P1030520Pressekonferenz zum Programm der Maifestspiele 2023 im Staatstheater Wiesbaden

Eva Mittmann

Wiesbaden (Weltexpresso) - Das Programm der diesjährigen Maifestspiele in Wiesbaden, die vom 30. April bis zum 31. Mai 2023 stattfinden werden, ist mit dem im Titel genannten Motto des Gefangenen-Chors aus der Oper Nabucco allen politischen Gefangenen weltweit gewidmet. Und so wird Intendant Uwe Eric Laufenberg gleich zu Beginn der Pressekonferenz nicht müde, die beinahe endlos scheinende Liste politischer Gefangener weltweit aufzuzählen - beginnend exemplarisch mit der Kölnerin Nahid Tagavi, die im Iran unter menschenunwürdigen Bedingungen in Isolationshaft genommen wurde als auch beispielhaft das Schicksal des Demokratie-Aktivisten Joshua Wong aus Hongkong, dem aufgrund seiner politischen Äußerungen nun eine lebenslange Haftstrafe droht.

P1030521Amnesty International forderte daraufhin die unverzügliche Freilassung der Aktivisten. Leider ohne Erfolg. Zuletzt berichtet Intendant Laufenberg über einen Fall, der – wie er sagt „uns noch mehr beschäftigen sollte, weil er in einem Nato-Land stattfindet. Einem Nato-Land, das Mitgliedschaft in der EU beantragt hat, von dem wir aber wissen, dass es eigentlich keine unabhängigen Gerichte mehr hat und das sehr viele politische Gefangene anhäuft.“Die Rede ist von der Türkei und von dem türkischen Staatsbürger Osman Kavala, einem Unternehmer, Mäzen und Menschenrechts-aktivisten, dessen Festnahme bereits am 18.Oktober 2017 aufgrund seiner regierungskritischen Position erfolgte. Am 25. April 2022 wurde er nunmehr in Istanbul wegen angeblicher Spionage und versuchtem Staatsumsturz zu lebenslanger Haft verurteilt“ und wie Laufenberg weiter ausführt, erkennt Amnesty International Osman Kavala als gewaltlos politischen Gefangenen an.

P1030524Die Internationalen Maifestspiele 2023 eröffnen diesjährig mit einem Doppelabend, „der uns in zwei entgegengesetzte aber dennoch eng zusammenhängende Welten führt“: Die Oper von Leos Janacek „Aus einem Totenhaus“ versetzt uns in ein russisches Straflager, indem die Menschen angesichts des nahen Todes zu leben versuchen. Das zweite Werk Janaceks „Die Sache Makropulos“  hingegen verwickelt das Publikum in eine Art „kafkaesken Prozess“, bei dem die Sängerin „angesichts eines möglichen ewigen Lebens den Tod sucht“. Wir alle sind verurteilt zum Leben wie zum Tode gleichermaßen; manche wissen nicht, warum sie so hart für das Leben büßen müssen. Und manche Protagonisten wissen nicht, weshalb sie den Prozess des Lebens noch bis zum Ende durchschreiten sollten. Es sind Paradoxien, wie sie den Menschen in totalitären Herrschaftssystemen beispielsweise bei Putin, Lukaschenko oder Erdogan begegneten. Aber es gebe Helden, „die es versuchen gegen diese totalitären Staaten etwas auszurichten: Sie leiden; sie setzen sich ein. Lassen Sie uns ihnen eine Stimme geben: Va pensiero!“ So wird der Gedanke der Solidarität für diese Menschen `fliegen‘.
Dennoch - eine Unstimmigkeit gilt es noch zu nennen: Das Staatstheater hält trotz massiver Kritik an an der Einladung für die russische Opernsängerin Anna Netrebko zu den Internationalen Maifestspielen fest. Sie habe einen gültigen Vertrag, der von allen Seiten unterschrieben sei und Frau Netrebko habe sich schließlich nichts zu Schulden kommen lassen. Dazu gibt es sicher geteilte Meinungen.
Das Wort „Freiheit“ ist zur Floskel des Jahres 2022 gewählt worden. Und trotzdem: Wir müssen doch für das, was wir als unsere Freiheit ansehen, kämpfen - uns einsetzen – uns engagieren. Gerade weil 2022 so ein schreckliches Jahr war. Dennoch: Ein Jahr des Krieges gegen die Ukraine. Und deshalb brauchen wir Mut, brauchen wir Zuversicht, das Miteinander. Wir brauchen Musik – wir brauchen Theater! Theater in dem Sinne , dass gesellschaftliche Spannungen hier öffentlich und frei ausagiert werden. Gegensätze müssen und dürfen hier frei aufeinandertreffen. Sie müssen sich aufladen und explodieren, um sich so wieder zu entspannen. Wir brauchen ein offenes Forum der Auseinander-setzung. Theater ist ein Ort der wahren Begegnung:

Lasst uns da treffen: „Va pensiero!“

Fotos:
© Eva Mittmann

Info: 
https://www.staatstheater-wiesbaden.de/internationale-maifestspiele
https://lyricstranslate.com/de/va-pensiero-flieg-gedanke.html