Im Berliner Kino Arsenal silent green Kulturquartier und SİNEMA TRANSTOPIA, vom 8. bis 19. Juni
Romana Reich
Berlin (Weltexpresso) - Vom 8. bis 15. Juni 2023 widmet sich Archival Assembly #2 historischen und gegenwärtigen Krisen, Veränderungen, Umbrüchen und Momentaufnahmen in mehreren Regionen der Welt aus der Sicht der Archive. In Kriegs- und Krisenzeiten sind Archive, und damit das kulturelle Gedächtnis, in besonderer Gefahr. Gleichzeitig werden auf sehr gewaltsame Art neue Bildarchive hervorgebracht, die die Gedächtnisarchive überlagern. Olena Goncharuk, Leiterin des Oleksandr Dovzhenko National Centre, wird am 11. Juni im Arsenal gemeinsam mit Barbara Wurm über die Situation ihres Filmarchivs in Kyiv sprechen.
Festival: 8. bis 15. Juni 2023
Ausstellung: 8. Juni bis 2. Juli 2023
Symposium: 9. & 10. Juni 2023
“If today is the past of the future we can influence the future. And if today is the future of the past we’re already living the future.” (aus KUMBUKA von Petna Ndaliko Katondolo)
Jeder Blick ins Archiv verändert die Gegenwart, und jeder Gegenwartsblick das Archiv: Archival Assembly wirft erneut einen Blick auf internationale Filmarchive als lebendigen Gestaltungsraum für die Zukunft des Kinos.
Bereits zuvor, am 9. und 10. Juni, findet in der Kuppelhalle des silent green in Zusammenarbeit mit dem Masterstudiengang „Filmkultur: Archivierung, Programmierung, Präsentation“ der Goethe-Universität Frankfurt ein Symposium statt. Thema ist der Titel des gleichzeitig erscheinenden Buches: „Accidental Archivism. Shaping Cinema’s Futures with Remnants of the Past“, herausgegeben von Vinzenz Hediger und Stefanie Schulte Strathaus. Das Konzept des „Accidental Archivism“ – der Begriff wurde von dem nigerianischen Filmemacher, Kritiker und Kurator Didi Cheeka geprägt – durchzieht alle Bereiche des Festivals als ein Modell, das die Möglichkeit eröffnet, etablierte und festgefahrene Strukturen durch Begegnungen mit dem durch Krisen, aber auch durch den Alltag geprägten Leben wachzurütteln und nachhaltig zu verändern.
Im Kino Arsenal und im SİNEMA TRANSTOPIA werden Restaurierungen und Restaurierungsprojekte aus der Geschichte des unabhängigen Kinos präsentiert, darunter FRIENDS IN HIGH PLACES von Lindsey Merrison (2001) über den Kult der „Nats” in Burma, die als übernatürliche Wesen und Opfer eines Herrschaftssystems gelten, sowie BADNAM BASTI von Prem Kapoor (1971), der als erster queerer Film Indiens gilt und, verschollen geglaubt, im Archiv des Arsenal gefunden wurde. Zu den neuen Produktionen zählen DEAREST FIONA (2023), ein Werk von Fiona Tan, in dem sie Material aus dem Eye Filmmuseum mit Briefen ihres Vaters in Verbindung bringt, oder XARAASI XANNE – CROSSING VOICES (2022) von Raphaël Grisey and Bouba Touré, der, basierend auf Tourés Privatarchiv, die landwirtschaftliche Genossenschaft Somankidi Coura porträtiert.
Eine Hommage ist dem kongolesischen Filmemacher und Aktivisten Petna Ndaliko Katondolo gewidmet, der angesichts der Strukturen kolonialer Repräsentation in der Filmgeschichte damit begann, hinter diese Bilder zu blicken, um von dort aus seinen eigenen afrofuturistischen Stil zu entwickeln.
In der silent green Betonhalle ist vom 8. Juni bis 2. Juli die Ausstellung „How to know what’s really happening" zu sehen, kuratiert von Maha Maamoun und Ala Younis. Archivarbeit stellt uns vor kriminalistische Fragen: Wie betreten wir einen Raum, wie bewegen wir uns darin, wie wurden Archive aufgebaut oder wieder zerstört, und wie können wir sie rekonstruieren? Die Prozesse sind oft mühsam und können Fakten aufdecken, aber auch Fiktionen schaffen.
Im Rahmen der mit dem Goethe-Institut konzipierten Serie „Found Futures“ stellen Teilnehmer*innen Projekte, Ideen, Kenntnisse oder Fragen bezüglich prekärer Archive und Archivfunde vor und tauschen sich öffentlich aus. „accidental archivists“ bekommen Hinweise zum Aufbau von Archivstrukturen, künstlerische und kuratorische Anregungen sowie praktische Unterstützung.
Das Buch „Accidental Archivism. Shaping Cinema’s Futures with Remnants of the Past“ wird herausgegeben von Stefanie Schulte Strathaus und Vinzenz Hediger. Es erscheint in der Reihe Konfigurationen des Films bei meson press als Kooperation zwischen dem Arsenal – Institut für Film und Videokunst und www.konfigurationen-des-films.de.
Vorgestellt wird in diesem Jahr auch Filmap.org, eine Website, die dazu dienen soll, das im Rahmen von Archival Assembly #1 entstandene Netzwerk zu vergrößern und lebendig zu halten.
Das gesamte Festival mit allen Daten und den kommentierten Programmen finden Sie online: https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmreihe/archival-assembly-2/
Foto:
©Veranstalter
Info:
Archival Assembly #2 wird im Kino Arsenal, dem silent green Kulturquartier und SİNEMA TRANSTOPIA in Zusammenarbeit mit der Goethe-Universität Frankfurt und dem Goethe-Institut veranstaltet. Das Festival wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.
Ein Festivalpass ist an der Kasse erwerbbar.