalt im Gesetz zu verankern.
Aber wie hieß es bei Max Rabe in seinem Lied “Kein Schwein ruft mich an, keine Sau interessiert sich für mich“? So ähnlich mussten wir uns als Vertreter der Filmbranche in der Landtaganhörung am 15. September 2022 fühlen. Zum Hessischen Rundfunk und zur Entwicklung der Filmbranche wurde keine einzige Frage gestellt.
Letztlich fanden die Anregungen von AG DOK und Filmbranche keinen Eingang in den Gesetzestext. Als Erfolg muss immerhin angesehen werden, dass der gestrichene hr Mindestbetrag für Filmförderung von 750.000 EURO wiederaufgenommen wurde.
Bis auf den überfälligen Akzent der Medienbildung scheint das Gesetz „Gesetz zur Modernisierung medienrechtlicher Vorschriften“ eher eine Anpassung an die rechtlichen Rahmenbedingungen und eine Fortschreibung des „Status quo“ zu sein. Insofern sieht es so aus, dass die medienpolitischen Weichen in Hessen, auch in Richtung des öffentlich-rechtlichen Landessenders, nicht in Richtung „Innovation“, sondern auf „Weiter so“ gestellt sind.
Beim WDR und bei Radio Bremen z.B. sind AG DOK / Branchen Kolleginnen und Kollegen in den Rundfunkräten, warum geht das nicht in Hessen?
Medien-Staatsminister und Chef der Staatskanzlei Wintermeyer konstatiert im erwähnten Interview: „Auch ich bin der Auffassung, dass wir zur Begleitung des Reformprozesses eine kleine, aber feine Expertenkommission brauchen, deren Mitglieder sich durch Unabhängigkeit, Expertise und Reputation auszeichnen.“
Da sind wir gerne mit Ideen und Vorschlägen konstruktiv dabei!
Foto:
©Wiesbaden lebt
Info:
Darmstadt, den 17.01.2023
Pressemeldung der Hessischen Staatskanzlei zum „Gesetz zur Modernisierung medienrechtlicher Vorschriften“
https://staatskanzlei.hessen.de/presse/medienanstalt-weitet-angebot-aus
Interview mit Staatsminister Axel Wintermeyer
https://www.medienpolitik.net/2023/01/wir-sollten-uns-keine-denkverbote-auferlegen/?crmailing=14150532&crcustomer=822&crlink=79294965
Gesetz zur Modernisierung medienrechtlicher Vorschriften
https://starweb.hessen.de/cgi-bin/webhltlinks.pl?form=/webhlt_links.html&typ=gvbl&title=Gesetz%20%20&nb=2022/37
Stellungnahmen von Hannes Karnick und Jakob Zapf
https://starweb.hessen.de/cache/AV/20/HAA/HAA-AV-018-T2.pdf
Hannes Karnick
Filmemacher, Produzent und Lehrbeauftragter. Von 1971 bis 1978 Producer und Redakteur im Team des legendären ZDF-Jugendmagazins "direkt". Zusammen mit Wolfgang Richter gründete er 1972 die Produktionsfirma "docfilm“. Neben vielen gemeinsamen TV Produktionen war er Ko-Autor international preisgekrönter Kinodokumentarfilme wie „Martin Niemöller: Was würde Jesus dazu sagen?“, „Radio Star - die AFN Story” oder “Wenn Ärzte töten – Über Wahn und Ethik in der Medizin“. Von 2015 bis 2018 arbeitete er mit dem „Mainzer Mediendisput Berlin“ von Prof. Dr. Thomas Leif, SWR-Chefreporter (leider 2018 verstorben) und war dort Mitorganisator von Medienveranstaltungen wie “Pseudo-Dokumentationen und seichte Serien - Fernsehen im Erzählnotstand“ und „Süßholz und Star-TV: Verdrängt das Seichte das Dokumentarische?“. Hannes Karnick ist Gründungsvorstand der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG DOK), Gründungsmitglied des Filmbüros Hessen und Mitglied von Netzwerk Recherche. Er ist Mitglied im Regionalteam der AG DOK Region Hessen / Rhein-Main.